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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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aber sie ist mit ihrem Vater so glücklich, dass sie sicher bald darüber hinwegkommt. Mrs Campbell und die Frau reagierten wie erwartet über das Ganze sehr missmutig und gaben mir die Schuld; aber ich nehme das mit Freuden auf mich.
    »Wir haben ihr ein gutes Heim geboten«, behauptete Mrs Campbell mir gegenüber stolz.
    Ja, wo sie nie ein Wort der Zuneigung zu hören bekam, dachte ich bei mir.
    »Ich glaube, ich werde von nun an immer Betty sein, liebe Miss Shirley«, waren Elizabeths letzte Worte bei der Abreise. »Außer vielleicht, wenn ich Sehnsucht nach Ihnen habe; dann bin ich Lizzie.«
    »Du sollst nie wieder Lizzie sein, egal was passiert!«, sagte ich und umarmte sie.
    Wir warfen uns Kusshände nach, bis sie in der Ferne verschwunden war, und ich hatte Tränen in den Augen, als ich in mein Turmzimmer hinaufstieg. Ich hoffe, Pierce Grayson weiß seine nette Tochter zu schätzen, aber ich glaube schon. »Ich habe mir nicht bewusst gemacht, dass sie ja kein Baby mehr ist«, sagte er, »und ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, in was für einer herzlosen Atmosphäre sie aufwachsen muss. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für alles, was Sie für Elizabeth getan haben.«
    Es fällt mir schwer, Windy Willows zu verlassen. Ich würde natürlich nicht ewig in einem Turm hausen wollen, aber es war schön: die kühlen Morgenstunden am Fenster, mein Bett, das ich jeden Abend erklimmen musste, und meine Freunde, die Winde, die ums Haus fegten. Und ob ich je wieder in einem Zimmer wohnen werde, von dem aus ich die Sonne auf- und untergehen sehe?
    Ach, und meine Tanten erst! Ich habe Wort gehalten, ich habe Tante Kate nichts von Tante Chattys Versteck erzählt, geschweige denn ein Wort über das dreifache Buttermilchgeheimnis verloren.
    Alle sind traurig, dass ich gehe. Rebecca Dew kocht mir schon die ganze Woche meine Lieblingsessen und serviert sie mir auf dem Porzellan »für besondere Anlässe«. Jedes Mal, wenn ich meine Abreise erwähne, laufen Tante Chatty die Augen über. Selbst Dusty Miller wirft mir dann so etwas wie einen vorwurfsvollen Blick zu.
    Letzte Woche bekam ich einen langen Brief von Katherine. Sie hat eine Stelle als Privatsekretärin einer Reiseorganisation angenommen. Eine Reise nach Ägypten wird für sie bald so selbstverständlich sein wie für unsereinen eine Fahrt nach Charlottetown.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr du mir geholfen hast, mein Leben zu verändern«, schreibt sie. Ich glaube, das stimmt tatsächlich. Anfangs war es alles andere als leicht, aber ich nehme Katherine ihr Verhalten längst nicht mehr übel; sie konnte ja selbst nichts dafür.
    Zum Abschied wurde ich überall noch einmal zum Essen eingeladen, sogar von Pauline Gibson. Die alte Mrs Gibson ist vor ein paar Monaten verstorben. Ich war auch noch einmal bei Miss Minerva und ließ einen weiteren Monolog über noch mehr Tragödien über mich ergehen. Sie schenkte mir zum Abschied einen wunderschönen Aquamarinring, den sie mit achtzehn Jahren von ihrem Vater bekommen hatte.
    Gestern Abend streifte ich ein letztes Mal über den alten Friedhof, und heute Abend sage ich dem alten Sturmkönig Lebewohl, und dann, in der Dämmerung, meinem geliebten kleinen Tal.
    Nach all den Prüfungen, den vielen Abschiedsessen und allem anderen, was vor meiner Abreise noch erledigt werden musste, bin ich ein bisschen müde. Auf Green Gables werde ich zuerst einmal eine ganze Woche faulenzen und den Sommer genießen.
    Und dann, wenn die Woche vorüber ist, kommst du - und es gibt nichts, was ich mir mehr wünsche.

Kapitel 15
    Am nächsten Tag, als es Zeit war für Anne, von Windy Willows Abschied zu nehmen, war Rebecca Dew merkwürdigerweise nicht da. Dafür übergab Tante Kate Anne einen Brief von ihr:
     
    Liebe Miss Shirley,
    ich schreibe Ihnen diese Zeilen, um Ihnen Lebewohl zu sagen; ich bringe es selbst nicht übers Herz. Drei Jahre lang haben Sie nun mit uns unter einem Dach gewohnt. Mit Ihrer Fröhlichkeit und mit Ihrer natürlichen Frische haben Sie sich nie von der Flatterhaftigkeit und dem Wankelmut so vieler anderer Leute anstecken lassen. Sie waren immer freundlich und feinfühlend zu den Menschen, ganz besonders zu der Schreiberin dieser Zeilen. Sie haben immer große Rücksicht genommen auf meine Gefühle und ich bin sehr traurig, dass Sie uns verlassen.
    Alle, die das Vergnügen hatten, Sie zu kennen, werden Sie sehr vermissen, und ich werde Sie immer im Herzen behalten. Ich wünsche Ihnen alles Glück und
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