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Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Titel: Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)
Autoren: Nikolaus Blome
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Lachen« seit langem ein Standard in jeder Merkel-aus-der-Nähe-Beschreibung. Aber mädchenhaft ist ein seltsam verquastes Wort für jemanden, der Ende 50 ist und seit jeher einfach frei lachen kann, wenn er etwas zum Lachen findet, womöglich auch sich selbst. Das Einzige, was Angela Merkel von vielen anderen notgedrungen unterscheidet, wenn sie lacht, hängt mit ihrem Amt zusammen. Nicht selten merkt man, dass sie noch ein, zwei Momente länger darüber nachdenkt als andere, ob sie jetzt auch lachen darf . Als Kanzlerin. Meistens sagt sie sich: ja, darf ich.
    Zum Beispiel darüber, wie es Anfang Oktober 2008 an jenem Sonntagnachmittag war, als sie mit ihrem damaligen SPD -Finanzminister Peer Steinbrück im Kanzleramt vor eilig herantelefonierten TV-Kameras die Garantie-Erklärung für alle deutsche Sparguthaben abgibt, je nach Definition um die 1600 Milliarden Euro. Kurz zuvor hat die Bundesbank das Kanzleramt wissen lassen, dass die Nachfrage nach 500 Euro-Scheinen an den Bankschaltern spürbar zugenommen habe vor dem Wochenende, ein Hinweis auf beginnende Panik. Ein echter »defining moment« der großen Koalition ist das also und womöglich die zwei Minuten, die Deutschland einen katastrophalen Banken- run ersparten. Eine ernste Sache, aber Merkel fasst ein paar Jahre später in einem kleinen Kreis das Ganze so zusammen: »Wir haben mit dem unschuldigsten Gesicht das größte Ding gemacht.« Stimmt ja auch: Weil der Bund niemals einfach so hätte zahlen können. Weil es keinen Parlamentsbeschluss gab. Weil es kein Kleingedrucktes gab mit Abgrenzungen im Detail. Weil, weil, weil. Das erzählt sie trocken und verschmitzt, einmal in Fahrt gekommen berlinert sie dabei »so’ne, nüscht, ditte« – schlicht schelmisch. Und schelmisch steht zu »mädchenhaft« wie Humor zu Witzigkeit.
    »Jaaaaa, wir fliegen heute nach …« So fangen die Unterhaltungen, »briefings« , im Regierungsflieger fast immer an. »Jaaa, heute schauen wir uns mal den Satz des Pythagoras an …« So klingt das in der überfüllten Konferenzkabine, ein bisschen wie eine Lehrerin im (fliegenden) Klassenzimmer. Dann spult sie ihr Wissen über das Zielland ab, über den amtierenden Regierungschef, die Rolle, die Deutschland für dieses Land spielt und umgekehrt, und was sie anstreben will bei diesem Besuch. Als Gedankenstütze machen sich die Journalisten Notizen, obwohl sie kein Wort davon wörtlich schreiben dürfen, weil es die ungeschriebenen Regeln der Hauptstadtpresse verbieten. Und dabei tritt die zweite Eigenschaft zu Tage, die Angela Merkels Persönlichkeit prägt: Neugier. Diese Frau hat immer mehr Fragen als Zeit, sie zu stellen. Egal bei wem, egal wo. Vielleicht ist das Routine einer chronisch zeitknappen Politikerin, aber dann müsste es ja auch für Journalisten Routine sein, die auf ihre Art ebenso chronisch zeitknapp sind. Die allermeisten Journalisten jedoch hören bei einem gegebenen Thema irgendwann auf zu fragen. Nicht weil sie denkfaul oder desinteressiert sind oder meinen, schon alles zu wissen. Sondern weil sie irgendwann das Gefühl haben, nun ist es genug, um einen anständigen Artikel in der vorgegebenen Zeit zu schreiben. Journalisten kennen grundsätzlich eine Grenze, jenseits derer vermutlich nur noch »nutzloses« Wissen, überflüssige Details kommen. Angela Merkel kennt die Grenze sicherlich auch, weil sie mit ihrer Zeit und dem Fassungsvermögen ihrer »Festplatte« ebenfalls strikt haushalten muss. Aber sie fragt trotzdem. Oder würde es, wenn nicht der nächste Termin sie daran hinderte. Am Beginn ihrer bis heute längsten Auslandsreise, sechs Tage durch Südamerika Mitte 2008, sagt sie es so: »Das Entscheidende ist, wie viele Abendessen habe ich und wie oft kann ich etwas fragen.«
    Und noch eine dritte Eigenschaft sagt etwas Wichtiges über Angela Merkel, die seit über zwanzig Jahren politisch in der ersten oder allerersten Reihe steht und dort akribisch beobachtet wird: Sie ist immer für eine Überraschung gut. Das meint jetzt nicht politische Volten, Meinungswechsel, Strategiebrüche, dazu an anderer Stelle mehr. Es meint, dass sie plötzlich auf ein Thema kommen kann und dabei Gedanken preisgibt, die man nicht kannte oder von denen man partout nicht gemeint hätte, dass sie ihr gerade durch den Kopf gehen. Ein Beispiel, zugetragen hat es sich auf dem Rückflug von einer Malta-/Zypern-Reise 2011, auf die ganz viele Journalisten mitwollten, um zu hören, was Merkel am Anfang eines »Super-Wahljahres« so
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