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Angélique - Am Hof des Königs

Angélique - Am Hof des Königs

Titel: Angélique - Am Hof des Königs
Autoren: A Golon
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saphirblauen, ein wenig vorstehenden, aber lebhaften und geistreichen Augen.
    Für Angélique fand sie kaum ein Wort des Dankes, obwohl sie zusätzlich zu ihrem Kleid auch noch eine herrliche Diamantgarnitur trug, die diese ihr überlassen hatte.
    Mlle. de Tonnay-Charente de Mortemart stand dies alles zu, und man durfte sich geehrt fühlen, ihr zu Diensten zu sein. Trotz der finanziellen Schwierigkeiten ihrer Familie war sie der Überzeugung, dass ihr alter Adel jedes Vermögen aufwog. Ihre
beiden Geschwister schienen der gleichen Ansicht zu sein. Alle drei verfügten über eine überbordende Lebendigkeit, einen beißenden Witz, eine Begeisterung und einen Ehrgeiz, die den Umgang mit ihnen zu einem ebenso amüsanten wie gefährlichen Vergnügen machte.
    Es war eine fröhliche Gesellschaft, die sich in der quietschenden Kutsche auf den Weg durch die verstopften Straßen machte, zwischen den Häusern hindurch, deren Fassaden mit Blumen und Bildteppichen geschmückt waren. In der immer dichter werdenden Menge sah man Reiter und lange Reihen von Kutschen, die sich einen Weg zur Porte Saint-Antoine bahnten, durch die der königliche Zug in die Stadt einziehen würde.
    »Wir müssen noch einen Umweg machen, um die arme Françoise abzuholen«, sagte Athénaïs. »Das wird nicht einfach sein.«
    »Oje! Gott bewahre uns vor Madame Scarron, der Frau des Krüppels!«, rief ihr Bruder.
    Angélique hatte ihn bereits in Saint-Jean-de-Luz gesehen, aber er schien sie nicht wiederzuerkennen. Er saß neben ihr und drückte sich ungeniert an sie. Sie bat ihn, ein wenig zur Seite zu rücken, weil sie kaum noch Luft bekam.
    »Ich habe Françoise versprochen, sie mitzunehmen«, entgegnete Athénaïs. »Die Gute hat nicht allzu viel Zerstreuung mit ihrem verkrüppelten Gemahl. Aber zum Einzug des Königs hat sie sich ausnahmsweise erlaubt, von seinem Krankenbett zu weichen. Sie ist ihm sehr ergeben.«
    »Na ja! So abstoßend er auch sein mag, er bringt Geld ins Haus. Die Königinmutter hat ihm eine Pension gewährt.«
    »War er denn schon verkrüppelt, als er sie geheiratet hat?«, wollte Hortense wissen. »Dieses Paar hat mich schon immer fasziniert.«
    »Natürlich war er schon verkrüppelt. Er hat sich die Kleine ins Haus geholt, damit sie ihn pflegt. Und da sie Waise war, hat sie eingewilligt. Damals war sie siebzehn Jahre alt.«

    »Glaubt ihr denn, dass sie ihm wirklich in jeglicher Hinsicht ergeben ist?«, fragte Athénaïs’ jüngere Schwester.
    »Wer weiß das schon …? Scarron hat jedem, der es hören wollte, versichert, dass die Krankheit seinen ganzen Körper gelähmt habe bis auf die Zunge und einen weiteren Körperteil, den man sich leicht denken kann. Die Kleine hat bei ihm ohne Zweifel so einiges gelernt. Er ist ja trotz seiner Gebrechen schrecklich lasterhaft geblieben! Und bei ihnen gehen so viele Leute ein und aus, dass sich bestimmt ein schöner, gut gebauter Edelmann gefunden hat, um ihr ein wenig Abwechslung zu verschaffen. Es war die Rede von Villarceaux.«
    »Man muss ja zugeben«, wandte Hortense ein, »dass Madame Scarron sehr schön ist. Aber sie ist ungemein zurückhaltend. Sie sitzt neben dem Rollstuhl ihres Gemahls, hilft ihm, sich hinzusetzen, und reicht ihm Kräutertees. Obendrein ist sie gebildet und versteht es, sehr geistreich zu plaudern.«
    Mme. Scarron erwartete sie auf dem Bürgersteig vor einem ärmlich wirkenden Haus.
    »Mein Gott, dieses Kleid!«, hauchte Athénaïs und hob eine Hand an die Lippen. »Der Rock ist ja ganz fadenscheinig.«
    »Warum habt Ihr mir nichts davon gesagt?«, fragte Angélique. »Ich hätte doch noch etwas für sie finden können.«
    »Ach je, ich habe gar nicht daran gedacht. Steigt ein, Françoise.«
    Die junge Frau setzte sich in eine Ecke, nachdem sie die Insassen der Kutsche voller Anmut gegrüßt hatte. Sie hatte schöne braune Augen, die sie häufig mit ihren langen, mit einem Hauch Violett getuschten Wimpern verdeckte.
    Sie war in Niort geboren, hatte dann einige Zeit in Amerika gelebt, wo ihr Vater eine Stellung innegehabt hatte, und war schließlich als Waise nach Frankreich zurückgekehrt.
    Nachdem in so herablassendem Ton von ihr gesprochen worden war, hatte Angélique nicht gewusst, welche Art von Person
sie kennenlernen würde, aber sie hatte ganz sicher nicht eine so liebenswürdige junge Frau erwartet, die sich völlig ungezwungen in ihre mondäne Fröhlichkeit einfand. Außerdem war ihr Kleid überhaupt nicht fadenscheinig. Angélique saß neben ihr, und
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