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Androidenträume

Titel: Androidenträume
Autoren: John Scalzi
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hektisch.
    Moeller konnte sich nicht erinnern, in seinem Leben schon einmal mehr Spaß gehabt zu haben als in der nun folgenden Stunde. Ohne jede Rücksicht verhöhnte er Sral-win-Getag und wiegte sich vollkommen sicher in seinem Anschein ausdruckslosen Desinteresses an den Details der Verhandlungen, in der sichtlichen Abwesenheit von allen duftabsondernden Gegenständen im Konferenzraum und in der Überzeugung der Nidu, dass sich Menschen mit ihrem primitiven Geruchssinn unmöglich absichtlich über sie lustig machen konnten. Mit Ausnahme von Sral-win-Getag gehörten die anwesenden Nidu solchen Kasten an, die nur vage mit der Geruchssprache vertraut waren und deshalb den Zorn ihres Chefs nicht nachvollziehen konnten. Und mit Ausnahme von Moeller hatte die Menschendelegation nicht die leiseste Ahnung von den Gründen für Sral-win-Getags Verhalten. Ihnen entging nicht, dass irgendetwas den Nidu nervös machte, aber sie kamen nicht darauf, was es sein könnte. Die einzige Person, die etwas Ungewöhnliches wahrnahm, war Alan, der allein dadurch, dass er direkt neben ihm saß, bemerkte, dass sein Chef unter Blähungen litt. Moeller jedoch wusste, dass der ehrgeizige kleine Pimpf nicht im Traum daran denken würde, auch nur ein Wörtchen darüber zu verlieren.
    In diesem Garten der Ahnungslosigkeit bestürmte Moeller den Nidu mit unaussprechlichen Beleidigungen bezüglich seines Sexualverhaltens, seiner persönlichen Eigenschaften und seiner familiären Beziehungen, oftmals in einer Kombination aus allen drei Bereichen. Fixers Apparat enthielt eine ausreichende Menge der chemischen Komponenten, um in Verbindung mit Moellers eigenen körperlichen Ausdünstungen theoretisch noch mehrere Tage lang sinnvolle gasförmige Botschaften von sich zu geben. Moeller experimentierte, um herauszufinden, welche Unterstellungen Sral-win-Getag am meisten ärgerten. Wie erwartet veränderte sich seine Atemfrequenz kaum, wenn seine berufliche Kompetenz in Frage gestellt wurde, aber Andeutungen sexueller Potenzdefizite schienen ihn richtig auf die Palme zu bringen. Moeller glaubte schon, Sral-win-Getag würde platzen, als die Botschaft Deine Partnerinnen lachen über deinen Spermienmangel zu ihm hinüberwehte, aber er konnte sich gerade noch zusammenreißen, hauptsächlich dadurch, dass er die Tischkante so fest umklammerte, dass Moeller befürchtete, er würde einen Teil davon abbrechen.
    Moeller hatte gerade Du schlemmst Exkremente freigesetzt und aus dem Menü Deine Mutter verkehrt mit Algen ausgewählt, als Sral-win-Getag endlich genug hatte und sich dem Wutausbruch hingab, von dem Moeller gehofft hatte, dass er die Verhandlungen unterbrechen würde. »Es reicht jetzt!«, brüllte er und sprang über den Tisch auf Alan zu, der angesichts des Schocks, dass ein großes, intelligentes Reptilienwesen ihn angriff, in absoluter Regungslosigkeit erstarrte.
    »Sind Sie das?«, verlangte Sral-win-Getag zu wissen, während seine Assistenten nach seinen Beinen griffen, um ihn wieder auf ihre Seite des Tisches zu ziehen.
    »Was soll ich sein?«, brachte Alan mit Mühe heraus. Er war hin und her gerissen zwischen dem Drang, vor diesem bissigen Geschöpf zu fliehen, und dem Wunsch, seine diplomatische Karriere nicht zu gefährden, indem er dem Leiter der niduanischen Handelsdelegation auch nur einen Kratzer zufügte, wenn er versuchen sollte, dem drohenden Tod zu entkommen.
    Sral-win-Getag ließ Alan los und befreite sich mit ein paar Fußtritten von seinen Assistenten. »Einer von Ihnen hat mich seit über einer Stunde pausenlos beleidigt! Ich rieche es ganz genau!«
    Die Menschen starrten Sral-win-Getag ganze zehn Sekunden lang völlig verdutzt an. Dann brach Alan das Schweigen. »Also gut, Leute«, sagte er und blickte sich am Tisch um. »Wer hat parfümiertes Deo benutzt?«
    »Ich rieche kein Deodorant, Sie kleiner Scheißer!«, knurrte Sral-win-Getag. »Jemand von Ihnen spricht zu mir. Er beleidigt mich. Das werde ich auf gar keinen Fall dulden!«
    »Sir«, sagte Alan. »Wenn jemand während der Verhandlungen etwas gesagt hat, das Sie als Beleidigung verstanden haben, dann verspreche ich Ihnen…«
    »Was wollen Sie mir versprechen?«, brüllte Sral-win-Getag zurück. »Ich kann Ihnen versprechen, dass Sie alle in vierundzwanzig Stunden in einem Supermarktlager Kisten schleppen werden, wenn Sie nicht…«
    Püüüüüüüüüüüüüü.
    Stille. Moeller wurde plötzlich klar, dass er von sämtlichen Anwesenden angestarrt
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