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Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Titel: Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Autoren: Markus Mayer
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gerade wie sonst auch immer in einen schier unstillbaren Weltschmerz versinken. Sein Blick wanderte zu den heiligen Muschelhälften. Sie lagen auf dem Tisch vor ihm. Etwas linkisch wollte er danach greifen, um sich wieder ihrem süßen Klang hinzugeben, da entglitten sie ihm und fielen vom Tisch.
    Hektisch bückte er sich aus dem Sitzen unter den Tisch und wollte sie aufheben, als er sich den Kopf an der Schublade des Tisches stieß. Der Schmerz stach bis ins Rückgrat. Theodus hielt sich die Stirn und fluchte. Da fielen ihm die vielen Pergamente auf dem Boden auf.
    Sie lagen verstreut und ungeordnet überall herum. Es waren Teile einer alten Geschichte über einen Zauberlehrling. Die Gleichnisse verhalfen seinen Schülern oft zu tieferem Verständnis der Magie. Er selbst hatte schon an ihnen gelernt, magische Mysterien zu ergründen.
    Irgendwie blieb sein Blick an zwei Bögen hängen. Auf dem Einen stand der Anfang, das erste Gleichnis. Der Zweite wurde durch seinen Fuß fast ganz verdeckt. Langsam drehte er diesen zur Seite. Auf dem zweiten Bogen stand das letzte Gleichnis des Lehrlings, das Ende.
    Anfang und Ende. Anfang und Ende. Er saß sonderbar verdreht mit dem Kopf unter dem Tisch, hielt sich die Stirn und starrte auf zwei Pergamentbögen. Anfang und Ende. Plötzlich schoss ihm ein altes Sprichwort durch den Kopf. Sein eigener Lehrmeister hatte es oft zitiert.
    ‚Wenn dir das Ende eines Rätsels nichts verrät, schau auf seinen Anfang.’
    Wie hatte alles begonnen? Es waren damals gerade mal zwei Wochen, die sein Leben verändert hatten, ihrer aller Leben.
    Er richtete sich umständlich auf dem Stuhl auf. Brakenburg war schon immer eine fortschrittliche Stadt gewesen. Die Rechtsprechung war weit über die Grenzen des Landes bekannt. Jeder Gerichtsprozess wurde dokumentiert und archiviert. Die Aufzeichnungen über den damaligen Prozess müssten also noch vorhanden sein. Wo wurden sie gelagert? Im Westflügel hinter der Bibliothek.

Totenklage
    (Birgenheim im Winter)
    Die äußere Tür musste die Fremde lautlos geöffnet haben. Helmin und Moakin staunten, erschraken aber nicht. Die fremde Person war in hellem Grün gekleidet und brachte ein Gefühl von Zutrauen und Wärme mit in den Raum, das die alte Kräuterfrau aufatmen ließ. Langsam warf die Gestalt die Kapuze des weiten, hellgrünen Mantels nach hinten. Zum Vorschein kam eine wunderschöne Frau, die wohl so um die Vierzig sein mochte. Sie hatte langes, kräftiges Haar, das zu einem Zopf geflochten war und von einem silbernen Band zusammengehalten wurde. Ihre hohe Stirn wirkte durch einen schlichten Metallreif noch höher. Da stand sie, direkt neben den beiden, und sang, als wäre nichts natürlicher auf der Welt.
    Sie warf einen kurzen Blick zu der Kräuterfrau, aber ob es ein Lächeln war, hätte Helmin nicht zu deuten gewagt. Vorsichtig fiel auch sie wieder in den Gesang der Fremden mit ein. Diesmal sonderbarerweise viel kräftiger und befreiter, weinen musste sie immer noch. Dies verstärkte sich noch, als Moakin hinter ihr zu singen begann. Sie kannte seine glockenreine Stimme, aber er sang so selten.
    Die Melodie war traurig und schicksalsergeben aber auch zuversichtlich. Die drei Stimmen stiegen auf und trugen sie scheinbar losgelöst von Raum und Zeit in die unzähligen endlosen Sphären zwischen Himmel und Erde, zwischen Tag und Nacht, zwischen Leben und Tod.
    Helmin schien es beinahe so, als ob nicht ihre Stimmen der Melodie sondern die Melodie ihren Stimmen Kraft und Richtung verlieh. Sie hatte mit dem einzigen ihr bekannten und hier üblichen Klagelied begonnen. Doch mittlerweile hatte sich das Lied völlig gewandelt. Helmin kannte es nicht und hätte nicht sagen können, wann oder wie es sich geändert hatte. Wenn sie genau hinhörte, meinte sie ihr altes Klagelied zu erkennen, doch dann war es wieder weg. Ihr war unverständlich, wie das sein konnte. Sie sang das Lied in einer Reinheit und Stärke, die ihr wie das Lied selbst völlig unerklärlich war. Und sie war glücklich.
    Die Kräuterfrau hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren, als ihr auffiel, dass eine der Kerzen knisternd verlosch, weil sie herunter gebrannt war. Diese Kerze hatte sie heute Morgen erst erneuert. Tag musste bereits weit vorangeschritten sein. Plötzlich änderte sich das Lied.
    Erst wusste sie nicht, was genau sich geändert hatte. War es die Melodie oder die Tonlage? Als sich in dem kleinen Zimmer ein erdiger aber nicht unangenehmer Geruch von frischem
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