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Ankunft Der Woelfe

Ankunft Der Woelfe

Titel: Ankunft Der Woelfe
Autoren: Mo , Sue Twin
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tauchte Pinyons und Felsen in bizarre Schatten. Yas hatte ihr Ziel erreicht. Gänsehaut zog sich über ihren Rücken. Sie beugte sich tiefer, suchte den Höhleneingang und kroch durch den engen Zugang.
    Trotz der lähmenden Kälte nahm sie die Fransendecke von ihren Schultern und befestigte sie an einem spitzen Stein über dem Eingang. Dann erst schaltete sie die mitgeführte Taschenlampe ein und blickte sich ängstlich um.
    Feiner Staub rieselte von den Wänden und bildete im schmalen Lichtkegel eine Fahne aus tanzenden Sprenkeln. Ockerfarbener Sand und Geröll bedeckten den Boden. Die Höhle war eng, bot höchstens für zwei Menschen Platz. Der größte Teil der Decke war eingestürzt, der Rest neigte sich so tief, dass Yas sich nicht einmal aufrichten konnte.
    In ihrem Leib brannten inzwischen die Schmerzen so scharf und schneidend wie das Feuer von vergifteten Pfeilen. Mit äußerster Kraftanstrengung kauerte sie sich auf den Boden, legte die Taschenlampe neben sich, schob Geröll fort und schabte mit einem flachen Stein eine Mulde in den harten Ocker. Halb ohnmächtig vor Angst knotete sie das Nachthemd über ihrem Bauch zusammen, hockte sich über die Kuhle und begann zu pressen. Dabei wiegte sie ihren Körper hin und her und weinte. Ein letztes, tiefes Reißen zog sich durch ihr Inneres, und das winzige Kind rutschte mit einem Schwall Blut heraus.
    Yas blickte unter sich und sprang schreiend auf. Ihr Kopf stieß gegen die Decke. Geröll rieselte herab. Zitternd lehnte sie sich gegen die Wand und sackte in die Knie. Während noch immer Tränen über ihr Gesicht rannen, blickte sie ungläubig auf das nasse, blutige Fellbündel zu ihren Füßen. Im schwachen Lichtschein der Taschenlampe wirkte das Frischgeborene, als würde es sich bewegen. Schon glaubte Yas, ein Fiepen zu hören, doch es war nur das Summen in ihren Ohren, das die Ohnmacht ankündete.
    Als sie endlich wieder zu sich kam, war es totenstill in der Höhle. Die Schatten an den Wänden flackerten, als wären sie lebendig, und schienen nach ihr zu greifen. Voller Panik tastete sie nach einem Stein und ließ ihn wieder fallen. Niemand könnte gegen böse Geister ankämpfen. Auch sie nicht.
    Im Flüsterton murmelte sie eine Beschwörung und sang die Verse, die sie schon als Kind gelernt hatte, um eine Seele ins Jenseits zu begleiten. Was auch immer in den glücklichen oder ewigen Jagdgründen auf das verlorene Wesen wartete, mochte es dort in einer heilen Welt wandeln, begleitet von einer Unzahl von Jagdtieren. Glücklich und in Frieden. Das hoffte Yas aus vollem Herzen.
    Nachdem sie zu Ende gesungen hatte, kauerte sie sich erneut vor die Mulde, schob Sand über das namenlose Geschöpf und errichtete einen Hügel aus Steinen und Geröll über dem frischen Grab.
    Die weiße Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht. Sie achtete nicht darauf und wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn. Dann löste sie den Knoten in ihrem Nachthemd und zerrte den dünnen Stoff über ihren zitternden Körper. Als Letztes löschte sie die Taschenlampe und riss die Webdecke vom Eingang. Mit vor Schmerzen und Kälte steifen Gliedern zwängte sie sich aus der Höhle und hüllte sich in die kratzige Wolle.
    Das Heulen der Wölfe und Coyoten in den Canyons klang jetzt ganz nah. Eine schwarze Wolke schob sich vor den tief stehenden Mond und verdunkelte den Weg. Felsen und Büsche schienen plötzlich lebendig zu sein. Yas taumelte zitternd weiter.
    Sie musste vor Morgengrauen zurück im Camp sein. Hoffentlich hatte niemand ihr Verschwinden bemerkt. Und hoffentlich war der ewig lamentierende und unheimliche Yago noch nicht auf den Beinen. Ausgerechnet der Schamane hatte mal wieder recht gehabt. Die Medizin der Weißen taugt nichts , hatte er gesagt. Sie schaffen Monster. Menschen mit Fell und Krallen …

2
    Morgens
    Mesa Verde, die Grüne Tafel , lag weich gezeichnet im Licht der aufgehenden Sonne. Alexander Cube stand am Rande des Naturparks und sog den Geruch der Nadelhölzer ein. Kolkraben flogen unter Krächzen auf die Felsspitzen, um Ausschau nach Mäusen und überfahrenen Klapperschlangen zu halten. Er blickte ihnen hinterher und genoss die wärmende Sonne im Gesicht.
    In der Ferne senkte eine Gruppe Maultierhirsche die Köpfe und begann zu äsen. Plötzlich donnerte der Knall mächtiger Hörner hinab ins Tal. Zwei Dickhornschafe standen auf einem Felsvorsprung und versuchten, sich gegenseitig in die Tiefe zu stoßen. Die Widder schlugen die Hörner gegeneinander, bis einer
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