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Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition)
Autoren: Matthias Sachau
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doch einen Pony schneiden« in den Ohren liegen. Ich hasse Ponyfrisuren. So ein Pony macht selbst aus Claudia Schiffer ein komplett unerotisches Schulmädchen. Aber die Campari-Bestellerin denkt zum Glück nicht daran, sich einen Pony schneiden zu lassen. Sie schwingt ihre braune Mähne voller Stolz nach hinten und lässt sich nicht davon stören, dass ihr wunderbarer Haarvorhang schon im nächsten Moment erneut mit der Wanderung Richtung Gesichtsmitte beginnt. Und kurz bevor er dort angekommen ist, setzt sie zum nächsten Schwung an. Immer wieder. Ein erhebender Anblick. Ist natürlich anstrengend für sie, aber ich finde das nur fair. Ich muss mich schließlich auch von Zeit zu Zeit rasieren. Da können Frauen sich auch von Zeit zu Zeit die Haare aus dem Gesicht schwingen. Und das sieht, im Gegensatz zum Rasieren, auch noch toll aus.
    »Oh nein! Hallo!! HALLO !!!«
    Sie fuchtelt wild herum, und ich kriege ihren Ellbogen nun doch noch ans Kinn. Das laute »Klock« höre wahrscheinlich nur ich in meinem Kopf, aber sie hat es trotzdem gemerkt. Sie reibt sich den Ellbogen. War wohl der Musikantenknochen.
    »Oh, Entschuldigung!«
    »Nicht schlimm. Mein Kinn ist eh taub. Ist mir heute nämlich schon drei Mal passiert. Aber was ist eigentlich das Problem?«
    »Der macht einfach Aperol statt Campari in meinen Campari Orange!«
    Aha.
    »Hey!«
    Als Architekt verbringe ich mein halbes Arbeitsleben auf Baustellen. Wenn ich will, dass man meine Stimme hört, dann hört man sie, selbst wenn nebenan eine Horde kreischender Paviane auf einem Schlagzeug herumspringt. Der Barmann dreht sich sofort um.
    »Du sollst keinen Aperol in den Campari Orange machen!«
    Ich weiß zwar überhaupt nicht, wovon ich spreche, aber es wirkt. Der Flaschenschwenker, der mir im Lauf der letzten Stunde schon drei Biere hingeschoben hat, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, guckt mir auf einmal recht kleinlaut in die Augen.
    »Sorry, der Campari ist aus. Aber Aperol ist ja auch ein Bitter.«
    Bitter? Keine Ahnung, was er da redet. Ich trinke nur Bier, Wein und gelegentlich Schnäpse. Trotzdem gucke ich ihn weiter so an wie sonst immer die Bauarbeiter, wenn ich sie beim Pfuschen ertappt habe.
    »Also, ich kann den Campari Orange wirklich nur mit Aperol machen. Aber berechne nur die Hälfte, in Ordnung?«
    Ich schaue ihn weiter stumm an.
    »Okay, geht aufs Haus.«
    Ich wende meinen Blick der Dame zu und übergebe die weiteren Verhandlungen an sie. Sie sieht den Barmann an, rollt mit den Augen und sagt: »Na gut.« Und als wäre mein Party-Schutzengel genau in diesem Moment zurückgekehrt, wird auf einmal ein Platz neben mir frei. Sie klettert auf den Hocker und wirft, um mein Glück perfekt zu machen, ein weiteres Mal ihr wunderbares Haar nach hinten.
    »Mit Aperol schmeckt es einfach ganz anders als mit Campari.«
    »Ja, ganz anders.«
    Hoffentlich hört sie auf, über Cocktails zu reden. Könnte sehr peinlich für mich werden. Ich habe wirklich keine Ahnung.
    »Aber danke, dass du mir den Freidrink organisiert hast. Umsonst schmeckts schon wieder doppelt so gut, und das gleicht sich dann aus.«
    »Na dann.«
    Wieder die Haare. Wieder der kurze sanfte Luftzug in meinem Gesicht, wieder diese Ahnung von Haarshampoo mit leichter Tropenholznote. Das ist besser als jeder Campari-was-auch-immer. Wenn ich nicht genau wüsste, wie es ausgehen wird, würde ich mich sofort in sie verlieben.
    »Und, was hast du mit Dein Heiß ist mein Kalt zu tun?«, fragt sie.
    »Nichts, außer dass Frank Neumann mein Freund ist.«
    »Frank Neumann?«
    »Er war zweiter Produktions-Set-Continuity-Manager, oder so was Ähnliches. Und was hast du mit dem Film zu tun?«
    »Auch nichts. Ich hätte den Filmschnitt machen sollen, aber … na ja, lange Geschichte. Hast du Große Schafe schlafen nicht gesehen?«
    »Nein.«
    »Musst du unbedingt anschauen. Bester irischer Kinofilm seit Grün wie die Liebe .«
    »Ganz ehrlich, kann gut sein, dass ich in meinem Leben noch keinen einzigen irischen Film gesehen habe.«
    »Nicht mal O’Gradys Nichte ?«
    »Um es gleich zu sagen, ich mache überhaupt nichts mit Film.«
    »Ach so? Okay, warte, ich schreib dir fünf irische Filme auf, die du unbedingt kennen musst … Hallo! Kann ich einen Stift …? Hallo!! HALLO !!!«
    »Hier, ich habe einen.«
    »Danke.«
    Plimplam! Plimplam!
    »Mist, mein Handy … Ich muss leider mal ganz kurz verschwinden.«
    Weg ist sie.
    War bestimmt ihr Freund, der sie angerufen hat. Klar, oder? Jemand mit
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