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Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Titel: Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
Autoren: Alexandra Marinina
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sich der bewaffnete Täter befand, schien es still zu sein. Auf Zehenspitzen näherten sich die Beamten dem Zimmer, die Maschinenpistolen im Anschlag.
    * * *
    »Anton, geht es dir nicht gut? Was ist los mit dir? Antworte mir, Anton«, rief Nastja in den Hörer.
    Vor ihr auf dem Schreibtisch tauchte ein Zettel auf.
    Sie sind bereits dort.
    Anton antwortete nicht, sie hörte nicht einmal mehr seinen Atem. Nur das aufsässige, nervenaufreibende Geräusch des Elektrobohrers erreichte sie durch die Leitung.
    Sollte er etwas bemerkt und sich vom Telefon entfernt haben? Vielleicht stand er an der Tür und wartete, um dann auf die Beamten zu schießen, die in seine Wohnung eingedrungen waren. Er war allein, sie waren zu zweit, aber er befand sich in einer viel günstigeren Ausgangsposition.
    »Anton! Anton, antworte mir. Was ist mit dir, Anton?«, rief Nastja erneut und stellte sich dabei das Zimmer mit der Tür zum Flur vor.
    Ihr war, als könnte sie sehen, wie Anton hinter dieser Tür stand und sich von der anderen Seite die Beamten näherten, und alles hing nur davon ab, wer zuerst schießen würde und mit welcher Treffsicherheit.
    »Anton! Anton!«
    »Hallo!« antworte eine fremde Stimme. »Ist dort die Kamenskaja?«
    »Ja.«
    »Hauptmann Strygin.«
    »Vitja? Was passiert bei euch?«
    »Aus.«
    »Was ist aus?«
    »Er ist tot.«
    »O mein Gott! Bist du sicher? Vielleicht hat er nur das Bewußtsein verloren.«
    »Kein Puls, die Pupille reagiert nicht. Selbst wenn er nur klinisch tot sein sollte, würde er den Transport bis zum nächsten Krankenhaus nicht überleben.«
    »Und Larisssa?«
    »Es scheint, daß sie noch lebt. Ein richtiges Blutbad ist das hier. . .«
    »Vitja. . .«
    »Ja?«
    »Hat er . . . hat er sich erschossen?«
    »Nein. Aber er hatte es vor. Er hat einen Revolver in der Hand. Wahrscheinlich hat das Herz versagt. Sag doch bitte mal Bescheid, damit die da oben endlich den Bohrer abstellen. Hier wird man verrückt, selbst ein Mensch mit gesunden Nerven hält das nicht aus.«
    Nastja legte den Hörer langsam auf die Gabel. Sie hatte ihn fast zwei Stunden in der Hand gehalten, ein Wunder, daß der Kunststoff nicht mit ihrer Hand verschmolzen war.
    »Das war es also«, sagte sie mit einem leisen Seufzer, während sie sich auf dem Stuhl ausstreckte, den Kopf an die Wand lehnte und die Augen schloß. »Das war es.«
    Der neben ihr stehende Gordejew nahm einen Stuhl und setzte sich rittlings darauf.
    »Ich kenne dich, Nastja, darum sage ich es dir gleich. Komme nicht auf die Idee, dir Vorwürfe zu machen. Du hast alles getan, was du tun konntest, und noch mehr. Niemand außer dir hätte ihn so lange am Telefon festhalten können. Immerhin hat er sich ja nicht erschossen, und wenn sein Herz nicht versagt hätte, hätten die Jungs ihn festgenommen. Du bist ein kluges Mädchen, du hast alles richtig gemacht. Wir haben eben Pech gehabt.«
    »Ja, Pech gehabt«, wiederholte Nastja mechanisch.
    Sie fuhr nach Hause und verkroch sich sofort ins Bett. Ljoscha versuchte, etwas von ihr zu erfahren, aber sie hatte weder Lust noch Kraft zum Sprechen.
    »Morgen, Ljoscha, morgen«, murmelte sie, während sie sich zur Wand drehte und zu einem Knäuel zusammenrollte. »Ich kann jetzt nicht sprechen.«
    Am nächsten Tag rief sie sofort nach dem Aufstehen in der Petrowka an und erkundigte sich nach Larissa. Leider hatte man das Mädchen nicht mehr retten können, es hatte zuviel Blut verloren.

EPILOG
    Für den Juli hatten die Meteorologen vierzig Grad Hitze vorhergesagt, und es sah ganz so aus, als würde sich diese Vorhersage bestätigen.
    Seit jenen Ereignissen, die Valerij Turbins Leben einschneidend verändert hatten, waren anderthalb Monate vergangen. Die Ärztin hatte recht gehabt, er begann tatsächlich, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Er leerte mehrmals am Tag die Bettpfanne, lief auf der Suche nach Medikamenten von Apotheke zu Apotheke, wusch Bettlaken und kochte der Mutter passierte Suppen, die sie leichter schlucken konnte als feste Nahrung. An seiner Dissertation schrieb er nachts, weil das Stöhnen seiner Mutter in der nächtlichen Stille besonders laut zu hören war und ihn nicht schlafen ließ. Meistens schlief er in der zweiten Tageshälfte, ab vier Uhr nachmittags, wenn das Stöhnen der Mutter fast ganz unterging in der gewohnten Geräuschkulisse aus Straßenlärm und dem Brodeln in den Nachbarwohnungen.
    Gelegentlich rief er Katja Golowanowa an. In der letzten Woche hatte sie ihm erzählt, daß Elja kurz
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