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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
Autoren: Anne Golon
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würde jeden Moment anfangen zu schreien, zu brüllen und sie alle mit Verwünschungen zu überhäufen. Aber es war zu spät! Es hatte keinen Sinn mehr! Die Gäste würden in ihrem Ausbruch vielleicht nur ein Überschäumen ihrer Freude sehen, mit dem sie das Signal für den Tanz und die Farandole geben würde!
    Da bemerkte sie den Sackpfeifer und den Schalmeibläser, die endlich gekommen waren und auf der Freitreppe mit den fremden Musikanten plauderten, die gerade eine Pause machten, um etwas zu trinken. Zu spät! Zu spät! Es würde ihr nichts mehr nutzen, noch einmal die bäuerlichen Melodien ihrer Kindheit zu hören. Sie saß in der Falle! Das Urteil war gesprochen!
    Plötzlich wusste sie, was sie tun musste, um sich für die Entscheidung zu rächen, zu der man sie gezwungen hatte, und
wenigstens in ihren eigenen Augen der demütigenden Rolle des Opfers zu entfliehen. Dieser Gilles de Retz des Südens sollte sie nicht als Erster bekommen.
    Langsam entfernte sie sich von ihrem Tisch, doch im allgemeinen Trubel achtete niemand auf sie. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als sich vor dem Grafen einem jungen, hübschen Mann hinzugeben.
    Als sie den Haushofmeister erblickte, einen gewissen Clément Tonnel, den ihr Vater in Niort eingestellt hatte, fragte sie ihn, wo der Knecht Nicolas sei.
    »Er ist in den Scheunen und füllt die Flaschen, Madame.«
    Die junge Frau ging weiter. Sie setzte mechanisch einen Fuß vor den anderen. Seit dem Vorfall in dem kleinen Wäldchen hatte Nicolas nicht ein einziges Mal mehr den Blick zu ihr erhoben, sondern begnügte sich damit, seine Lakaienpflichten mit einer Sorgfalt zu verrichten, in die sich ein Hauch Gleichgültigkeit mischte. Sie fand ihn in einem Lagerraum, wo er den Wein aus den Fässern in die Krüge und Karaffen füllte, die die jungen Knechte und Pagen pausenlos zu ihm brachten. Er trug eine butterblumengelbe Livree mit tressenbesetzten Aufschlägen, die Monsieur de Sancé eigens zu diesem Anlass geliehen hatte. Der junge Bauer wirkte in diesen abgelegten Kleidern keineswegs ungelenk, ganz im Gegenteil, er machte eine ausgesprochen stattliche Figur. Als er Angélique bemerkte, richtete er sich auf und verneigte sich tief vor ihr, wie es der Haushofmeister Tonnel in den vergangenen achtundvierzig Stunden mit allen Bediensteten des Schlosses geübt hatte.
    »Ich habe dich gesucht, Nicolas.«
    »Gräfin …«
    Sie warf einen Blick auf die Kleinmägde, die wartend mit ihren Krügen in der Hand dastanden.
    »Sag einem Jungen, er soll kurz deine Arbeit übernehmen, und komm mit.«

    Draußen strich sie sich erneut mit der Hand über die Stirn.
    Erregung erfasste sie und stieg ihr, zusammen mit dem berauschenden Geruch der Weinpfützen auf dem Boden, zu Kopf. Sie stieß die Tür zu einer angrenzenden Scheune auf. Auch dort hing noch der schwere Weingeruch in der Luft. Zu Beginn des Abends waren die Krüge hier aufgefüllt worden. Aber jetzt waren die Fässer leer und die Scheune verlassen.
    Angélique legte ihre Hände auf Nicolas’ starke Brust. Unvermittelt wurde sie von trockenem Schluchzen geschüttelt und sank gegen ihn.
    »Nicolas«, stöhnte sie, »du bist doch mein Freund, sag mir, dass es nicht wahr ist. Sie werden mich nicht mitnehmen, sie werden mich ihm nicht einfach geben. Ich habe Angst, Nicolas. Halt mich fest, halt mich ganz fest!«
    »Gräfin …«
    »Sei still!«, rief sie. »Sei du nicht auch noch gemein zu mir.«
    Mit heiserer, keuchender Stimme, die sie kaum als ihre eigene erkannte, fügte sie hinzu: »Halt mich fest! Halt mich ganz fest! Das ist alles, worum ich dich bitte.«
    Er schien zu zögern, doch dann schlossen sich seine starken Arme um ihre zierliche Taille.
    In der Scheune war es dunkel. Die Wärme des Heus erzeugte eine Art bebender Anspannung wie kurz vor einem Gewitter. Halb von Sinnen und betrunken, rieb Angélique ihre Stirn an Nicolas’ Schulter. Wieder fühlte sie sich von seinem wilden Verlangen eingehüllt, doch diesmal gab sie nach.
    »Oh! Du fühlst dich so gut an«, seufzte sie. »Du bist mein einziger Freund. Ich möchte, dass du mich liebst... Ein einziges Mal möchte ich von einem jungen, schönen Mann geliebt werden. Verstehst du?«
    Sie schlang die Arme um seinen starken Nacken und zwang ihn, sein Gesicht zu ihr herunterzubeugen. Er hatte getrunken, und sein Atem roch nach Wein.

    Er stöhnte.
    »Marquise der Engel...«
    »Liebe mich«, wisperte sie, die Lippen an seinen Mund gedrängt. »Nur ein einziges Mal. Danach gehe
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