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Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Titel: Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Autoren: Markus Mayer
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hab es wieder gesehen.« Diesmal stotterte er nicht.
    »Was?« Abwesend suchte sie ein bestimmtes Gewürz unter den vielen Bündeln, die neben der Feuerstelle hingen.
     »Das R ... Riesenpferd. Ich hab es wieder ges ... sehen ... beim Weiher.«
    Moakin rieb seine nackten Füße, die zwar schon wieder Schmerzen empfinden konnten, aber immer noch eiskalt waren.
    Die Kräuterfrau schaute ihn ernst an. »Bist du sicher? Es war ein Pferd?« Sie wandte sich wieder der Suppe zu. »War es vielleicht ein Elch?«
     »M ... Mama! Ich w ... weiß doch, wie ein Elch a ... a ... aussieht! Es hatte k ... kein Geweih und war g ... g ... größer als ein Elch.«
     »Zu dieser Zeit des Jahres werfen die Elche ihre Geweihe ab. Bist du dir sicher?«
     »B ... Beol ha ... ha...at es auch ges...sehen. Er sagt, es ... es ... es sei ein Schlachtross.«
     »Beol?«, sie machte eine Pause und runzelte die Stirn, »Der hat dich auf den Arm genommen.« Sie schnitt ein paar runzelige Karotten in die Suppe. »Hast du ihm zuerst davon erzählt?«
    Moakin schob seine Unterlippe vor. »J ... Ja, ... aber ich k ... k ... kenne ihn. Diesmal war er e ... e ... ehrlich. M ... Mama, so glaub mir d ... doch.« Der Junge wurde lauter. »Es hatte ein Stockmaß von m ... mindestens s ... s ... sieben Ellen ... n! Mama, du hä ... hättest es s ... sehen sollen.«
    »Beruhig dich, Junge. Sonst bekommst du wieder keinen Satz heraus. Das größte Pferd, das ich kenne, gehört Mattern. Der wohnt zwei Tage von hier in Bergenbach. Vielleicht ist es ihm durchgegangen.« Sie schälte ein paar Zwiebeln. »Aber sieben Ellen, Junge, da wäre es ja so schwer wie fünfzig Mehlsäcke ... und wie viel es fressen würde. Nee ...»
    »Ich h ... hab es gesehen ... n, ein R ... Riesenpferd, und es war sch ... schwarz ...«, Moakin stand auf, fuchtelte mit den Armen in der Luft herum und wurde immer lauter, »... ga ... ganz schwarz und es hatte eine Blässe wie eine Sichel auf der Stirn! Und es hat mir direkt in die Augen geschaut!«
    Ein Stöhnen aus dem Hinterzimmer unterbrach den Jungen. Helmin legte das Messer zur Seite, stand auf und wischte sich die Hände an der Schürze ab. »Schneid’ noch etwas von dem Schinken rein, aber nicht zu viel. Sie ist bald fertig. Ich muss nach ihm sehen.«
    Er wusste nicht, ob er wütend sein sollte, weil sie ihre Unterhaltung so plötzlich unterbrochen hatte oder eher dankbar, dass die Suppe schon fast fertig war. Moakin spürte eine große Leere in seinem Magen und entschied sich für Letzteres.
    ***
    Helmin betrat hastig das Zimmer. Eigentlich gab es keinen Grund, sich zu beeilen. Es war nur eine Frage der Zeit, wann der Halbe von ihnen gehen würde. Sein Zustand hatte sich in den letzten Tagen schnell verschlechtert und das Wetter in Verbindung mit dieser zugigen Hütte machte eine Heilung unmöglich. Er hatte hohes Fieber und Schüttelfrost. Immer wieder fing er an zu fantasieren. In den zwanzig Jahren, die sie ihn nun schon kannte, hatte er nie mehr als drei Worte auf einmal verloren. Und nun hätte er mit seinem fiebrigen Gefasel wohl ganze Hofgesellschaften Abende lange unterhalten können. Das heißt, wenn es überhaupt zusammenhängende Geschichten waren, denn sie verstand kein einziges Wort.
    Es war sonderbar. Sie hatte schon oft bei Fieberkranken gesessen und viele davon hatten fantasiert. Meist hatte es sich um ein Erlebnis oder ein Problem gehandelt, das durch Albträume verzerrt wurde. Aber dieses Mal hatte sie, obwohl sie kein Wort verstand, das untrügliche Gefühl, dass es sich um ganze Erinnerungen des Kranken handeln musste, die dieser recht normal betont mit flatternden Augenlidern erzählte. Allerdings mussten es Albträume sein, denn immer wieder verfiel die relativ normale Erzählstimme in Panik und es fiel ein Wort. Gorboir oder Gordobir. Manchmal war auch direkt danach ein Zweites zu hören. So etwas wie Garesch oder Gebesch.
    Letzte Nacht hatte sie beinahe den Priester gerufen. Sie musste kurz eingenickt sein und wurde von dem Schreien des Halben geweckt. Er hatte das Wort wieder gerufen, nur dieses Mal verrenkte sich sein ausgemergelter Körper in den Laken auf beinahe unnatürliche Weise. Er krampfte so stark, dass sie Angst um seine Zunge gehabt hatte. Auf einen Schlag war er aufrecht im Bett gesessen, hatte mit klarem Blick in die Ferne geschaut, als ob er durch die Wand sehen könnte, und auf etwas gedeutet. Er hatte kräftig und beinahe riesig gewirkt und dann zu sprechen begonnen. Ihr war es kalt den
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