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Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition)
Autoren: Matthias Sachau
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bisschen gern zu haben. Es ging gar nicht anders. Als er mir mit großen Augen erzählte, dass er seinen Job gekündigt und seinen Kollegen und besten Freund Elvin im Stich gelassen hat und nun dabei ist, seine eigene Firma »Adrian Adventures – ganzheitliche Teambildungsmaßnahmen« zu gründen, leuchteten seine Augen so drollig. Na ja, und als er mir am nächsten Tag einen ganzen Strauß biologisch angebauter Rosen geschickt hat, kam ich endgültig ins Schleudern.
    Tja, und jetzt bin ich jobtechnisch ins Schleudern geraten. Fast so schlimm wie Liebeskummer, finde ich. Jenny zum Beispiel. Ich kann sie, wie gesagt, überhaupt nicht leiden. Hinter ihrer öligen Stimme verbirgt sich ein triefmäuliges, machtgieriges Monster, das aus einem Stephen-King-Roman herausgesprungen sein könnte. Trotzdem, wenn ich sie am Telefon höre, jetzt, nachdem klar ist, dass wir erst mal nichts mehr miteinander zu tun haben werden, bekomme ich Heimweh. Das hätte alles nicht sein müssen, wenn ich nicht so … Aber hilft ja nichts. Ich reiße mich vom Telefon los.
    Im Radio singt Tim Bendzko Ich muss nur noch schnell die Welt retten . Ja, ich liebe das Lied. Nichts zu machen. Ich weiß, dass ich viel zu alt dafür bin, aber diese kleine singende Bohnenstange mit dem blonden Wuschelkopf und dem Dackelblick ist einfach unwiderstehlich. Und er schafft es immer, genau das zu singen, was ich denke. Als säße er in meinem Kopf. Ein Glück, dass ich kein Geld für eine Konzertkarte habe. Ich würde glatt eine kaufen. Und dann stehe ich am Ende zwischen Hunderten kreischender Teenagergören, während mein Kleinhirn in der gleichen Lautstärke »Was zur Hölle machst du eigentlich hier?« kreischt. Würde bestimmt ein super Abend.
    »Bis Gras über die Sache gewachsen ist«, hat Jenny gesagt. Wie blöd. Ich hatte mir tatsächlich Hoffnungen gemacht. Und wenn man, wie ich gerade, einen üblen Kater hat, ist es ganz doof, wenn dazu gleich noch eine Enttäuschung kommt. Vor allem, wenn es ein Kater ist, den man von dem verflixten Aperol-statt-Campari-Drink hat. Der ist anders als der Camparikater. Der Camparikater drückt nur leicht im Hinterkopf, aber der Aperolkater ist ein ganz böser. Der reitet in deiner Stirn hin und her wie ein Rudel wilder Hunnen.
    Appetit habe ich auch keinen. Und überhaupt – wie kann man die Filmpremiere von Dein Heiß ist mein Kalt nur auf einen Sonntagabend legen? Bloß weil sie den ach so angesagten Knusperclub am Samstag nicht gekriegt hätten. Schon klar, dass keiner von den ganzen Filmfuzzis heute früh aufstehen musste, aber trotzdem: Der Abend für die ganz großen Dinge ist und bleibt Samstag. Der Streifen wird floppen, das weiß ich jetzt schon. So.
    Und nun? Eigentlich ist es egal, dass ich einen Kater habe. Auch ohne Kater wäre alles wieder genauso komisch wie letzte Woche. Es ist Montag, ich durfte trotzdem so lange im Bett bleiben, bis ich mich wundgelegen habe, und nun bin ich aufgestanden und kann alles machen, was ich will. Alles, außer Filme schneiden. Dumm nur, dass das das Einzige ist, was ich jetzt gerne tun würde.
    Ja, ich mag meinen Job. Also, mochte ihn. Und selbst wenn ich ihn nicht so sehr mögen würde, allein die Aussicht auf vernünftiges Geld würde mich so schnell wieder an meine großen Schneidebildschirme rennen lassen, dass Usain Bolt mir nur noch hinterhergucken könnte.
    Irgendwo suchen sie doch bestimmt gerade verzweifelt eine erfahrene Cutterin. Und ich hab es ja nur aus Liebe zum Film gemacht, das muss ihnen doch klar sein, verdammte Hacke!
    Tim Bendzko hat fertig gesungen. Gerade als ich denke, dass sicher irgendwo eine Cutterin gesucht wird, ist mein Lieblingssong zu Ende. Das ist ein Zeichen, oder? Nicht reinsteigern, Lara. Hat doch auch was, die Situation. Ich kann tun, was ich will. Sollte doch nicht so schwer sein, das positiv zu sehen. Ich kann tun, was ich will, solange es kein Problem ist, dass gerade tausend kleine Teufel hinter meiner Stirn Samba tanzen und jederzeit das blöde Hotelhandy klingeln kann. Das ist doch großartig! Haha!
    Nein, jetzt mal im Ernst. Jenny hat recht. Vielleicht ist früher Gras über die Sache gewachsen, als ich mir vorstellen kann. Und ich habe zwar trotz meiner 31 Jahre immer noch keine Ahnung, was das Wort »Geduld« überhaupt bedeutet, aber ich könnte mir doch einfach mal vorstellen, dass es bedeutet, dass … dass ich jetzt nicht mehr nachdenke und ganz entspannt mit meinen Kopfschmerzen und meinem Hotelhandy, das »Plimplam!
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