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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe
Autoren: Horst Eckert
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sie waren. Er prostete den Gespenstern der letzten Tage zu, bis er in einen bleiernen Schlaf fiel.
     
     
    72.
     
    Er erwachte von einem großen Druck auf seine Blase. Es war völlig dunkel. Kein Lichtschalter in Reichweite. Thann stand auf und torkelte gegen einen Schrank. Nur allmählich kam seine Erinnerung zurück. Das Wohnzimmer seiner Mutter. Er suchte die Tür. Ein Möbelstück schlug gegen sein Schienbein. Der Druck in seiner Blase wurde unerträglich.
    Gerade rechtzeitig fand er zur Toilette. In seinem Kopf dröhnte der Pulsschlag wie eine tonnenschwere Bronzeglocke. Der Geschmack in seinem Mund war scheußlich. Alkohol. Zu viele Cocktails. Inzest. Ihr seid Geschwister. Der Traum war vorbei. Es war zu schön gewesen, um wahr zu sein. In Wahrheit gab es keine Liebe. Nur das sinnlose Suchen nach ihr. Es war besser, diese Suche aufzugeben. Ein für allemal.
    Über das Waschbecken gebeugt trank er kaltes Wasser. Es war zu kalt. Sein Magen rebellierte. Thann unterdrückte den Brechreiz. Der allmorgendliche Kater. Diesmal noch etwas schlimmer als sonst.
    Er räumte die Flaschen auf und packte seine Sachen. Er hatte noch immer Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten. Sein Bronzekopf hörte nicht auf zu dröhnen. Er nahm zwei Schmerztabletten mit etwas Wasser.
    Jetzt begann auch noch das Magenstechen.
     
    Die Uhr am Armaturenbrett zeigte kurz vor sieben, als Thann das Dorf verließ. Eva und seine Mutter schliefen noch. Schwester und Adoptivmutter. Sein Kopf war voller Gedanken an die Ereignisse der letzten Tage und Stunden. Bewahren Sie kühlen Verstand. Ein Gewirr von Erinnerungsfetzen und Schlussfolgerungen, die sich ständig verflüchtigten, bevor er sie fassen konnte. Gleich darauf tauchten sie in neuer Kombination wieder auf. Dem fließt der Ehrgeiz aus den Ohren. Sein Gehirn war wie gelähmt. Aber drauf hat er nichts.
    Jede Menge Restalkohol. Er konnte sich nicht konzentrieren. Nicht auf das, was war, und nicht auf das, was vor ihm lag.
    Er fuhr langsam. Als er endlich die Stadt erreichte, war es Tag geworden, und sein Kopf war etwas klarer. Die Schmerzen waren geblieben. Der einsame Kämpfer meldete sich zurück. Allein gegen Polizei, Verbrechen und Politik. Sinnlos und stur.
     
    Seit Tagen hatte Thann den Briefkasten nicht mehr geleert. Werbeprospekte flogen ihm entgegen, die er gleich in den Papierkorb steckte, der neben den Briefkästen stand. Corinna hatte eine Karte geschrieben. Weihnachtsgrüße an ihren Kater Carlo. Sie schien sich von Holger getrennt zu haben. Von ihrer Schwangerschaft kein Wort.
    Seine Wohnung versetzte Thann in einen erneuten Schock. Es war kalt. Von seinen bisherigen Aufräumarbeiten war wenig zu erkennen. Die Drohung seiner Feinde stand noch immer sichtbar an der Wand, der weiße Farbschleier hatte sie kaum weniger furchtbar gemacht. Er schob eine Kommode gegen die Tür, legte sich ins Bett und schlief rasch ein. Die Pistole, die er von Marlies Kurz bekommen hatte, lag neben dem Kopfkissen.
     
    Das Telefon schrillte. Thanns Kopfschmerzen waren sofort wieder da. Er zitterte am ganzen Körper. Tommaso meldete sich.
    »Sag mal, Karl, hast du Weihnachtsurlaub oder Dienst heute?«
    Montag. Heiligabend.
    »Scheiße, wie spät ist es?«
    »Mittag, zwölf vorbei. Wenn ich mit dir rechnen darf, dann schieb bitte deinen Arsch ins Präsidium. Ich brauche jeden Mann. Vielleicht schnappen wir Schneider und Dalla!«
    »Wie geht es Miller?«
    »Besser. Man kann mit ihm schon sprechen.«
     
     
    73.
     
    Tommaso zeigte ihm den BLITZ am Sonntag, die Zeitung von gestern. Seite vier. Thann erkannte Schneider und Dalla.
    »Ich hab's an die Zeitung gegeben. Ich weiß, es wirft kein gutes Licht auf uns. Aber wir müssen die Schweine kriegen.«
    Thann las den Artikel, den sie zu den Fotos geschrieben hatten. Er war wirklich nicht schmeichelhaft für die Polizei.
     
    DIE SCHLÄGER DER PORNO-POLIZEI
    AMOK-KOMMISSARE UNTERWEGS!
    Bodo Schneider, 37, und Ulf Dalla, 36, Kriminaloberkommissare. Seit Donnerstag laufen sie Amok, haben einen Kollegen lebensgefährlich verletzt, auf einen zweiten einen Mordanschlag verübt. Die Polizei ist ratlos, bittet dringend um Hinweise. Die Schläger der Porno-Polizei sind auf der Flucht. Als ihre Kontakte zur Unterwelt aufflogen, drehten sie durch. Wo halten sie sich auf? Vorsicht! Sie sind bewaffnet und schrecken vor keiner Gewalttat zurück.
     
    »Seit gestern klingelt hier das Telefon, und ich bin völlig allein. Reaktionen auf den Artikel. Gut, dass du
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