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An hoechster Stelle

An hoechster Stelle

Titel: An hoechster Stelle
Autoren: Jack Higgins
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kennen, einen Baronet und ehemaligen Oberstleutnant der Scots Guards, der Präsident einer Handelsbank war, die enge Geschäftsbeziehungen mit ihrem Vater unterhielt.
      Sie verliebte sich auf den ersten Blick in ihn und ihm erging es nicht anders. Allerdings gab es einen kleinen Wermutstropfen: Sir Roger war zwar unverheiratet, doch fünfzehn Jahre älter, und dieser Unterschied erschien ihr damals einfach zu groß.
      Verwirrt und ziemlich ratlos, auch hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft, kehrte sie nach Amerika zurück. Das Geschäftsleben fand sie wenig anziehend, und vom akademischen Getriebe hatte sie genug. Natürlich gab es unzählige junge Män ner, die ihr den Hof machten, schon allein wegen des enormen Reichtums ihres Vaters, aber keiner gefiel ihr; dagegen blieb sie mit Roger Lang, den sie einfach nicht vergessen kannte, weiterhin in Verbindung und telefonierte jede Woche mit ihm.
      Eines Tages, als sie und ihr Vater das Wochenende in ihrem Strandhaus in Cape Cod verbrachten, sagte sie beim Frühstück: »Daddy, sei mir nicht böse, aber ich denke daran, nach England zurückzugehen… und zu heiraten.«
      Er schaute lächelnd von seiner Zeitung auf. »Was meint denn Roger Lang dazu?«
      »Verdammt, du hast es gewusst!«
      »Schon seit du aus Oxford zurückgekommen bist. Ich habe mich bloß gefragt, wann du endlich zur Besinnung kommst.«
      Sie schenkte Tee ein, wie sie es sich in England angewöhnt hatte, und gestand. »Er weiß es noch gar nicht.«
      »Dann schlage ich vor, du fliegst nach London und erzählst es ihm«, entgegnete er trocken, ehe er sich wieder in seine New York Times vertiefte.

      Und so begann für Helen Darcy ein neues Leben als Lady Helen Lang, abwechselnd in einem Haus in der South Audley Street und Compton Place, dem Landsitz am Meer im nördlichen Norfolk. Nur eines trübte ihr Glück: Sie wünschte sich sehnlichst ein Kind. Als sie nach mehreren Fehlgeburten endlich im Alter von dreiunddreißig Jahren ihren Sohn Peter zur Welt brachte, erschien es ihr wie ein Wunder.
      Peter bedeutete für sie eine weitere große Freude in ihrem Leben und sie kümmerte sich um ihn genauso intensiv wie ihr Vater damals um sie. Ihr Ehemann willigte ein, dass Peter zunächst für ein paar Jahre ein amerikanisches College besuchte, doch als Erbe des Titels musste er danach traditionsgemäß seine Ausbildung in Eton und an der Militärakademie von Sandhurst beenden. Peter war das sehr recht gewesen, denn er hatte immer nur den einen Wunsch gehabt – Soldat zu werden, wie
    alle seine Vorfahren.
      Nach Sandhurst trat er in die Scots Guards ein, das alte Regiment seines Vaters, und da er das Talent seiner Mutter für Sprachen geerbt hatte, wechselte er ein paar Jahre später zum SAS, dem Special Air Service, eine auf Geheimoperationen spezialisierte Einheit. Er tat Dienst in Bosnien und im Golfkrieg, wo er wegen eines geheimen Einsatzes hinter den irakischen Linien mit dem Militärverdienstkreuz ausgezeichnet wurde; und in Irland, dem ständigen Unruheherd, wurde er natürlich ebenfalls eingesetzt. Neben seiner Sprachbegabung hatte er ein besonderes Gespür für Dialekte. Er sprach nicht mit einem gekünstelten irischen Akzent, sondern genau so, als stamme er aus Dublin, Belfast oder South Armagh, wodurch er besonders geeignet war für verdeckte Einsätze im Kampf gegen die IRA.
      Da sein Leben sehr aufreibend war, spielten Frauen darin nur eine untergeordnete Rolle. Hin und wieder gab es mal eine Freundin, doch zu mehr hatte er einfach nicht die Zeit. Helen hatte beständig Angst um ihn, aber sie ertrug diese Belastung, wie es sich für die Frau und Mutter eines Soldaten gehörte – bis zu diesem schrecklichen Sonntag im März 1996, als das Telefon in der South Audley Street läutete. Ihr Ehemann hob ab, legte nach wenigen Worten langsam den Hörer wieder auf und wandte sich mit aschfahlem Gesicht um.
      »Er ist tot«, sagte er einfach. »Peter ist tot.« Dann sank er in einen Sessel und weinte hemmungslos, während sie seine Hand hielt und stumm ins Leere starrte.

      Wenn es einen Menschen gab, der an diesem regnerischen Tag auf dem Friedhof der Dorfkirche von Compton
      Lady Helens Leid verstand, dann war es ihr Chauffeur Hedley Jackson, der in seiner makellosen grauen Uniform hinter ihr stand und einen großen Regenschirm über sie und Sir Roger hielt.
      Hedley war ein Meter zweiundneunzig groß und kam ursprünglich aus Harlem. Im Alter von achtzehn
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