Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris
Autoren: A Golon
Vom Netzwerk:
Dickschädel.«
    Und sie strich ihm über die Stirn.
    Solche zärtlichen Gesten, die Angélique üblicherweise nur sparsam verschenkte, brachten den Gauner aus der Fassung. Er zog sie auf seine Knie.
    »Das verblüfft dich, was? Das hättest du wohl von einem Bauernlümmel wie mir nicht erwartet? Aber ein Bauernlümmel bin ich nie gewesen, wollte es nie sein …«
    Verächtlich spie er auf den gefliesten Boden.
     
    Sie saßen vor dem Kamin im großen Saal am Fuß der Tour de Nesle.
    Angélique lehnte sich an Calembredaines harte Schenkel. An seinem athletischen Körper befand sich nicht eine Unze Fett. Aus dem Knaben von einst, der wie ein Eichhörnchen auf die Bäume kletterte, war ein wahrer Herkules geworden, der nur aus gewaltigen, festen Muskeln bestand. Seine breiten Schultern verrieten noch seine primitive, bäuerliche Herkunft, aber er hatte sich wahrlich den Schlamm von den Stiefeln geschüttelt. Jetzt war er ein Wolf der Städte, gewandt und lautlos.
    Wenn er Angélique in die Arme schloss, hatte sie das Gefühl, in einem eisernen Ring gefangen zu sein, den keine Macht der Welt sprengen konnte. Je nachdem, wie sie gelaunt war, widersetzte sie sich, oder sie schmiegte mit einer katzenhaften Bewegung die Wange an Nicolas’ raue Bartstoppeln. Es gefiel ihr, wie seine Raubtieraugen dann hingerissen
aufleuchteten, und sie genoss es, ihre Macht zu spüren. Ihr gegenüber zeigte sich Nicolas immer ohne seine Verkleidung, und wenn er ihr in diesem Dialekt, der ihrer beider Muttersprache war, die Worte zuflüsterte, die man den Schäferinnen auf dem Heuboden sagte, dann versank ihre bedrückende Umgebung. Das war wie eine Droge, Balsam auf ihre furchtbaren Wunden.
    Dieser Mann war so stolz darauf, sie zu besitzen, dass es beleidigend und rührend zugleich war.
    »Du warst die Tochter des Barons … Du warst für mich verboten«, pflegte er gern zu sagen, »und ich sagte mir: Ich werde sie bekommen… Ich wusste, dass du kommen würdest … Und nun gehörst du mir.«
    Am liebsten hätte sie ihn beschimpft, aber das fiel ihr schwer. Denn jemanden, den man als Kind gekannt hat, kann man nicht wirklich fürchten, weil es die Reflexe aus der Kindheit sind, die man am schwersten ablegt. Die Vertrautheit, die sie beide verband, hatte zu tiefe Wurzeln.
     
    »Weißt du, woran ich gedacht habe?«, fragte er. »All diese Ideen, die ich in Paris hatte und durch die ich Erfolg gehabt habe, die stammen von unseren Abenteuern und Expeditionen als Kinder. Wir haben alles immer gut vorbereitet, weißt du noch? Nun ja, und als ich dann meine … Arbeit organisieren musste, habe ich mir manchmal gesagt …«
    Er unterbrach sich, um zu überlegen, und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Ein Knabe namens Flipot, der zu seinen Füßen kauerte, hielt ihm einen Becher Wein hin.
    »Schon gut«, knurrte Calembredaine und wies den Becher zurück, »lass uns in Ruhe plaudern. Weißt du«, fuhr er dann fort, »ich habe mich manchmal gefragt: Was hätte Angélique getan? Welchen schönen Plan hätte sie in ihrem
kleinen Gehirn ausgeheckt? Und das hat mir geholfen … Warum lachst du?«
    »Ich lache nicht, ich lächle. Weil ich mich an unsere letzte Expedition erinnere, bei der wir nicht unbedingt erfolgreich waren. Wir wollten nach Amerika und sind gerade mal bis zur Abtei von Nieul gekommen …«
    »Wie wahr! Das war wirklich eine Dummheit. Bei dieser Gelegenheit hätte ich dir nicht folgen dürfen …«
    Er überlegte.
    »Zu dieser Zeit hattest du keine besonders guten Ideen. Das lag daran, dass du groß geworden warst und zur Frau wurdest, und Frauen haben halt keinen Verstand … Aber dafür besitzen sie etwas anderes«, schloss er mit einem anzüglichen Auflachen.
    Er zögerte und wagte dann eine Liebkosung, wobei er seine Gefährtin aus dem Augenwinkel beobachtete. Angéliques Stärke lag darin, dass er niemals wusste, wie sie seine Annäherungsversuche aufnahm. Sie war in der Lage, ihm wegen eines Kusses mit blitzenden Augen ins Gesicht zu springen wie eine wütende Katze. Dann drohte sie, sich vom Turm zu stürzen, und griff ihn mit dem Wortschatz eines Marktweibs an, den sie sich sehr rasch angeeignet hatte.
    Sie hatte schon bewiesen, dass sie in so eisiges Schmollen verfallen konnte, dass Barcarole tief beeindruckt war und Beau-Garçon ins Stottern geriet. Wenn Calembredaine dann seine Mannschaft versammelte, fragte sich jeder bestürzt, woher wohl seine üble Laune rührte.
    Und bei anderen Gelegenheiten konnte sie sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher