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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
Autoren: Anne Golon
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die
Provinz in ihrem Kalender der heiligen Schutzpatrone noch keiner heldenhaften Jungfrauen in weißem Kleid rühmen, die den Drachen in Ketten legen und ihn weit fort oder wenigstens an den Rand eines Abgrunds bringen würden, in den er sich dann gütigerweise stürzen würde.
    In diesen verbotenen Tiefen wandelte nur Mélusine.
    Sie hatte Angélique dorthin mitgenommen. Und instinktiv hatte das Kind begriffen, dass es von diesen Ausflügen mit Mélusine niemandem etwas verraten würde.
    Der alte Lützen kannte nur das Versteck in den Gewölben des Schlosses, wo sie wie ihre Freundin ihre Pflanzen trocknete und lagerte. Sie spürte, dass dies ein Geheimnis bleiben musste. Die einfachen Leute hatten große Angst vor der alten Frau. Sogar der Aufschneider Nicolas lief wie alle anderen davon, wenn er sie sah, und schrie lauthals: »Die Hexe! Die Hexe!« Was die Menschen jedoch nicht daran hinderte, sich heimlich, fast schon so, als wollten sie nicht gesehen werden, zum Rand jener Felswand zu schleichen, wo Mélusine in einer Höhle lebte, oder ein Kind hinzuschicken, um sie um eine Arznei zu bitten. Sie behaupteten auch, dass sie anders sei als die anderen Hexen und man nicht wisse, woher sie gekommen sei.
    Manchmal schmückte sie das Band, mit dem sie ihr weißes Haar zusammenhielt, mit Blumen, was Angélique sehr hübsch fand! Sie sang häufig leise vor sich hin. Und wanderte lautlos über das Gras und zwischen den Bäumen hindurch, in der Hand ihren kleinen Korb aus geflochtenen Geißblattwurzeln, in den sie ein paar gepflückte Beeren, ein paar Blätter, ein paar Blüten legte. Nach einer Weile hatte sie das kleine Mädchen auch auf andere Streifzüge mitgenommen, ernsthaftere Suchen, die mit Geheimnissen und seltsamen Gebeten verbunden werden mussten.
    Deshalb erzählte Angélique auch niemandem etwas von dem,
was sie mit Mélusine erlebte. Es war wie ein anderes Leben, in dem sie allein war mit der Hexe und den Pflanzen und Tieren des Waldes, ein Leben, das sie sorgsam in ihrem Inneren verbarg, wie in der »Wundertruhe«, wie in dem verbotenen Zimmer in dem verwunschenen Herrenhaus. Ein Leben, das nur ihr gehörte. Eines Tages würde sie genauso viel wissen wie Mélusine, und dann würde sie alle Menschen gesund machen.
    Es war Tradition in diesem Landstrich, dass sich die Hexen Mélusine nannten.
    Die Hexen selbst oder auch die einfachen Leute, die sich vor ihnen fürchteten, wandten sich Schutz suchend an die große berühmte, beinahe vergöttlichte Fee Mélusine, die die Provinzen des Westens seit unvordenklichen Zeiten mit ihren Wohltaten bedachte. Ihre tragische Geschichte erfüllte die Amme mit Wehmut, darum erzählte sie sie nur ungern.
    Die Fee Mélusine war die Tochter eines gewissen Elinas, des Königs von Albany. Durch ihre Heirat mit dem Grafen Raymond de Forez wurde sie zu »la Mère des Lusignan«, zur Mutter derer von Lusignan, und mit der Zeit wandelte sich ihr Name in Merlusique und schließlich in Mélusine.
    Nach Jahren des Glücks war die Katastrophe über sie hereingebrochen. Eine umso tragischere Katastrophe, als sie hätte vermieden werden können.
    Die Amme behauptete, Mélusines Gemahl habe das Unglück seiner Familie, sein eigenes Unglück genauso wie das ewige Unglück seiner wunderschönen, angebeteten Gemahlin, nicht dadurch heraufbeschworen, dass er aufgehört hätte, sie zu lieben. Auch nicht, weil er sich in eine andere Frau verliebt hätte oder weil sie Gefühle für einen anderen Mann vor ihm geheim gehalten hätte oder weil er, wie allgemein angenommen wurde, einer unstillbaren Neugier erlegen sei. Nein, es lag einfach nur daran, dass dieser schöne, verliebte Mann ein gedankenloser Mensch gewesen war!

    Und bei diesen Worten bedachte Fantine Lozier Angélique mit einem scharfen Blick aus ihren schwarzen Augen. Ein gedankenloser Mensch! Alles Unheil kann in diesem Begriff enthalten sein und sich über die Erde verbreiten wie der Inhalt der Büchse der Pandora!
    Eines Abends war er in Begleitung einiger Freunde, die er unterwegs getroffen hatte und die er mit seiner prunkvollen Gastfreundschaft ehren wollte, in eines seiner wundervollen Schlösser zurückgekehrt, die er alle seiner wundervollen Gemahlin zu verdanken hatte. Und da hatte er einfach vergessen , dass sie ihm verboten hatte, samstags ihre Gemächer zu betreten … Er war hineingegangen... zusammen mit seinen Zechkumpanen … und ihnen hatte sich ein entsetzlicher Anblick geboten: Die herrliche Frau, die sich im
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