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Angel City Love (German Edition)

Angel City Love (German Edition)

Titel: Angel City Love (German Edition)
Autoren: Scott Speer
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seinen Schutzengel.
    »Oh mein Gott, du bist’s«, meinte er. Er gab sich alle Mühe, möglichst nüchtern zu klingen.
    Der Engel lächelte, sagte aber kein Wort.
    Brad bemerkte, wie etwas Warmes, Feuchtes an seinem linken Arm hinabrann und winzige, perlende Tröpfchen an seinen Fingerkuppen bildete. Er hob die Finger an den Mund und schmeckte Blut.
    »Ich bin verletzt«, stellte er fest.
    Die Augen des Engels funkelten im Mondlicht. Als er zu sprechen anhob, klang seine Stimme sanft. »Ich musste dich durchs Fenster rausziehen. Es gab keine andere Möglichkeit.«
    Plötzlich fiel Brad alles wieder ein, so als würde er sich an einen Albtraum erinnern. Noch einmal durchlebte er den glühenden Schmerz, den er empfunden hatte, als er durch die Glasscheibe geschossen war, dachte an die winzigen Splitter, die sich in sein Gesicht gegraben hatten, und daran, wie sich die scharfen Zacken tief in sein Fleisch geschnitten hatten. Er schauderte.
    »Die Schnitte an deinem Arm und deiner Schulter sind nur oberflächlich und werden bald verheilt sein«, fuhr der Engel fort. »Aber deine Hüfte ist gebrochen. Das passiert schon mal bei derartigen Rettungsaktionen. Ich habe mir erlaubt, einen Krankenwagen zu rufen, damit man dich ins Krankenhaus bringt. Er sollte jeden Moment hier eintreffen.«
    Brad machte einen zaghaften Schritt vorwärts, dann stieß er einen Schrei aus. Ein stechender Schmerz war in seine rechte Hüfte geschossen. Rasch trat er wieder zurück und verlagerte das Gewicht auf das andere Bein. Ein Stöhnen entfuhr ihm.
    Der Engel hatte sich nicht von der Stelle bewegt.
    »Ach so, klar«, sagte Brad peinlich berührt. Er kramte in der Hosentasche nach seinem Portemonnaie. »Sorry, ist mein erstes Mal, weißt du«, murmelte er verlegen, während er die Börse aufklappte und sich abmühte, die American Express Platinumcard aus dem Fach zu ziehen. Seine Finger waren taub von der Kälte.
    »Das ist nicht nötig«, entgegnete der Engel und tat Brads Bemühungen mit einer beiläufigen Handbewegung ab. »Die Beiträge wurden bereits von deinem Konto abgebucht.«
    »Ach so«, sagte Brad. Er steckte die Brieftasche wieder ein. »Wie viel … hat das denn gemacht?«
    »Einhunderttausend Dollar, zusätzlich zu deinem Monatsbeitrag.«
    Brads Blick glitt zu der Stelle, wo die beiden Fahrzeuge im Wasser gelandet waren. Sein M5 war bereits abgetaucht, aber das Heck des Pickups ragte immer noch aus den Fluten und trieb wogend in der Brandung.
    »Was ist mit ihm?«, erkundigte sich Brad.
    »Mit ihm?«, fragte der Engel.
    »Ja.« Brad deutete auf das Heckteil, das soeben versank. »Mit ihm.«
    Der Engel betrachtete den untergehenden Pickup, als sähe er ihn zum ersten Mal.
    »Der war nicht versichert«, meinte er.
    Brad nickte benommen.
    Mit einem Mal wurde die Szenerie in das Scheinwerferlicht eines nahenden Krankenwagens getaucht.
    »Gute Nacht, Brad«, sagte der Engel lächelnd.
    »Gute …«, setzte Brad an, verstummte aber, als er feststellte, dass der Schutzengel bereits verschwunden war. Allein in der Kälte, begann Brad mit einem Mal unkontrolliert zu zittern. Denn erst in diesem Moment packte ihn die Erkenntnis. Die Erkenntnis, dass er jetzt eigentlich tot gewesen wäre.

2

    Maddy erwachte vom Weckerklingeln. Es war noch früh. Draußen vor dem Fenster dämmerte ein grauer, trüber Tag. Sie hatte geträumt, sie würde sich faul an einem tropischen Strand rekeln, irgendwo in weiter Ferne. Das Meer glitzerte im Sonnenlicht und erstreckte sich bis zum Horizont. Maddy hätte am liebsten weitergeträumt, den warmen Sand unter den Füßen gespürt, ohne irgendwelche Verpflichtungen. Hier hätte sie nichts tun müssen, als sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen und einfach nur sie selbst zu sein. Doch der Wecker klingelte unerbittlich weiter, und so schlug sie widerstrebend die Augen auf.
    Sie sah aus dem Fenster. Da war es, wie ein Geist im nebligen Zwielicht: das Wahrzeichen der Stadt, der ANGEL-CITY -Schriftzug. Riesig und stumm stand es auf dem Hügel, perfekt eingerahmt vom Fenster in Maddys Zimmer. Sie seufzte. Die letzten Erinnerungen an den Traum verblassten und wichen der grausamen Realität, dass sie immer noch in Angel City war. Sie saß in der Stadt der Unsterblichen fest.
    Maddy schwang die Beine aus dem Bett und versuchte den Schlaf abzuschütteln. Die Kids in der Schule beschwerten sich oft, dass der Unterricht bereits um acht Uhr morgens begann, doch für Maddy fing der Tag immer schon um fünf an. Sie
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