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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys
Autoren: Neil Gaiman
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wir dringend sprechen?«
    »Nichts.«
    »Warum stehen wir dann hier draußen? Du hast sie doch gehört. Sie hasst ihn. Wir hätten sie nicht zusammen allein lassen dürfen. Womöglich hat sie ihn inzwischen umgebracht.«
    Daisy sah ihn m it einem Gesichtsausdruck an, wie ihn Jesus gezeigt haben könnte, nachdem einer der zu beköstigenden Fünftausend ihm erklärt hat, er sei wahrscheinlich gegen Brot und Fis c he allergi s ch und könne Er, Jesus, ihm nicht viel le icht schnell einen Hühnersalat machen: Es lag Mitleid in diesem Gesichtsausdruck, ein fast grenzenloses Mitgefühl.
    Sie legte einen Fing e r auf die Lippen und zog ihn zurück zur Tür. Er blickte ins Kranken z immer. Es sah nicht so aus, als würde Rosie Spider u m bringen. Eher im Gegenteil.
    »Oh«, sagte Charlie.
    Sie küsst e n sich. Nun, wenn man es so ausdrückt, kann man keinem Leser einen Vor w urf machen, wenn er sich einen normalen Kuss vorstel l t, unter Beteiligung von Lippen, Haut und vielleicht s ogar ein bisschen Zunge. Ihm würde dann aber en t g ehen, w i e Spider lächel t e , wie seine Augen funkelten. Und wie er dann stand, als der Kuss zu Ende war, wie ein Mann, der soeben die Kunst des Stehens entdeckt hat und diese nun besser beherrscht als jeder andere, der sich daran versuchen wollte.
    Als Charlie seine Aufmerksa m keit wieder in den F l ur zurück richtete, fand er Daisy im Gespräch mit mehreren Ärzten und dem Polizeibeamten, m it dem sie am Abend zuvor das Vergnügen gehabt hatten.
    »Nun, dass er ein schlechter Mensch ist, das haben wir uns von A n fang an gedacht«, s a gte der Polizeibea m te gerade zu Daisy. »Ich mein, o ffen gesagt, ein solches Verhalten erlebt man nur bei Ausl ä ndern. Die Einhei m ischen, die würden so etwas ein f ach nicht t un.«
    »Selbstverständlich nicht«, sagte Daisy.
    »Sehr, sehr dankbar«, sagte der Polizeichef und k l opfte Daisy dabei auf eine Weise auf die Schulter, dass sie schwer an sich halten musste, um nicht zu platzen. »Diese kleine Lady hat d e r anderen Dame das Leben gerettet«, teilte er Charlie m it, nicht ohne i h m zur Sicherheit auch noc h eine n gönnerhafte n Klap s a u f di e Schulte r mitzugeben, bevor er mit den Ärzten durch den Flur davonging.
    »Also, was liegt an?«, fragte Charlie.
    »Tja, Graha m e Coats ist tot«, sagte sie. »Mehr oder weniger. Und für Rosies Mutter besteht auch kaum noch Hoffnung.«
    »Verstehe«, sagte Charlie. Er dachte nach. Bald war er fertig m it Nachdenken und t raf einen Entschluss. Sagte:
    »Hast du was dagegen, wenn ich ma l kurz m it meinem Bruder p l audere? Ich glaube, er und ich haben etwas zu besprechen.«
    »Ich gehe jetzt sowieso zurück ins Hotel. Ich will meine E-Mails durchsehen. Werde m i ch wahrscheinlich am Telefon sehr ausführlich entschuld i gen m ü ssen. Mal gucken, ob ich noch eine berufl ic he Zukunft habe.«
    »Aber du bist doch eine Heldin, oder?«
    »Ich glaube nicht, dass es das ist, wofür ich bezahlt werde«, sagte sie etwas matt. »Komm und triff m ich im Hotel, wenn du fertig bist.«
    Spider und Charlie spazierten im m o rgendlichen Sonnenschein über die Hauptstraße von Willi a m stown.
    »Weißt du, das ist wirklich ein guter Hut«, sagte Spider.
    »Glaubst du wirklich?«
    »Ja. Kann ich ihn mal aufprobi e r en?«
    Charlie gab Spider den grünen Filzhut. Spider setzte ihn auf, begu t achtete sein Spieg e lbild in einem Lade n f enster.
    Er verzog das Gesicht und g a b Charlie den Hut zurück.
    »Na ja«, sagte er enttäuscht, »bei dir sieht er jedenfalls gut aus.«
    Charlie setzte seinen Hut wieder auf. Manche Hüte können nur getragen werden, w e nn ma n den Mut zur Keckheit hat, den Hut ein bisschen sch i ef aufsetzt und darunter so beschwingt einherschreitet, dass es so aussieht, als würde man gleich anfangen zu tanzen. Sie verlangen viel von i h rem Träger. Dieser Hut war so einer, und Charlie war ihm gewachsen. Er sagte: »Rosies Mutter liegt im Sterben.«
    »Ja.«
    »Ich habe sie wirklich echt nie ge m o cht.«
    »Ich kann t e sie nicht so gut wie du. Aber hätte ich mehr Zeit gehabt, ich bin sicher, ich hätte sie auch nicht ausstehen könn e n.«
    Charlie sagte: »Wir m ü ssen versuchen, ihr das Leben zu retten, nicht?« Er sagte es ohne Begeisterung, wie je ma nd, der darauf hinweist, dass es mal wie d er Zeit sei, z u m Zahnarzt zu gehen.
    »Ich glaube nicht, dass wir solche Sachen tun können.«
    »Dad hat so etwas für Ma m a ge m a cht. Danach ging es ihr besser, für eine Weile
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