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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris
Autoren: A Golon
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keine Angst vor dem Tod.«
    »Diese Art von Tod meine ich nicht«, brummte er, »sondern den anderen, der schlimmer ist – den Tod deiner Selbstachtung…«
     
    Mit einem Mal wurde er zornig.
    »Du bringst mich noch dazu, sentimentalen Unsinn zu reden. Dabei versuche ich doch nur, dir etwas begreiflich zu machen, beim Teufel! Du hast nicht das Recht, dir von einer Person wie der Polackin auf der Nase herumtanzen zu lassen! Kein Recht hast du … gerade du nicht. Hast du verstanden?«
    Er starrte sie durchdringend an.
    »Also steh gefälligst auf und marschier los! Gib mir die Flasche und den Becher, die dort in der Ecke stehen.«
    Er goss einen ordentlichen Schluck Branntwein ein.
    »Trink das in einem Zug aus, und dann gehst du … Hab
keine Angst davor, fest zuzuschlagen. Ich kenne meinen Calembredaine. Der hat einen harten Schädel …!«
    Angélique betrat die Spelunke des Auvergners Ramez und erstarrte auf der Türschwelle. Hier drinnen waberte der Rauch fast so dicht wie der Nebel auf der Straße. Der Kamin zog schlecht, sodass der ganze Schankraum voller Qualm hing. Ein paar Arbeiter stützten die Ellbogen auf wacklige Tische und tranken schweigend.
    Im hinteren Teil des Raums erblickte Angélique die vier ehemaligen Soldaten, die Calembredaines übliche Leibwache darstellten: La Pivoine, Gobert, Riquet und La Chaussée. Barcarole saß auf einem Tisch. Da waren auch Jactance, Prudent, Gros-Sac, Mort-aux-Rats und schließlich Nicolas. Die Polackin, die ziemlich aufgelöst wirkte, hing halb liegend auf seinen Knien und grölte Trinklieder.
    Das war der Nicolas, den sie hasste, mit dem scheußlich zurechtgemachten Gesicht Calembredaines.
    Dieser Anblick erweckte – zusammen mit dem Alkohol, den Cul-de-Bois ihr eingeflößt hatte – ihren kämpferischen Instinkt. Kurzerhand bemächtigte sie sich eines schweren Zinnkrugs, der auf einem der Tische stand, und ging auf die Gruppe zu. Seine Spießgesellen waren zu betrunken, um sie kommen zu sehen oder zu erkennen. Sobald sie hinter Nicolas stand, nahm sie ihre ganze Kraft zusammen und schlug blindlings zu.
     
    »Holla!«, rief Barcarole erschrocken aus. Dann schwankte Nicolas Calembredaine, stürzte mit dem Kopf voran in die Kaminglut und riss die Polackin mit sich, die zu schreien begann.
    Daraufhin brach ein großes Durcheinander aus. Die anderen Gäste waren nach draußen gelaufen. »Mordio«, hörte man sie schreien, während die ehemaligen Soldaten
ihre Schwerter zogen und Jactance Nicolas’ massigen Körper umklammerte um ihn aus dem Kamin herauszuzerren.
    Das Haar der Polackin begann zu brennen. Barcarole rannte ans andere Ende des Tisches, auf dem er gesessen hatte, ergriff einen Wasserkrug und kippte der Frau den Inhalt über den Kopf.
     
    »Verzieht euch, Brüder!«, schrie plötzlich jemand. »Da kommen die Bastarde von der Polente …«
     
    Von draußen waren Schritte zu hören. Ein Sergeant aus dem Châtelet tauchte, eine Pistole in der Hand, auf der Türschwelle auf.
    »Halt, ihr Halunken!«, brüllte er.
    Aber durch den dichten Qualm und die fast vollständige Dunkelheit im Raum verlor er wertvolle Zeit.
     
    Die Banditen hatten ihren reglosen Anführer genommen, ihn ins Hinterzimmer gezogen und waren durch einen anderen Ausgang geflüchtet.
    »Mach dich dünne, Marquise der Engel!«, rief Gros-Sac.
    Sie versuchte, ihnen nachzulaufen, und sprang über eine umgestürzte Bank. Doch da packte sie eine starke Faust.
    »Hab das Flittchen, Sergeant«, rief jemand.
    Plötzlich sah Angélique die Polackin vor sich stehen, die mit ihrem Messer ausholte.
    Jetzt sterbe ich, dachte Angélique aufgewühlt. Die Klinge blitzte im Halbdunkel auf. Der Büttel, der Angélique festhielt, krümmte sich und sackte ächzend zusammen.
    Die Polackin schleuderte den herbeilaufenden Polizisten einen Stuhl zwischen die Beine, dann schob sie Angélique auf das Fenster zu, und die beiden sprangen in die Gasse. Hinter ihnen erscholl ein Schuss.

    Kurz darauf stießen die beiden Frauen in der Nähe des Pont-Neuf wieder zu Calembredaines Gefolgsleuten, die haltgemacht hatten, um zu Atem zu kommen.
    »Uff«, seufzte La Pivoine und wischte sich mit dem Ärmel die schweißüberströmte Stirn ab. »Ich glaube nicht, dass sie uns bis hierher verfolgen werden. Herrje, ich schwöre, dass der verfluchte Calembredaine Knochen aus Blei hat!«
    »Haben sie jemanden hopsgenommen? Bist du da, Barcarole?«
    »Ja.«
    »Sie hatten die Marquise der Engel erwischt«, erklärte die Polackin,
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