Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost
Autoren: Michael Robotham
Vom Netzwerk:
maßgeschneiderte Hose und eine weiße Bluse, die das kleine goldene Medaillon an ihrem Hals hervortreten lässt.
    Ali war die jüngste Mitarbeiterin im Dezernat für schwere Gewaltverbrechen, und wir haben gemeinsam am Fall Mickey Carlyle gearbeitet. Sie hat das Zeug zu einem großen Detective, aber Campbell hat sich geweigert, eine Beförderung zu empfehlen.

    Inzwischen arbeitet sie beim Personenschutz für das diplomatische Corps, passt auf Botschafter und andere Diplomaten auf und beschützt Zeugen. Vielleicht ist sie deswegen hier – um mich zu beschützen.
    Als wir den Parkplatz verlassen, sieht sie mich im Rückspiegel an und wartet auf ein Zeichen des Wiedererkennens.
    »Erzählen Sie mir etwas über sich, Detective Constable.«
    Eine kaum merkliche Falte bildet sich über ihrer Nase. »Ich heiße Alisha Barba. Ich arbeite beim Personenschutz für das diplomatische Corps.«
    »Sind wir uns schon einmal begegnet?«
    »Ähm – also – ja, Sir, Sie waren mal mein Chef.«
    »Na, da schau her! Das ist eines der drei großartigen Dinge an einer Amnesie: Man kann nicht nur seine Ostereier selbst verstecken, sondern trifft auch noch jeden Tag neue Leute.«
    Nach einer langen Pause fragt Ali: »Und was ist das Dritte, Sir?«
    »Man kann seine Ostereier selbst verstecken.«
    Sie fängt an zu lachen, und ich schnippe ihr gegen das Ohr. »Natürlich erinnere ich mich an Sie. Ali Baba, die Fängerin der Diebe.«
    Sie grinst mich verlegen an.
    Mir fällt das Halfter unter ihrer kurzen Jacke ins Auge. Sie trägt eine Waffe – eine MP5 Carbine A2 mit klobigem Griff. Der Anblick ist seltsam, weil nur wenige Beamte der Metropolitan Police eine Waffe tragen dürfen.
    Auf dem Weg Richtung Süden passieren wir die Victoria Station, fahren durch Whitehall und weiter am Ufer der Themse entlang, vorbei an Parks und Gärten, in denen Büroangestellte im Gras sitzen und zu Mittag essen – gesunde Mädchen mit Röcken voller Herbstsonne und frischer Luft, Männer, die ihre Jacken unter ihrem Kopf zusammengefaltet haben und vor sich hin dösen.
    Als wir ins Victoria Embankment einbiegen, sehe ich kurz die Themse, die an den glatten Ufermauern entlanggleitet, unter
steinernen Löwenköpfen an- und abschwillt und unter den Brücken hindurch am Tower of London vorbei Richtung Canary Wharf und Rotherhithe fließt.
    Ali parkt den Wagen in einer kleinen Straße bei der U-Bahn-Station Cannon Street. Von dort führen siebzehn steinerne Stufen zu einem schmalen Kiesstrand hinunter, der während der Ebbe trocken liegt. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich der Kies als Tonsplitter, Backsteine, Schotter und vom Wasser glatt geschliffene Glasscherben.
    »Hier hat man Sie gefunden«, sagt Joe, macht eine ausladende Geste und zeigt dann auf eine rostige gelbe Navigationsboje.
    »Marilyn Monroe.«
    »Verzeihung?«
    »Ach nichts.«
    Über unseren Köpfen auf der Eisenbahnbrücke vor dem Bahnhof bremsen und beschleunigen Züge.
    »Sie haben knapp zwei Liter Blut verloren. Das kalte Wasser hat Ihren Stoffwechsel verlangsamt, was Ihnen vermutlich das Leben gerettet hat. Außerdem waren Sie so geistesgegenwärtig, sich mit Ihrem Gürtel das Bein abzubinden…«
    »Was ist mit dem Boot?«
    »Das hat man erst später am Vormittag entdeckt, es trieb östlich von der Tower Bridge. Kommt irgendeine Erinnerung zurück? «
    Ich schüttele den Kopf.
    »In jener Nacht war Hochflut. Der Wasserspiegel war etwa ein Meter zwanzig höher als jetzt. Und die Flut lief mit etwa fünf Knoten pro Stunde auf. Ausgehend von Ihrem Blutverlust und Ihrer Körpertemperatur, muss sich die Schießerei etwa drei Meilen weiter stromaufwärts ereignet haben…«
    Plus, minus, abhängig noch von zahllosen anderen Variablen, denke ich, begreife jedoch seine Absicht. Er versucht sich zurückzuarbeiten.

    »An Ihrer Hose hat man Blut sowie eine Mischung aus Lehm, Sediment und Spuren von Benzol und Ammoniak nachgewiesen. «
    »Lief der Motor des Bootes noch?«
    »Der Tank war leer.«
    »Hat irgendjemand Schüsse auf dem Fluss gemeldet?«
    »Nein.«
    Ich starre über das kackbraune Wasser, den trägen Strom von Herbstlaub und Müll. Dies war früher einmal eine der geschäftigsten Verkehrsadern der Stadt, Ursprung von Wohlstand, Cliquen, Clubs, Grenzstreitigkeiten, uralten Eifersüchteleien, Bergungsschlachten und Folklore. Heutzutage können ein paar Meilen von der Tower Bridge entfernt drei Menschen erschossen werden, und niemand bekommt etwas mit. Eine blau-weiße Polizeibarkasse
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher