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Anonym - Briefe der Lust

Anonym - Briefe der Lust

Titel: Anonym - Briefe der Lust
Autoren: Megan Hart
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Jeans. Sie saßen tief auf der Hüfte und hatten einen Bootcut. Dazu wollte ich Stiefel tragen, wie es sich gehörte. Ich hatte sogar ein hübsches ärmelloses T-Shirt dazu. Die vielen Stunden im Fitnessstudio begannen sich langsam auszuzahlen. „Was stimmt nicht mit den Sachen, die ich anhabe?“
    Kira öffnete meinen Kleiderschrank und begann, darin herumzuwühlen. „Hast du nichts … Besseres?“
    Wir gehen schon ziemlich lange nicht mehr in die Highschool, wollte ich sagen, doch als ich ihren kurzen Jeansrock und ihre enge, bauchfreie Bluse betrachtete, wurde mir klar, dass ich mir diese Bemerkung schenken konnte. Stattdessen zuckte ich mit den Schultern.
    „Ich weiß, dass du heißere Sachen hast.“ Kira kehrte von meinem Schrank mit einem Armvoll Blusen und Röcke zurück, an die ich mich zwar erinnerte, die ich aber schon ewig nicht getragen hatte. Sie warf die Sachen auf mein Bett, wo sich nun ein Monatseinkommen in Form von Kleidungsstücken türmte.
    Ich griff nach einem seidigen Tanktop in einem hübschen Lavendelton und einem schwarzen Stretchrock. Dann hielt ich mir die Sachen vor den Körper und schaute in meinen Standspiegel. Schließlich warf ich sie wieder aufs Bett.
    „Nein, danke“, sagte ich. „Ich werde das tragen, was ich anhabe. Es ist bequem.“
    Kira schüttelte den Kopf. „Pfui, bäh. Ich bitte dich, Paige!“
    „Pfui?“ Ich betrachtete mich noch einmal im Spiegel. Die Jeans lagen eng und perfekt an meinen Hüften und meinem Hintern an, und das T-Shirt betonte, wie flach mein Bauch bereits geworden war. Ich fand, dass ich verdammt gut aussah. „Was soll pfui bedeuten?“
    „Es ist nur, du weißt schon …“ Kira schlenderte zu mir herüber und schob sich vor mich, sodass nur sie im Spiegel zu sehen war. „Du musst zeigen, was du hast.“
    Ich sah über ihre Schulter. Selbst in meinen hochhackigen Stiefeln war ich noch einen halben Kopf kleiner als sie. Sie hatte ihr von Natur aus rotes Haar wachsen lassen, und es fiel nun weit auf ihren Rücken hinunter. Auch im Sommer wurde sie niemals braun, und deshalb wirkte ihr dunkler Eyeliner schwärzer als schwarz, und der rote Lippenstift, der ohnehin schon schrie: „Nimm mich!“, leuchtete signalfarben.
    Ich schaute wieder in den Spiegel und drehte meinen Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite, um mein Profil zu betrachten. Meine Haare sind blond. Naturblond. Meine Augen sind blau, aber sehr dunkel, fast marineblau. Ich sehe meinem Dad sehr ähnlich, was vielleicht einer der Gründe ist, weshalb er sich nie die Mühe gemacht hat, zu leugnen, dass ich seine Tochter bin.
    „Ich finde, ich sehe gut aus“, teilte ich Kira mit, aber ich konnte selber den leisen, sehnsüchtigen Unterton in meiner Stimme hören.
    Ich gab mein Kleiderbudget für schlichte Markenklamotten aus, die ich am Ende der Saison oder in Discountläden besorgte. Während der vergangenen paar Jahre hatte ich mir auf diese Weise meine Garderobe zusammengekauft. Kleidung für Arbeit und Freizeit, die teuer genug aussah, um als edel durchzugehen. Diese Sachen kombinierte ich mit Schuhen, die ich mir eigentlich nicht leisten konnte. Ich hatte nicht vor, Clarice Starling nachzumachen: Die FBI-Agentin aus „Das Schweigen der Lämmer“ hatte ihre Herkunft dadurch verraten, dass sie eine teure Tasche zusammen mit billigen Schuhen trug.
    Wieder musterte ich mein Spiegelbild und stellte mir vor, wie der Satin auf meiner Haut flüstern würde. Wenn ich keinen BH anzog, würden meine Nippel sich gegen den dünnen Stoff drängen und die Blicke der Männer direkt auf meine Brust lenken. Die Blicke sämtlicher Männer.
    Noch einmal nahm ich das Tanktop in die Hand, hielt es mir vor den Körper und strich es über meinem Bauch glatt. Kira nickte zustimmend, bevor sie den Arm um meine Schultern schlang und mir mit der Hüfte einen Stoß versetzte. „Na los! Du weißt doch selber ganz genau, dass du es willst.“
    Sie hatte recht. Ich wollte ausgehen und mich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken und tanzen und rauchen und meinen Körper an den Leibern von mindestens einem halben Dutzend Männern reiben. Ich wollte einen heißen, harten Körper spüren und in Augen, in die ich noch nie zuvor geschaut hatte, Lust funkeln sehen.
    Und ich wollte mir keine Gedanken darüber machen, ob ich mal wieder die Meinung bestätigte, die irgendjemand von mir hatte.
    Ich zog mir mein Oberteil über den Kopf, zögerte einen Moment und öffnete dann den Häkchenverschluss meines BHs. Das
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