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Angela Merkel - Ein Irrtum

Angela Merkel - Ein Irrtum

Titel: Angela Merkel - Ein Irrtum
Autoren: Cora Stephan
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Ausbildung wohl kaum erreichen.
    Und Angela Merkel? Beharrte mit mädchenhafter Stimme auf ihrem Anspruch. Rotkäppchen hatte nicht die Absicht, vor dem bösen Wolf zurückzuscheuen.
    Auch das gefiel mir. Denn sie hatte einen Wahlkampf hinter sich, in dem sie mit ungebremstem Machismo angerüpelt worden war. »Sie kann es nicht«, die graue Maus von Kohls Gnaden. Die irgendwie Geschlechtslose. Das war die Strategie ihrer Gegner. Gerhard Schröder agierte ohne falsche Rücksichtnahme auf bürgerliche Verkehrsformen. Und auch in »seiner« SPD schien sich niemand Gedanken darüber zu machen, dass der Wähler zwischen Wahlkampf – »Der beißt nicht! Der will doch nur spielen! « – und Politik nicht ganz so klar unterscheidet wie die Politprofis und Zyniker. Der Dreck bleibt liegen, und das schadet meist auch dem, der ihn geworfen hat.
    Gerhard Schröder warf – und er ließ werfen. Jedenfalls hinderte er seine Angetraute nicht daran, sich frei nach
dem Motto »Das Private ist politisch« einzubringen. Doris Köpf, Mutter dreier Kinder, ausgestattet mit blondem Heiligenschein, übernahm es, der kinderlosen Angela Merkel zu erklären, dass sie von Frauenbiographien keine Ahnung habe, da das Muttersein »nicht ihre Welt« sei. Und überhaupt, meinte Doris Köpf: War Merkel als ehemalige Frauenministerin nicht sogar »mit schuld« an den »fehlenden Kindern heute«? Das war an Perfidie nur noch vom Gatten zu übertreffen, der diesen Schlag unter die Gürtellinie mitnichten korrigierte, sondern ihn geradezu adelte: »Meine Frau sagt, was sie denkt. Und sie lebt, was sie sagt. (…) Das ist nicht zuletzt der Grund, warum ich sie liebe.« Hoch lebe der subjektive Faktor. Und die Hausfrauenehe.
    Dass Merkel kein richtiger Kerl sei, hatte Schröder bereits hinreichend klargemacht. Doris Schröder-Köpf neutralisierte die Gegnerin ihres Mannes vollends. »Das Merkel« hieß Angie fortan bei besonders witzigen Zeitgenossen. Das hatte sie nun von ihrer Zurückhaltung in privaten Dingen, davon, dass sie keine Vorzeigefamilie präsentierte und Joachim Sauer gar erst 1998 geheiratet hatte. Ausgerechnet die Gegenseite warb plötzlich dröhnend mit jenen »Familienwerten«, als deren Hort sich jahrzehntelang die christlichen Parteien gegeben hatten.
    Noch heute bin ich Angela Merkel dankbar, dass sie uns ihr Privatleben bislang weitgehend erspart. Möge sie dabei bleiben. Denn sicher ist bei Tina ja gar nichts mehr.
    Bemerkenswert bleibt, dass auch die Frauen in der Quotenpartei SPD ihrem Alphatier seine Frauenfeindlichkeit
weitgehend durchgehen ließen. Und dass sich kein »kritischer Intellektueller« der Republik ob der Intellektuellenverachtung genierte, die Gerhard Schröder im Wahlkampf zur Schau gestellt hatte, als er sich über Merkels Trumpf lustig machte, über Paul Kirchhof, den »Professor aus Heidelberg«. Angela Merkel, lautete die Botschaft, umgebe sich lieber mit lebenden Rechenmaschinen als mit »Menschen«, war also umweht vom Todeshauch »sozialer Kälte«.
    Populistisch auf die Intellektuellenverachtung der Bevölkerung zu setzen, die es nun mal nicht mit »kalter Logik« habe, sondern wärmenden Gefühlen den Vorzug gebe, garantierte bislang Erfolg. Und auch diesmal hätte es fast geklappt. Nach einem Höhenflug, aus dem Medien und Meinungsforscher auf ihren garantierten Sieg schlossen, stürzte die CDU ab. Wg. »sozialer Kälte«.
    Angela »Angie« Merkel siegte 2005 nur knapp. Sie schmiedete die Große Koalition ohne Schröder, aber mit »seiner« SPD. Sie ist seither eine andere geworden: Tina. There is no alternative. Die Alternativlose. Leider.
    Hatte Angie nicht mal versprochen, eine Kanzlerin ohne Gedöns zu werden? Irrtum: 2005 begriff sie in Windeseile, dass Verstand nicht genügt, jedenfalls nicht in einer politischen Landschaft, in der auch Männer gelernt haben, dass sich niemand für die gemessene Temperatur interessiert, sondern nur für die »gefühlte«.
    An Angela Merkel beweist sich auf paradoxe Weise die Behauptung Simone de Beauvoirs: »Man kommt nicht als
Frau zur Welt, man wird dazu gemacht.« Angela Merkel machte sich selbst zur Frau, die nun nicht nur Sachverstand, sondern auch »Gedöns« beherrscht.
    Denn das zählt heute in der politischen Debatte: Gefühle zulassen, sich menschlich geben, nicht mit harten Fakten kommen, weiche Seiten zeigen. Man könnte das, getreu dem alten frauenbewegten Spruch »Das Private ist politisch«, eine »Feminisierung der Politik« nennen.
    Doch meistens
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