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Amore siciliano

Amore siciliano

Titel: Amore siciliano
Autoren: Luzie Bronder
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das Haar, dann ging er wieder rüber in sein offizielles Zimmer. Ich sah ihm skeptisch nach. Hoffentlich gewöhnte er sich schnell ein. Eigentlich war er ein recht offener Mensch, aber die Sprachbarriere zu den Einheimischen würde ihm sicher zu schaffen machen. Denn wenn er mit Dieter zusammen die Interviews führen sollte, wie es bislang geplant war, dann müsste er den Großteil der Zeit Englisch sprechen, in der Hoffnung, dass die Gesprächspartner dann auch alles richtig auffassten. Ach was, er bekam das schon hin. Bloß nicht verunsichern lassen, war die Devise.
    Ich jedenfalls war fest entschlossen, jeden einzelnen Drehtag in Italien zu genießen!
     
    Als wir uns pünktlich um zwei Uhr in der Bar trafen, war diese eigentlich noch geschlossen, sie öffnete erst am späten Nachmittag, erklärte uns Michele. Aber für unsere Besprechung machte er eine Ausnahme. Dann war das also eine Besprechung, als er vorhin mit dem älteren Herrn Wein getrunken hatte, dachte ich, oder der Mann gehört auch noch zur Familie.
    Neben den Touristen kamen vor allem die Bauern der umliegenden Höfe abends auf ein Glas Wein in die Bar des Gutes I Moresani. Die de Vivos servierten hier zum Wein auch kleine Speisen wie Antipasti, Bruschetta und Obst. Im hinteren Bereich des Hauses lagen noch der Frühstücksraum für die Übernachtungsgäste und ein Restaurant, auf dessen Speisekarte sich neben hausgemachter Pasta viele Meeresfrüchtegerichte sowie, zu unserer Freude, vegetarische Kost fanden.
    »Ihr müsst heute Abend unbedingt Nonna Margheritas pesce spada probieren«, erklärte uns Michele, als er sah, wie wir neugierig die Speisekarte durchblätterten. »Mein Bruder hatte gestern einen hervorragenden Fang. Niemand kennt Nonnas geheime Gewürzmischung, aber ihr Schwertfisch schmeckt einfach delizioso!«
    Ich hatte schon gelesen, dass Sizilien eine von Agrarwirtschaft und Fischerei geprägte Insel war. Im Mittelmeer sollte es an die fünfhundert Fischarten geben. Aber als Vegetarierin wollte ich konsequent sein und würde mich daher auf die fischfreien Speisen konzentrieren. Meine Mutter würde sich die Haare raufen, wenn sie wüsste, dass ich den ach so gesunden Fisch verschmähte. Sie hatte nie Verständnis für mein neues Essverhalten gehabt,es erschien ihr zu radikal. Dabei war ich im Gegensatz zu Malte noch sehr inkonsequent. Malte aß nur selten Eier und achtete bei Milch- und Fertigprodukten streng auf Herkunft und Zutaten. Ich hingegen hatte mich schon ein paarmal dabei erwischt, auf einer Party Gummibärchen gemampft zu haben, ohne vorher zu fragen, ob sie mit Gelatine aus tierischem Knochenmark hergestellt waren. Es war schwer, gegen den Strom zu schwimmen, ohne auf Partys an einer Karotte zu knabbern, während die anderen sich die Bäuche vollschlugen. Und erst die Sprüche, die man sich anhören musste, wenn man auf einem Grillfest bei Maiskolben und Salat blieb: »Du isst den armen Tieren ja die Nahrung weg« zum Beispiel, oder: »Vegetarier haben Eisenmangel und schlechte Zähne.« Ich hatte jedoch blendend weiße Zähne und überhörte die meisten dieser Bemerkungen. An gelegentlichem Appetit auf Salamipizza änderte das leider nichts, dagegen halfen nur Disziplin und das Bild einer friedlich grasenden Kuh.
    Einem alten Sizilianer würde man allerdings nur schwerlich erklären können, warum man auf den Verzehr vom Fisch der Großmutter verzichtete, darum nickte ich Michele höflich zu.
    »Wir werden hier sicher sehr gutes Essen bekommen«, war auch Ole überzeugt, und unser Wirt bekräftigte: »Ma certo! Das allerbeste.«
    »Vor allem ökologisch korrektes Essen«, ergänzte Malte. »Hier muss ich mir wenigstens keine Gedanken darum machen, woher das Gemüse und die Eier stammen, sondern kann sehen, wo der Salat wächst. Und denHahn habe ich auch schon krähen gehört: Von Hühnern, die im Freien leben, esse ich auch gern mal ein Ei.«
    »Hauptsache, et schmeckt!«, meinte Dieter. »Alles andere is mir wurscht.«
    Tja, so unterschiedlich gingen wir also alle an dieses Projekt heran. Während Malte und ich uns über garantiert einwandfreien Anbau und kurze Lieferwege der Lebensmittel freuten, ging es Dieter und Ole eben mehr um die kulinarischen Genüsse.
    Welche Historie das Getreide für die Biscotti aus der Tüte hatte, die uns Michele zu unserem Kaffee servierte, mochte allerdings selbst Malte nicht hinterfragen. Alles kann selbst ein Vegetarier nicht überprüfen.
    Die Sizilianer jedenfalls lieben ihre Küche und
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