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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
Autoren: Anne Golon
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ich fort. Willst du nicht? Liebst du mich nicht mehr?«
    Er antwortete mit einem dumpfen Grollen, hob sie hoch, trug sie schwankend durch das Dunkel und ließ sich mit ihr zusammen auf das Heu fallen.
    Angélique fühlte sich seltsam klar und gleichzeitig von allen menschlichen Belangen losgelöst. Sie war in eine andere Welt eingetreten und schwebte über dem, was bis dahin ihr Leben gewesen war. Wie benommen von der absoluten Dunkelheit, von der Hitze, dem in der Scheune eingeschlossenen Geruch und von der Neuartigkeit dieser gleichzeitig brutalen und geschickten Liebkosungen, bemühte sie sich vor allem, ihr Schamgefühl zu unterdrücken. Von ganzem Herzen wünschte sie sich, dass es geschah, und zwar schnell, denn sie konnten jederzeit überrascht werden. Mit zusammengebissenen Zähnen sagte sie sich immer wieder, dass der andere sie nicht als Erster nehmen würde. Das wäre ihre Antwort auf das Gold, das glaubte, alles kaufen zu können. Sie wollte, sie wollte wirklich, dass es geschah. Doch mehrmals musste sie sich zusammenreißen, um diesen schweren Körper, von dem eine plötzliche Raserei Besitz ergriffen hatte, nicht von sich zu stoßen.
    Jäh flammte das Licht einer Laterne durch die Scheune, und von der Tür her erklang der entsetzte Aufschrei einer Frau.
    Mit einem Satz warf sich Nicolas zur Seite. Angélique sah, wie eine massige Gestalt auf den Knecht zustürzte. Sie erkannte den alten Guillaume und klammerte sich mit aller Kraft an ihn, als er an ihr vorbeistürmte. Nicolas war bereits flink ins Gebälk hinaufgeklettert und hatte eine Dachluke geöffnet. Sie hörte ihn draußen vom Dach springen und davonlaufen.

    Die Frau an der Tür schrie immer noch wie am Spieß. Es war Tante Jeanne. In der einen Hand hielt sie eine Karaffe, die andere hatte sie auf ihren mächtigen bebenden Busen gelegt.
    Angélique ließ Guillaume los und stürzte auf sie zu. Sie bohrte ihr die Fingernägel in den Arm, als wären es Krallen.
    »Seid Ihr wohl endlich still, verrückte Alte? Wollt Ihr unbedingt einen Skandal verursachen? Wollt Ihr, dass der Marquis d’Andijos seine Sachen zusammenpackt und mit seinen Geschenken und seinen Versprechungen wieder abreist? Dann ist es vorbei mit Euren Pyrenäensteinen und Euren kleinen Leckereien. Seid bloß still, oder ich schlage Euch die Faust in Euren zahnlosen alten Mund.«
    Aus den benachbarten Scheunen kamen neugierige Bauern und Bedienstete heran. Angélique sah die Amme und dann ihren Vater, der trotz eifrigen Zechens und eines unsteten Gangs als guter Hausherr noch über den ordentlichen Ablauf des Festgelages wachte.
    »Seid Ihr das, Jeanne? Ihr kreischt ja, als würdet Ihr vom Teufel persönlich gekitzelt.«
    »Gekitzelt?«, rief die alte Jungfer, der allmählich die Puste ausging. »O Armand, ich sterbe.«
    »Warum das denn, meine Gute?«
    »Ich bin hergekommen, um ein wenig Wein zu holen. Und hier in der Scheune habe ich gesehen... habe ich gesehen...«
    »Tante Jeanne hat ein Tier gesehen«, fiel Angélique ihr ins Wort. »Sie weiß nicht, ob es eine Schlange war oder ein Marder, aber wirklich, Tante, das ist doch kein Grund, so außer sich zu geraten. Es wäre besser, Ihr würdet wieder zurück an Euren Tisch gehen, jemand wird Euch neuen Wein bringen.«
    »Genau, genau«, stimmte ihr der Baron mit schleppender Stimme zu. »Wenn Ihr schon einmal versucht, Euch nützlich zu machen, müsst Ihr gleich wieder alles aufscheuchen, Jeanne.«
    Sie hat nicht versucht, sich nützlich zu machen, dachte Angélique.
Sie hat mich belauert und ist mir gefolgt. Sie lebt schon so lange im Schloss und sitzt hinter ihrer Stickerei wie eine Spinne in ihrem Netz, dass sie uns alle besser kennt als wir uns selbst. Sie spürt, was in uns vorgeht, sie durchschaut uns. Sie ist mir nachgegangen. Und sie hat den alten Guillaume gebeten, ihr dabei zu leuchten.
    Ihre Finger gruben sich immer noch in den gallertartigen Unterarm der dicken Frau.
    »Habt Ihr mich verstanden?«, flüsterte sie. »Kein Wort zu irgendjemandem, bevor ich abgereist bin, sonst vergifte ich Euch mit besonderen Kräutern, das schwöre ich Euch.«
    Tante Jeanne stieß ein letztes Glucksen aus und verdrehte die Augen. Aber mehr noch als Angéliques Drohung hatte der Hinweis auf die Kette ihren Widerstand gebrochen. Mit zusammengekniffenen Lippen folgte sie schweigend ihrem Bruder.
    Eine grobe Hand hielt Angélique zurück. Unsanft zupfte der alte Guillaume ihr die Heuhalme aus dem Haar und vom Kleid. Sie sah zu ihm auf und
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