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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost
Autoren: Michael Robotham
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und zählte sie auf.
    »Ist das ein Rätsel?«
    »So könnte man es wohl nennen.«
    »Wohin ist Mickey gegangen?«
    »Ich weiß es nicht, Schätzchen, aber wir werden sie finden.«

3
    Professor Joseph O’Loughlin ist gekommen, um mich zu besuchen. Ich sehe ihn über den Krankenhausparkplatz gehen, sein linkes Bein schwingt hin und her, als wäre es geschient. Sein Mund bewegt sich – er lächelt, wünscht den Leuten einen guten Morgen und scherzt darüber, dass er seine Martinis geschüttelt und nicht gerührt trinkt. Nur der Professor kann sich über Parkinson lustig machen.
    Joe ist klinischer Psychologe und sieht genau so aus, wie man sich einen Psychologen vorstellt – groß und dünn und mit wirrem braunem Haar, wie ein zerstreuter Professor, der gerade aus einem Hörsaal entkommen ist.
    Wir haben uns vor ein paar Jahren bei einer Mordermittlung kennen gelernt. Damals hatte ich ihn für den möglichen Mörder gehalten, bis sich herausgestellt hatte, dass der Täter einer seiner Patienten war. Ich glaube nicht, dass er das in seinen Vorlesungen erwähnt.
    Er klopft leise, öffnet die Tür und lächelt betreten. Er hat eines dieser vollkommen offenen Gesichter mit den braunen Augen eines Robbenbabys, das gleich erschlagen wird.
    »Ich habe gehört, Sie haben Erinnerungslücken.«
    »Ja, wer sind Sie, verdammt noch mal?«
    »Sehr gut. Schön, dass Sie Ihren Humor nicht verloren haben.«
    Er dreht sich ein paar Mal um die eigene Achse und versucht zu entscheiden, wo er seinen Aktenkoffer abstellen soll. Dann zückt er einen Notizblock, zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich. Seine Beine berühren das Bett. Nachdem er endlich so weit ist, sieht er mich an und sagt nichts – als hätte ich ihn gebeten zu kommen, weil mir etwas auf der Seele lastet.

    Das hasse ich an Psychologen: die Art, wie sie eine Stille entstehen lassen, in der man an seinem eigenen Verstand zu zweifeln beginnt. Das war nicht meine Idee. Ich kann mich an meinen Namen erinnern. Ich weiß, wo ich wohne. Ich weiß, wohin ich meinen Autoschlüssel gesteckt habe und wo der Wagen parkt. Alles paletti.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    »Irgendein Schwein hat auf mich geschossen.«
    Ohne Vorwarnung beginnt sein linker Arm zu zucken und zu zittern. Verlegen drückt er ihn nach unten.
    »Wie steht’s mit dem Parkinson?«
    »In Restaurants bestelle ich keine Suppe mehr.«
    »Sehr klug. Und Julianne?«
    »Ihr geht es großartig.«
    »Und die Mädchen?«
    »Werden groß.«
    Der Austausch von Smalltalk und Familiengeschichten war nie ein Schwerpunkt unserer Beziehung gewesen. Normalerweise lade ich mich bei ihm zum Essen ein, trinke seinen Wein, flirte mit seiner Frau und klaue schamlos seine Ideen für meine ungelösten Fälle. Das weiß Joe natürlich – nicht weil er so verdammt clever ist, sondern weil ich so durchschaubar bin.
    Ich mag ihn. Er war auf einer Privatschule, ein bürgerlicher Salonliberaler, aber das ist in Ordnung. Und ich mag Julianne, seine Frau, die aus irgendeinem Grund glaubt, sie könne mich noch einmal verheiraten, weil man mir meine bisherige Bilanz nicht zum Vorwurf machen dürfe.
    »Ich nehme an, Sie haben meinen Chef kennen gelernt.«
    »Den Chief Superintendent.«
    »Was halten Sie von ihm?«
    Joe zuckt die Achseln. »Er macht einen sehr professionellen Eindruck.«
    »Kommen Sie, Prof, das können Sie besser. Sagen Sie mir, was Sie wirklich denken.«

    Joe stößt ein leises »Tss« aus, wie ein verklingendes Becken. Er weiß, dass ich ihn herausfordern will.
    Er räuspert sich und betrachtet seine Hände. »Der Chief Superintendent ist ein redegewandter Karrierebeamter, der Komplexe wegen seines Doppelkinns hat und sich die Haare färbt. Er hat Asthma, benutzt Aftershave von Calvin Klein, ist verheiratet und hat drei Töchter, die ihn so eng um ihren kleinen Finger wickeln, dass man ihn in Silber tunken und mit einer Gravur verzieren könnte. Er liest Romane von P.D. James und bildet sich ein, er sei eine Art Adam Dalgleish, obwohl er keine Gedichte schreibt und auch nicht besonders scharfsinnig ist. Außerdem hat er die ärgerliche Angewohnheit, den Leuten eher Vorträge zu halten, als ihnen zuzuhören.«
    Ich stoße einen leisen Pfiff aus.
    »Haben Sie den Typ beschattet?«
    Joe ist plötzlich verlegen. Andere hätten es wie einen Partytrick aussehen lassen, er aber wirkt jedes Mal ehrlich überrascht, dass er auch nur die Hälfte von all diesen Dingen weiß. Und er greift diese Details nicht aus der Luft. Ich könnte
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