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Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen

Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen

Titel: Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
Autoren: Ingrid Schilling-Frey
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aber nicht um das gesamte Wissensspektrum eines Aristoteles. Hier geht es um den, ich möchte sogar sagen, wichtigsten Teil: das Glück. Bevor wir uns nun dem Glück eines Aristoteles zuwenden, schauen wir uns einmal an, in welchem Zusammenhang das Glück eine Rolle spielt. Denn schon für Aristoteles ist Glück das Ziel des guten Lebens. Aber was macht ein gutes Leben aus?
    Lebe gut!
    Dieter Halbach befindet sich in seiner Wohnung, in einem der lehmverputzten Häuser des Ökodorfes »Sieben Linden«. Es ist angenehm geheizt, auch wenn sich die Dorfbewohner Sorgen um den Energieverbrauch und den ökologischen Fußabdruck machen. Auf dem Gasherd faucht der Wasserkessel, Dieter Halbach sitzt im Schneidersitz auf seinem Sofa und beschreibt sich selbst als Musiker, Intellektueller und Autor. Er lebe nach dem Motto: »Musiker müssen Musik machen, Künstler malen, Dichter schreiben, wenn sie sich in Frieden mit sich selbst befinden wollen. Was ein Mensch sein kann, muss er sein«, so, nach Halbach, der Psychologe Abraham Maslow 1 . Halbach macht es sich immer gemütlicher auf seinem Sofa, befindet sich jetzt eher in der Horizontalen als in der Vertikalen und verkündet selbstkritisch: »Wir sind keine Insel der Glücksseligen. Auch hier gibt es Probleme mit der Work-Life-Balance . Aber im Dorf können wir selbst die Strukturen ändern.« Er erklärt weiter: »Wir wollen mehr Zeit zum Leben, zum Feiern, zum spontanen Zusammenkommen unter Freunden, zum Hinausfahren in die Welt.« Ja, wer will das nicht?
    In der Nähe des altmärkischen Dörfchens Poppau schließen sich 1997 eine Handvoll Idealisten zusammen, unter ihnen Dieter Halbach, und gründen das Ökodorf »Sieben Linden«. Die Überschrift ihrer Homepage: »Das Leben findet wieder im Dorf statt.« Offensichtlich ist das in den Dörfern, die wir kennen, nicht der Fall. Die Ökodorf-Bewohner träumen von einer sozial-ökologischen Modellsiedlung. Eine Gemeinschaft, die eine Lebensform anstrebt, die Lebensqualität und Nachhaltigkeit miteinander verbindet. Mittlerweile untergliedert sich »Sieben Linden« jedoch in sogenannte Nachbarschaften mit jeweils eigenständigen Konzepten und Lebensentwürfen. Eine der Nachbarschaften nennt sich beispielsweise »Nord- und Südhaus«. Sie besteht aus Familien mit Kindern, die unkompliziert »Nebeneinander-Wohnen« wollen. Hier stellt sich die Frage: Warum nebeneinander und nicht miteinander? Es gibt auch die Nachbarschaft »Brunnenwiese«, die sich ein Haus gebaut hat, das aussieht wie eine Spirale. Zu den wichtigsten Themen zählen hier Spiritualität und Heilung.
    Wenn man sich schon in einem Ökodorf nicht auf eine gemeinsame Lebensform einigen kann, können wir uns vorstellen, dass dies in der heutigen Zeit, global gesehen, eigentlich eine Utopie ist. Aber wie war das damals, in der griechischen Antike? Zuzeiten eines Aristoteles?
    Ganz wie es sich für einen Philosophen gehört, war für Aristoteles die theoretische Lebensform, die Lebensform, die Menschen glückselig macht. Denn nur das Denken und damit die theoria ist beständig und hat ein Leben lang Gültigkeit. Der, der sich ausdauernd um seine philosophische Bildung bemüht, selbst intensiv nachdenkt und sich von der Erwerbsarbeit fernhält, kommt ganz nah ran an ein gutes Leben. Denn es gehört für Aristoteles zur Natur des Menschen, und es ist uns Menschen damit angeboren, dass wir nach Wissen und Weisheit streben. Da zu der Zeit Philosophen meist genug Geld und Sklaven hatten, war das kein Problem.
    Nichtsdestotrotz war Aristoteles der festen Überzeugung, dass ein gutes Leben nur in einer guten Gemeinschaft stattfinden kann. Ausgangspunkt ist immer die Polis , die Gemeinschaft, der es darum geht, Bestehendes zu optimieren. Denn ob das, was Menschen tun, gut oder schlecht ist, wird daran gemessen, ob es für die Gemeinschaft gut oder schlecht ist. Es sind die anderen Menschen, die dem Einzelnen dabei helfen, zu sich selbst zu kommen. Deshalb geht es in der aristotelischen Polis nicht um Moral, Gesetz oder Prinzip, sondern um Sitte, Brauchtum und Gewohnheit. Außerdem kann Bestehendes in einer Gemeinschaft nur dann optimiert werden, wenn die Mitglieder nicht im Denken stehen bleiben, sondern aktiv werden und sich für die Gemeinschaft und damit für sich selbst, einsetzen. Eine gute Sitte, ein guter Brauch, eine gute Gewohnheit. Fertig ist das gute Leben! Die Krönung eines guten Lebens ist die Glückseligkeit.
    Für den antiken Gelehrten spielt die Gemeinschaft also
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