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Anna und Anna (German Edition)

Anna und Anna (German Edition)

Titel: Anna und Anna (German Edition)
Autoren: Charlotte Inden
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passiert mir schon mit der Trittleiter«, hat sie gesagt. »Ich hätte daran denken können.«
    Du nicht, denn du hast das ja nicht gewusst. Also schreibe ich dir jetzt wieder.
    Wenn in Amsterdam die Straßen aus Wasser sind, habt ihr dann da Piraten?
     
    Anna
     

     
    Liebe Anna,
     
    das mit deiner Oma tut mir leid.
    Ich habe es ihr selbst geschrieben. Der Brief steckt mit im Umschlag. Könntest du ihn ihr geben?
    Bis jetzt habe ich hier noch keine Piraten gesehen, aber ich kann die Augen ja mal offen halten. Wenn ich welche finde, kommst du dann vorbei?
     
    Jan
     

     
    Anna möchte gerne ihren Jan besuchen.
    Ich kann das gut verstehen. Mir gefällt er auch und dabei habe ich ihn noch nie im Leben gesehen.
    Heute kam ein Paket von ihm an. Ohne Worte. Aber mit einem Flaschenschiff darin, das an seinem winzigen Mast eine winzige Piratenflagge gehisst hat. Ein Bündel Möwenfedern lag dabei.
    Anna behauptet, sie riechen nach Meer.
    Ich finde, sie riechen verdächtig nach junger Liebe, aber das habe ich Anna nicht gesagt.
     

     
    Mein liebes linkes Bein,
     
    erinnerst du dich daran, dass wir nie, nein, niemals einem Kerl nachgelaufen sind? Ich erinnere mich gut. Und ich frage mich, ob ich dich dafür verantwortlich machen muss, dass ich jetzt kurz davor bin, es zum ersten Mal in meinem Leben zu tun. Auf nur einem Bein.
     

     
    Mehrmals die Woche fällt Bella ein, dass sie jetzt auf der Stelle unbedingt Milch, Brot, Eier oder Toilettenpapier braucht.
    Jedes Mal sagt Anna dann: »Komm, Oma.«
    Jedes Mal beschwere ich mich. Und jedes Mal freue ich mich im Stillen.
    Gestern roch die Luft schon nach Winter. Der Wind war kalt, die Sonne blass und die Bäume waren leer geweht. Ich fand es herrlich.
    Anna wandte sich nach rechts, wie immer.
    »Wollen wir nicht mal da lang gehen?« Ich zeigte entdeckungslustig zum anderen Ende der Straße.
    Anna zögerte. Ich wartete.
    »Okay«, sagte sie und setzte sich und das karierte Wägelchen in Bewegung. Langsam. Ungewöhnlich langsam. Verdächtig langsam.
    Als wir an einem Backsteinhaus wie unserem vorbeikamen, blieb sie stehen.
    »Hm«, sagte ich plötzlich begreifend. »Da wohnte er also.«
    Anna schaute sich nur die Augen aus.
    In der Einfahrt stand kein Wagen. Die Fenster waren dunkel. Aber oben im Giebel klebten bunte Wimpel an der Scheibe. Und im Ahorn hing ein schwarzer Gummireifen und schwang sachte im Wind.
    »Es sieht fast so aus, als käme Jan gleich wieder«, sagte Anna leise.
    »Oder als wünschte es sich sein Vater zumindest sehr«, sagte ich.
     

     
    Anna,
     
    die Grachten sind zugefroren! Wie soll denn da jetzt noch ein Piratenschiff durchkommen? Sag mal?
    Gibt dir doch einen Ruck.
    Und komme einfach trotzdem.
     
    Jan
     

     
    Ich habe einen Lagerkoller.
    Draußen herrscht tiefster Winter und ich kann nicht vor die Tür. Die Gehsteige sind glatt vor Schnee und Eis. Wie gemacht für alte Leute, um auszurutschen und sich die Hüfte zu brechen oder das eine Bein, das noch intakt ist.
    In Amsterdam soll auch alles weiß sein, hat Jan geschrieben. Er geht mit seinen Freunden Schlittschuh laufen auf den Grachten.
    Stell dir das vor! Wie gern würde ich das sehen! Ach was, das ist gelogen. Wie gern würde ich das auch tun!
    Aber nein, ich kann nur hier sitzen und mich selbst bemitleiden. Und nicht mal das kann ich in Ruhe, denn draußen im Garten randalieren meine Enkel mit, wie es sich anhört, zwanzig ihrer engsten Freunde. Das heißt, eben habe ich sie noch randalieren hören, jetzt ist es plötzlich ganz still geworden …
     
    Entschuldige, ich musste schnell mal einen Schneemann bauen.
    Was, du glaubst nicht, dass ich das kann? Ha, ich habe eine Tochter, die mir Stiefel mit Profilsohlen kauft, jawohl, für beide Füße, den echten und den unechten, und ich habe einen Schwiegersohn, der mir mit starken Armen Halt geben kann. Und jetzt ist unser Schneemann der schönste der Straße! Er hat eine Augenklappe (von Anna), statt einem Hut auf dem Kopf eine Stoffrose hinter einem Schneeohr (von Marie-Luise), statt einem Besen einen Eishockeyschläger im Arm (von Benni), einen falschen Fuchspelz um den Hals (von Ben) und einen lächelnden Mund samt Spitzbärtchen aus Schottersteinchen (von meiner Bella).
    Und er hat zwei Beine.
    Rate, wem er die zu verdanken hat.
     

     
    Wir sind wieder an Jans Haus vorbeigegangen. Dieses Mal stand ein Wagen in der Einfahrt. Und dieses Mal kam Jans Vater heraus. Er sah Anna sofort. Und Anna sah ihn sofort. Beide erstarrten mitten
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