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An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)
Autoren: Antje Ippensen
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hegte … denn sie war es gewesen, die ihn daran gehindert hatte …
    „Das bedeutet, Varian, dass ich etwas tue, woran du gar nicht glaubst“, sagte Casimiria mit bereits schwächer werdender Stimme. „Ich gebe all meine empathische Kraft an sie weiter, damit sie lebt. Denn diese Art von Zuwendung heilt.“
    Damit SIE lebt! Varians hübsche Augenbrauen zogen sich finster zusammen, und er umklammerte das Glas so fest, als wollte er es zerdrücken. Wann immer er an das verfluchte Alien dachte, drohte er die Beherrschung zu verlieren.
    Plötzlich verstand Varian, was geschah, und er sprang mit einem erstickten Aufschrei vor, aber Lara hielt ihn mit starkem Arm zurück. Ja, genau so war es gewesen, damals …
    Hinz hatte die Mini-CD seines unverwüstlichen Musik-Comps gewechselt, und nun dröhnten THE DOORS mit „Riders on the Storm“ durch die Kellerkneipe, und der Lärmpegel war sowieso schon hoch – aber Varian war plötzlich wie taub. Nur ein penetrantes Summen tönte in seinen Ohren, während der Hass auf das Alien wellenförmig durch seinen Magen schoss. Auch das kannte er schon, aber heute war es schlimmer als sonst.
    Auf einmal fühlte er einen heftigen, betäubenden Schmerz in seinem Kreuz und fuhr herum; ein Billardqueue war ihm zwischen die Rippen gejagt worden, und der Übeltäter glotzte ihn bloß an. Katzengleich glitt Varian von seinem Hocker, sein Gesicht straffte sich, die Lippen wurden zu unheilvollen dünnen Strichen.
    „Tsch-tsch-tsorry!“, stammelte der ungeschickte Spieler, während Varian ihn durchbohrend anstarrte und seine grünen Augen noch kälter wurden als ohnehin schon. Verdammt, der Kerl war ungefähr einen halben Kopf größer als er und stark gebaut, aber er wich vor Varian zurück wie vor dem leibhaftigen Teufel. Und dann kam seine hastige winkende Handbewegung zu Hinz. Der nickte und goss ein neues Glas mit Whisky voll; das war die Sühne, die der bleiche, mondgesichtige, schrankähnliche Billardspieler zu zahlen bereit war; und das nur, weil Varian einen so überragenden Ruf genoss. Die Lippen des jungen, dunkelgekleideten Mannes verzogen sich zu einem humorlosen Lächeln, und er registrierte auch, dass um sie herum alles verstummt war. Es war, als sei er ein Schwarzes Loch, und so gefiel es ihm.
    Erst als er das gespendete Glas hob und dem Übeltäter zutrank, löste sich die Spannung im Raum, und das Geschrei und Gemurmel setzte wieder ein.
    Varian hatte eigentlich vorgehabt zu gehen … aber da ihm nun ein Drink ausgegeben worden war, blieb er eben noch. Sowieso hing er ganz gerne hier herum. Heute war keine Nacht für Aufträge, doch das störte ihn nicht; er hatte sein Schäfchen im Trockenen. Er ging selten woandershin als ins „Senkblei“. Er war anders als die übrigen Gauner und Gangster, die sich nur noch selten ans Licht trauten; er hatte sogar ein prachtvolles Loft in einem der neuen Wohntürme … aber hier unten fühlte er sich wohl. Besonders gefiel ihm, dass ihm alle anderen solchen Respekt entgegenbrachten. Es war wohl nicht übertrieben zu sagen, dass man ihn fürchtete.
    In dem vergangenen Jahr war Varian zum Mann geworden. Genauer gesagt: zu einem überaus begabten Auftragskiller.

Abschnitt C
     
    „Also, nochmal: Du redest nur, wenn sie dich anspricht, klar?“, schärfte Buzz dem Neuen ein. „Sie ist eine ehrwürdige alte Dame und legt sehr großen Wert auf Respekt.“
    „Verstanden“, nickte der Angeredete. Er war nervös, versuchte das aber zu verbergen – er schob das ungute Gefühl in seinem Magen lieber auf die sausende Abwärtsbewegung des Fahrstuhls, in dem Buzz und er sich befanden.
    Zwei junge, unauffällig-modisch gekleidete Männer, deren glattrasierte Gesichter frisch und sympathisch wirkten, auf dem Weg in das funkelnagelneue Hauptquartier der ZSW. Es lag unterirdisch, natürlich; alle Quartiere der Organisation waren bunkerähnliche Anlagen unter der Erdoberfläche gewesen. Doch noch nie zuvor hatte man es für nötig befunden, sich so tief im Erdinneren anzusiedeln.
    Die Veränderungen, dachte der Neue, daran liegt es. die Augenwelt hat sich verändert, und die Organisation weiß nicht mehr, woran sie ist. Darum der Drang, sich immer besser zu verstecken … Dies schien ein fast ketzerischer Gedanke zu sein, und er war ziemlich erschrocken über sich selbst. Im Grunde wusste er noch viel zu wenig, um derart kühne Theorien aufstellen zu können; er war ein Neuling, besaß noch nicht einmal einen Namen. Wenn man ihn für würdig
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