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An die Empoerten dieser Erde

An die Empoerten dieser Erde

Titel: An die Empoerten dieser Erde
Autoren: Stéphane Hessel
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gibt, die das nicht zulassen will, und
     das sind die Vereinigten Staaten. Wir hatten so gehofft, dass die Wahl Barack Obamas ein neues Amerika bringen würde, bisher wurde aber diese Hoffnung
     enttäuscht.
    R.M.: Die Politik Barack Obamas war für die Palästinenser trotz seiner großen Rede, die er 2009 in Kairo hielt, enttäuschend. Obama sagte noch im Mai 2011 aus Anlass des Arabischen Frühlings, dass der Wandel in den arabischen Ländern nicht verneint werden könne, aber außen vor blieb wieder Palästina. Mit Bezug auf die UNO-Kandidatur Palästinas sprach er von einer einseitigen, Israel in die Ecke drängenden Politik. Wie lange kann Palästina als Volk und Staat und wie lange soll die »Nakba«, die Katastrophe von 1948, wie es die palästinensischen Flüchtlinge nennen, noch geleugnet werden? Das Wort »Nakba« bezeichnet das Schicksal von rund 750 000 Palästinensern, die zum größten Teil vertrieben wurden und nicht, wie es die offizielle Version Israels will, freiwillig über die Grenzen gingen. Was palästinensische Historiker wie Elias Sanbar, mit dem Sie vor kurzem ein Gespräch führten, 46 oder Whalid Khalidi 47 in ihren Werken zur Zerstörung oder Räumung von mehreren Hunderten palästinensischen Dörfern und ganzen Stadtteilen vor und während des israelisch-arabischen Krieges von 1948 immer hervorhoben, nämlich dass es nicht um eine freiwillige Flucht der Palästinenser ging, bestätigen die Vertreter der Neuen israelischen Historiker.
    S.H.: Ja, Ilan Pappe 48 in seinem Buch Die ethnische Säuberung Palästinas .
    R.M.: Oder auch Benny Morris 49 in The Birth of the Palestinian Refugee Problem Revisited . Beide historischen Werke unter mittlerweile zahlreichen anderen israelischer Herkunft arbeiten dieses Kapitel der Geschichte minutiös auf. Der Außenminister und Siedler Avigdor Lieberman, der die israelischen Palästinenser als »Fünfte Kolonne« bezeichnete und von ihnen verlangte, einen Loyalitätsschwur auf den jüdischen Staat abzulegen, und seine Partei Israel Beitenu haben versucht, das Gedenken an die Nakba unter Strafe zu stellen. Ist die Anerkennung der Nakba seitens Israels aber nicht eine Voraussetzung für die Versöhnung zwischen Palästinensern und Israelis?
    S.H.: Ja, Sie haben ganz recht. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Für mich sah es damals so aus, dass die Teilung 1947/48 gerecht vonstattenging. Heute aber ist die Anerkennung der Nakba sehr wichtig. Schlimmes anzuerkennen, das in der Geschichte geschah, ist immer wichtig. Man muss die Nakba anerkennen und zugeben. Aber wir können die Situation nicht völlig gutmachen. Es gibt keine Möglichkeit nach der Nakba, alle palästinensischen Flüchtlinge wieder nach Israel zu bringen. Das wäre irgendwie eine falsche Lösung. Wir brauchen einen Staat Israel. Aber wir können wenigstens darauf bestehen, dass auch Gerechtigkeit für die Palästinenser geschehe, dass also die Nakba als eine schlimme Station ihrer Geschichte anerkannt wird. Man muss alles tun, um eine Lösung für die Flüchtlinge zu finden, die ihnen die Möglichkeit gibt, wieder in Würde zu leben und Respekt zu gewinnen. Deshalb ist es notwendig, dass das internationale Recht als Ausgangslage für Verhandlungen verstanden wird. Die Resolutionen des Sicherheitsrats über Palästina müssen anerkannt werden. Sie sehen ja auch vor, dass die Flüchtlinge entschädigt werden müssen, sie behaupten aber nicht, dass alle zurücksollen. Das Wichtige ist, dass wenigstens der Staat Palästina so aussehen wird, wie wir es uns damals gewünscht haben und wie es in den Resolutionen des Sicherheitsrates niedergelegt ist: Ostjerusalem als Hauptstadt und die Grenzen innerhalb der Linien von 1967. Das sind die Hauptpunkte. Obama hat sich schon irgendwie, wenn auch sehr zögerlich, dafür engagiert. Aber die Frage ist, wie kann er das erreichen, wenn er nicht strenger mit der Regierung Israels umgeht …
    R.M.: … und dabei auch die Siedlungspolitik verurteilt …
    S.H.: … nicht wahr? Also, das ist es, was uns im Augenblick fehlt. Dafür müssen wir uns jetzt einsetzen.
    R.M.: Sie führen den Nahostkonflikt immer wieder auf das Jahr 1967 zurück beziehungsweise auf den Sechs-Tage-Krieg. Die Nakba und das daraus entstehende Flüchtlingsproblem, das noch heute seine Wunden schlägt, ist aber,wie wir soeben besprochen haben, eine Folge der Auseinandersetzung bereits vor und während des ersten israelisch-arabischen Krieges von 1948.
    S.H.: Ja.
    R.M.: Ich habe den Eindruck,
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