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Anderer Welten Kind (German Edition)

Anderer Welten Kind (German Edition)

Titel: Anderer Welten Kind (German Edition)
Autoren: Wolfgang Ehmer
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Gleichklang, als sie das Boot geschultert hatten und zum Landesteg trugen. Ganz vorsichtig setzten sie es nach den Befehlen von Jürgen im Wasser ab und legten die Riemen auf der Stegseite in die Dollen, bevor sie die Rollsitze einsetzten. Das Fett hatten sie schon im Bootshaus großzügig in die Halterungen der Dollen und den Sitzschienen verschmiert und ihre Hände glänzten fettig schwarz vom Abrieb an den Ledermanschetten der Ruder. Siggi befestigte das Steuer und überprüfte die Leinen, sodass sie parallel neben seinem Sitz zu liegen kamen. Einmal hatte er zwei ungleiche Enden in den Händen gehalten und das Boot fuhr einen Schlingerkurs und konnte die Spur nicht halten, was ihnen einen Sieg gekostet hatte. Er wäre damals beinahe aus dem Boot geflogen, zum Glück war es nur ein Freundschaftsrennen gewesen. Pisskurvenfahrer hatten sie ihn beschimpft. Seitdem war ihm das nie wieder passiert
    „Wollen wir uns schon mal warm fahren?“
    Wolle, der auf der Eins im Bug saß, machte Anstalten, seinen auf Steuerbord ausgelegten Riemen in die Dolle zu schieben.
    „Warte“, sagte Klaus, „Henze hat extra gesagt, wir sollen warten, nicht schon losfahren.“
    Ihnen wurde kalt und sie sprangen und hüpften auf dem Steg herum, der zu schwanken begann, während Siggi einen Ausleger festhielt, damit sich das Boot nicht vom Steg löste oder an die Stegwand schrappte.
    „Kommt, wir warten drinnen“, schlug er vor.
    Sie konnten sich nicht recht entscheiden und standen unschlüssig herum, als Henze im Tor des Bootshauses auftauchte. Er war nicht allein. Neben ihm ging ein bulliger Kerl, der ihn um zwei Köpfe überragte. Er hatte einen Sportsack über der Schulter hängen. Sie kannten ihn vom Sehen. Er war auch in der Ruderriege in einem anderen Boot, eher Wanderfahrten und so. Er war eine Klasse über ihnen, sie kannten ihn aber nicht sehr gut, denn die einzelnen Gruppen und Mannschaften der Ruderriege hatten nicht viel miteinander zu tun, schon überhaupt nicht mit denen von der Fahrtenabteilung, und selbst bei den Tanztee-Veranstaltungen suchten sie lieber die Nähe der Mädchen als neue Jungenbekanntschaften.
    „Tag, Jungs“, begrüßte sie Henze, „das ist Mathias.“ Und er wendete sich direkt an ihn und sagte: „Zieh dich schon mal um.“
    „Tja“, fuhr er nach Mathias’ Weggang fort, drehte sich wieder zu den Jungs, die sich nicht von der Stelle bewegt hatten, und stemmte die Hände in die Hüften. „Mathias fährt jetzt bei euch mit.“
    „Wie?“, fragte Jürgen, der sich als Erster von der Ankündigung erholt hatte, „wir sind doch schon voll.“
    „Auf Drei, Steuerbord“, sagte Henze und er schaute Christian direkt an.
    „Aber da sitzt doch Christian.“ Klaus blickte von Henze zu Christian, irritiert und ungläubig.
    „Mathias ist stärker und kann Jürgen besser ausgleichen. Oder wollt ihr im Kreis fahren?“
    „War doch bisher kein Problem“, mischte sich Siggi ein.
    Wolle schwieg, konzentrierte sich auf ein Astloch in den Bodenplanken.
    „Wollt ihr nach Berlin?“ Henzes Stimme wurde schneidender. „Ihr könnt wählen. Entweder alles für Berlin oder gar nichts. Punkt. Diskutieren könnt ihr später.“
    Berlin, das große Ziel. Dem konnten sie sich nicht entziehen. Dafür hatten sie sich geschunden, hatten verzichtet, hatten Schmerzen ertragen. Berlin, Wannsee, im August, eine Woche deutsche Jugendmeisterschaften, ein schwerer Weg, und sie waren ihn bis hierher gegangen und die Erfüllung aller Träume eines schweren Jugendvierers, Gegenstand der meisten Gespräche, angefüllt mit Sehnsüchten, das hatte sie vorangetrieben, dafür hatten sie sich oft selbst überwunden. Alle zusammen und doch jeder für sich.
    Zu Christian sagte er: „Tut mir leid, Berlin geht vor. Aber du bist doch sicher einverstanden, nicht wahr?“
    Das „Nicht wahr“ begleitete er mit einem kurzen Nicken, das die Möglichkeit oder Erwartung eines Widerspruchs von vorneherein ausschloss.
    Aber seine Augen glänzten und seinen Mund umspielte ein kleiner bösartiger Zug, fast wie ein Grinsen zwischen dünnen, zusammengepressten Lippen. „Ich hab’s dir gesagt“, schienen sie zu sagen. „Du kannst mich nicht täuschen oder hinters Licht führen. Du nicht.“
    Dann drehte er sich weg und begann, die Haube von dem Außenbordmotor des kleinen Begleitschiffes zu ziehen.
    Christian stand. Er sah Mathias den Steg herunterkommen, sah, wie zuerst Wolle, dann Klaus, dann Mathias, dann Jürgen das Boot bestiegen, der aber
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