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Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Titel: Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
Autoren: Alexandra Marinina
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ab, um das Gehalt zu kassieren. Ich bin wirklich ein Pechvogel.«
    Als Nastja zur Petrowka zurückgekommen war, hatte sie ihrem Chef, Oberst Gordejew, von ihrer soeben geführten Unterhaltung erzählt.
    »Da haben wir’s!« hatte Gordejew feierlich ausgerufen. »Was habe ich dir gesagt?«
    »Was haben Sie mir denn gesagt?« hatte Nastja verwirrt gefragt, nicht begreifend, was Viktor Alexejewitsch an ihrer Erzählung so beseelt hatte.
    »Ich habe dir gesagt, daß die stärkste Waffe eines Ermittlers sein Ruf ist. Nicht seine Schießkunst, nicht seine schnellen Beine, nicht der schwarze Karategürtel, sondern nur der Ruf. Du bist mein stilles kleines Mädchen, niemand sieht, niemand kennt dich, du sitzt in deinem Büro und machst Auswertungsarbeit für mich. Aber unsere Ganoven machen sich Gedanken über dich. Das heißt, daß du für sie interessant bist, daß sie dich für gefährlich halten. Und wenn du das in ihren Augen bist, dann bist du es auch wirklich. Merk dir, Nastja, ein Ermittler, von dem die Verbrecherwelt nichts weiß, ist ein schlechter Ermittler. Denn wenn er von den Kriminellen nicht zur Kenntnis genommen wird, heißt das, daß sie ihn für uninteressant halten. Und wenn sie ihn für uninteressant halten, haben sie auch keine Angst vor ihm. Verstehst du jetzt?«
    »Lassen wir das, Viktor Alexejewitsch«, hatte Nastja mit einer müden Handbewegung abgewunken. »Ich bin keine Ermittlerin, ich bin Auswerterin. Das ist lächerlich.«
    »Lach nur, lach nur«, hatte der Oberst gutmütig erwidert. »Wir werden sehen, wie lange du noch etwas zum Lachen haben wirst.«
    Diese Unterhaltung hatte vor vier Tagen stattgefunden, und zu diesem Zeitpunkt hatte Nastja noch nicht geahnt, wie recht ihr Chef behalten würde. Und auch heute, am Vortag ihrer Hochzeit, kam ihr keinen Augenblick lang der Gedanke in den Sinn, daß man in kriminellen Kreisen mehr von ihr wissen könnte als nur ihren Namen. Arglos saß sie in ihrem Büro in der Petrowka 38 und sortierte systematisch die Papierberge, die sich in ihrem Safe und in den Schubladen ihres Schreibtisches angehäuft hatten.
    Gegen halb acht rief ihr Stiefvater an.
    »Was ist, Kind, kommst du nachher mit zum Flughafen, deine Mutter abholen?«
    Nastja druckste herum. Sie hatte ihre Mutter schon einige Monate nicht mehr gesehen, aber morgen würden sie sich ja ohnehin treffen. Und im Moment hatte sie noch so viel zu tun. . .
    »Ich habe schon verstanden«, sagte der Stiefvater trocken. »Du bist, wie immer, schwer beschäftigt.«
    »Bitte, Papa«, entgegnete sie mit flehentlicher Stimme. »Ich muß hier vor dem Urlaub noch alles in Ordnung bringen. Du weißt doch, wie es ist.«
    »Natürlich weiß ich es«, sagte Leonid Petrowitsch begütigend. »Zum Glück hattest du wenigstens Verstand genug, Urlaub zu nehmen. Laß es gut sein, ich fahre allein.«
    »Danke Papa«, erwiderte Nastja gerührt. »Wir sehen uns morgen.«
    Mein Gott, wieviel Glück sie im Leben hatte! Ihr Stiefvater, den sie, seit sie sich erinnern konnte, Papa nannte, verstand sie immer aufs erste Wort, da er selbst viele Jahre als Kriminalist gearbeitet hatte. Mit ihrem Chef hatte sie in den vielen Jahren, seit sie in der Petrowka arbeitete, nie irgendwelche Probleme gehabt. Und Ljoscha, der sie nicht nur liebte, sondern auch in- und auswendig kannte, hatte in all den Jahren nie etwas getan, das sie verletzte. Allerdings hatte es einige Zeit gedauert, bis sie begriffen hatte, daß es genau das war, worauf es in Beziehungen zwischen Menschen ankam und nicht etwa auf wilde Leidenschaft und ähnlichen Unsinn. Als ihr diese Wahrheit endlich aufgegangen war, hatte sie sofort zugestimmt, ihn zu heiraten. Aber es hatte sich als unmöglich erwiesen, das jemandem zu erklären. Nach außen hin sah es so aus, als würde sie ihn nur deshalb heiraten, weil er ihr einen Computer geschenkt hatte. Sogar Jura Korotkow, der Arbeitskollege, der ihr am nächsten stand, konnte sie nicht verstehen.
    »Ljoscha hat ein ansehnliches Honorar für ein Lehrbuch bekommen und mir, ohne ein einziges Wort zu sagen, einen Computer gekauft«, hatte Nastja zu erklären versucht. »Und dann hat er mich von der Bushaltestelle abgeholt und mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, irgendwo am Mittelmeer Urlaub zu machen. Verstehst du? Bei mir zu Hause steht bereits der ausgepackte Computer, aber er spaziert neben mir auf der Straße und fragt, ob wir das Geld, das er bekommen hat, nicht für eine Urlaubsreise ausgeben sollen.«
    »Und wenn du nun
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