Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Androidenträume

Titel: Androidenträume
Autoren: John Scalzi
Vom Netzwerk:
wurde.
    »Entschuldigung«, sagte Moeller. »Das ist mir sehr peinlich.«
    Danach herrschte für einen kurzen Moment wieder Stille.
    »Sie!«, blaffte Sral-win-Getag schließlich. »Sie waren es! Die ganze Zeit!«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, entgegnete Moeller.
    »Dafür werden Sie Ihren Job verlieren!«, tobte Sral-win-Getag. »Wenn ich mit Ihnen fertig bin…« Plötzlich verstummte der Nidu irritiert. Dann sog er ein letztes Mal schnaubend die Luft ein. Jetzt war Moellers letzte Botschaft durch den Raum bis zu ihm vorgedrungen.
    Sral-win-Getag nahm den vollen Umfang der Botschaft wahr, verarbeitete sie und beschloss, Dirk Moeller auf der Stelle umzubringen, mit seinen eigenen Händen. Zum Glück hatten die Nidu ein Ritual, mit dem sie ihre berechtigte Absicht kundtaten, dass sie einen Erzfeind töten wollten, und es begann damit, dass sie einen lauten, markerschütternden Schrei ausstießen. Sral-win-Getag sammelte sich, holte tief Luft, richtete den Blick auf Dirk Moeller und begann mit dem mordlustigen Gebrüll.
    Ein interessanter Aspekt außerirdischen Lebens besteht darin, dass es in allen Fällen, mag es noch so fremdartig sein, bestimmte körperliche Eigenschaften aufweist, die als Beispiele für parallele evolutionäre Entwicklungen auf den unterschiedlichsten Planeten gelten. Zum Beispiel besitzt nahezu jede intelligente Lebensform ein Gehirn, irgendeine Art von Zentralrechner, ganz gleich, in welcher Form sich das Nervensystem und die Sinnesorgane entwickelt haben. Der Sitz des Gehirns variiert, aber meistens ist es in irgendeiner Art Kopf untergebracht. In ähnlicher Weise verfügen nahezu alle komplexeren Lebensformen über irgendein Kreislaufsystem, mit dem Sauerstoff und Nährstoffe im Körper verteilt werden.
    Die Verbindung dieser zwei allgemeinen Eigenschaften bedeutet, dass auch gewisse medizinische Phänomene weit verbreitet sind. Zum Beispiel Schlaganfälle, die dadurch verursacht werden, dass die Transportkanäle des wie auch immer gearteten Kreislaufsystems im wie auch immer gearteten Gehirn platzen. Und genau das geschah in Sral-win-Getags Gehirn, nachdem er seine gebrüllte Mordankündigung eine knappe Sekunde lang von sich gegeben hatte. Sral-win-Getag war genauso überrascht wie alle anderen, als sein Schrei plötzlich abbrach und von einem feuchten Gurgeln abgelöst wurde, worauf er im nächsten Moment tot zu Boden stürzte, als die Schwerkraft die Oberhand über sein Körpergewicht erlangte. Die Nidu eilten sofort zu ihrem Vorgesetzten, und die Menschen starrten fassungslos auf ihre Verhandlungspartner, die nun ein klagendes Gejammer ausstießen, während sie versuchten, Sral-win-Getag wiederzubeleben.
    Alan wandte sich Moeller zu, der immer noch auf seinem Platz saß und völlig ruhig das Geschehen beobachtete. »Sir?«, sagte Alan. »Was hat das zu bedeuten? Was geht hier vor sich, Sir?«
    Moeller sah Alan an, öffnete den Mund, um sich mit einer absolut plausiblen Lüge herauszureden, und brach dann in schallendes Gelächter aus.
    Eine weitere allgemeine Eigenschaft zahlreicher Lebensformen ist eine Hauptpumpe für das Kreislaufsystem – mit anderen Worten: ein Herz. Diese Pumpe verfügt für gewöhnlich über die kräftigsten Muskeln des gesamten Körpers, da die Kreislaufflüssigkeit ständig in Bewegung bleiben muss. Doch genauso wie jeder andere Muskel kann auch dieser geschädigt werden, vor allem, wenn das betreffende Lebewesen die Voraussetzungen für eine reibungslose Funktion seiner Kreislaufpumpe missachtet. Wenn es zum Beispiel viel fettes Fleisch isst, dessen Rückstände die Gefäße verstopfen, die den Muskel daraufhin nicht mehr ausreichend versorgen können.
    Und genau das geschah in Dirk Moellers Körper.
    Dirk brach genauso wie Sral-win-Getag zusammen, und lachte immer noch, als er am Boden lag. Ihm war vage bewusst, dass Alan seinen Namen rief und dann die Hände auf seinen Brustkorb drückte, um hektisch zu pumpen, im tapferen, aber vergeblichen Versuch, den Blutkreislauf seines Vorgesetzten wieder in Schwung zu bringen.
    Bevor Moeller endgültig das Bewusstsein verlor, blieb ihm noch ein kurzer Moment für eine letzte Bitte um Absolution. Jesus, vergib mir, dachte er. Ich weiß, ich hätte den Panda nicht essen sollen.
    Dann war da nur noch Dunkelheit – sowie zwei Leichen in einem Konferenzraum und wie erhofft ein schwerwiegender diplomatischer Konflikt.

2

    Außenminister Jim Heffer betrachtete das Röhrchen auf seinem Schreibtisch. »Das ist es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher