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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod
Autoren: Liza Marklund
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sagte Annika, verzog das Gesicht und aß noch ein Stück Apfelsine.
    »Frontex«, sagte Berit.
    Annika warf den Rest der Frucht zu den Schalen.
    »Genau. Frontex.«
    Thomas und sein toller Job.
    »Ich finde das einfach schrecklich«, sagte Berit. »Die ganze Frontex-Geschichte ist ein unglaublich zynisches Experiment. Ein neuer eiserner Vorhang.«
    Annika loggte sich bei Facebook ein und scrollte durch die Statusmeldungen der Kollegen.
    »Das Ziel ist, den armen Teil der Welt von Europas Überfluss auszuschließen. Und mit einer zentralen Organisation ersparen sich die Regierungen der einzelnen Staaten eine Menge Kritik. Sie werfen Leute aus dem Land und verweisen dann einfach auf Frontex und waschen ihre Hände in Unschuld, ungefähr wie Pontius Pilatus.«
    Annika lächelte sie an.
    »Und in deiner Jugend warst du Mitglied der FNL .«
    Eva-Britt Qvist teilte mit, sie freue sich auf einen Theater­besuch am Abend, Patrik hatte vor dreiundvierzig Minuten eine Fladenbrotrolle gegessen, Bilder-Pelle einen Link zu einer Doku­mentation über das Abendblatt von 1975 gepostet.
    »Frontex’ neuste Erfindung ist, dass die Dritte Welt ihre Gren­zen selbst dichtmacht. Wie praktisch. Wir in der Ersten, alten und freien Welt brauchen uns mit dieser Frage kein bisschen aus­einanderzusetzen. Gaddafi in Libyen hat von unserem EU -Kommissar eine halbe Million bekommen, damit er Flüchtlinge aus Somalia, Eritrea und Sudan in riesigen Konzentrations­lagern unterbringt.«
    »Stimmt«, sagte Annika. »Aus dem Grund ist Thomas in Nairobi. Sie wollen, dass die Kenianer ihre Grenze nach Somalia schließen.«
    Sie packte ihr privates Handy aus und wählte noch einmal Thomas’ Nummer.
    »Hast du kein neues Telefon bekommen?«
    »Doch«, sagte Annika.
    »Hello, you have reached Thomas Samuelsson at the …«
    Sie legte auf und versuchte, sich über ihr Gefühl klarzuwerden. Die Frage war, mit welcher Frau er heute Abend schlief. Der Gedanke löste keine Scham mehr bei ihr aus, lediglich dumpfe Resignation.
    Als die Familie im Sommer nach Schweden zurückgekehrt war, hatte man Thomas eine Stelle im Justizministerium als ­Re­­ferent für Grundsatz- und Rechtsangelegenheiten bei ­Migranten; für Flüchtlings-, Ausländer- und Asylpolitik an­geboten. Kein son­derlich glanzvoller Posten. Thomas war ziemlich sauer gewesen. Er hatte geglaubt, nach den Jahren in Washington etwas Schickeres zu bekommen. Vielleicht hatte er sich mit den Konferenzen getröstet, zu denen er reisen würde.
    Annika schob den Gedanken entschlossen beiseite und rief die für Verbrechen im Bezirk Nacka zuständige Staatsanwaltschaft an. Sie wusste, dass die Telefonzentrale rund um die Uhr besetzt war. Welcher Staatsanwalt in einem Mordfall ermittelte, der sich auf einem Parkplatz in Fisksätra ereignet hatte, konnte die Telefonistin ihr jedoch nicht sagen.
    »Wir arbeiten auch nur am Bildschirm«, sagte die Frau von der Zentrale bedauernd. »Ich müsste Sie zur Verwaltung durchstellen, aber die macht um fünfzehn Uhr Feierabend.«
    Na ja, es war einen Versuch wert gewesen.
    Sie rief auch bei der Staatsanwaltschaft in Norrort und Väster­ort an, doch niemand wusste, wer für den Mord am Badestrand in Arninge und den im Villenviertel in Hässelby zuständig war. (Allerdings wusste jeder, wer die coolen Verbrechen – den spektakulären Werttransportüberfall per Helikopter oder die Drogendelikte berühmter Sportler – untersuchte.)
    »Jetzt hat Frontex sogar angefangen, Flugzeuge zu chartern«, sagte Berit. »Sie sammeln in ganz Europa illegale Immigranten ein und fliegen sie nach Lagos oder Ulan Bator aus. Schweden hat auf diese Art schon x-mal Leute abgeschoben.«
    »Ich glaube, mir reicht es für heute«, sagte Annika.
    Sie fuhr den Computer herunter, packte ihn routiniert zusammen und stopfte ihn in die Laptoptasche, dann zwängte sie sich in ihre Jacke und ging zum Ausgang.
    »Moment, Frau Bengtzon!«, hörte sie aus der Hausmeisterei, als sie schon fast durch die Drehtür war.
    Verdammt, dachte sie. Die Autoschlüssel.
    Sie machte eine Runde mit der Drehtür und kam mit einem angestrengten Lächeln zurück in die Eingangshalle.
    »Tut mir sehr leid«, sagte sie und legte die Schlüssel von TKG 297 auf den Empfangstresen.
    Der Hausmeister, ein neuer Kerl, nahm sie entgegen, ohne zu meckern oder zu fragen, ob sie getankt und das Fahrtenbuch ausgefüllt hatte (was nicht der Fall war).
    »Schyman sucht Sie«, sagte der Neue. »Er sitzt im Konferenz­raum
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