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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost
Autoren: Michael Robotham
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Nacht passiert ist.«
    »Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass du demzufolge auch nicht die Person identifizieren kannst, die auf dich geschossen hat?«
    »Diese Annahme wäre durchaus zutreffend.«
    Mein Sarkasmus scheint ihm Feuer unter dem Hintern zu machen. Er merkt, dass ich ihm seine Wir-sind-alle-verdammteinsam-im-Schützengraben-Nummer nicht abkaufe.
    »Wo sind die Diamanten?«
    »Welche Diamanten?«

    Er versucht, das Thema zu wechseln.
    »Nein. Nein. Warte! Welche Diamanten?«
    Er brüllt mich nieder. »Das Bootsdeck war voller Blut. Menschen sind gestorben, aber wir haben keine Leichen gefunden, und niemand wurde vermisst gemeldet. Worauf lässt das deiner Meinung nach schließen?«
    Ich werde nachdenklich. Die Opfer hatten entweder keine engen Bindungen oder waren in etwas Illegales verwickelt. Ich will auf die Diamanten zurückkommen, aber Keebal hat seine eigene Tagesordnung.
    »Ich habe neulich eine interessante Statistik gelesen. Fünfunddreißig Prozent aller für schuldig befundenen Mörder behaupten, sich nicht an die Tat erinnern zu können.«
    Noch mehr verdammte Statistiken. »Du glaubst, ich lüge.«
    »Ich glaube, dass du in der Sache nicht ganz sauber bist.«
    Ich greife nach meinen Krücken und schwinge mich auf die Füße. »Da du ja immer alles weißt, Keebal, sag mir doch, was passiert ist. Ach richtig – du warst nicht dabei. Aber das bist du ja nie. Wenn die echten Polizisten da draußen ihr Leben riskieren, liegst du zu Hause im Bett und guckst dir die Wiederholung eines alten Fernsehkrimis an. Du riskierst nichts und verfolgst ehrliche Kollegen mit einer moralischen Messlatte, über die du nicht mal rüberpissen könntest. Verschwinde. Und wenn du das nächste Mal mit mir reden willst, kommst du besser mit Haftbefehl und Handschellen.«
    Keebals Gesicht läuft rot an, als wäre er geohrfeigt worden. Bei seinem Abgang lässt er jede Menge Muskeln spielen und brüllt über die Schulter: »Der Einzige, dem du etwas vormachen kannst, ist dieser Neurologe. Sonst glaubt dir kein Mensch. Du wirst dir noch wünschen, dass diese Kugel die Sache gründlich erledigt hätte.«
    Ich versuche, ihm zu folgen, humpele auf einer Krücke den Flur hinunter und schreie. Zwei schwarze Pfleger halten mich zurück und drücken mir die Arme in den Rücken.

    Als ich mich schließlich beruhigt habe, bringen sie mich zurück in mein Zimmer. Maggie flößt mir eine sirupartige Flüssigkeit aus einem kleinen Plastikbecher ein, und kurz darauf fühle ich mich wie Alice im Wunderland, die in ihrem Zimmer schrumpft. Die Falten des weißen Lakens sind eine arktische Wüste.
    Der Traum duftet nach Lipgloss mit Erdbeergeschmack und nach Kaugummi – ein vermisstes Mädchen in einem rosa-orange-farbenen Bikini. Es heißt Mickey Carlyle und klemmt zwischen den Felsen in meinem Kopf wie ein sonnengebleichtes Stück Treibholz – so weiß wie ihre Haut und die zarten Härchen auf ihren Unterarmen. Sie ist ein Meter zwanzig groß, zupft an meinem Ärmel und sagt: »Warum haben Sie mich nicht gefunden? Sie haben es meiner Freundin Sarah versprochen.«
    Sie sagt es sogar in demselben Tonfall, in dem Sarah mich nach dem Eis gefragt hat. »Sie haben es mir versprochen. Sie haben gesagt, ich kriege eins, wenn ich Ihnen alles erzähle.«
    Mickey ist ganz in der Nähe verschwunden. Vielleicht kann man aus dem Fenster sogar die Randolph Avenue sehen, eine Schlucht aus rotem Backstein. Die großen Wohnblocks aus viktorianischer Zeit waren damals eine billige Bleibe, aber inzwischen kostet so eine Wohnung hunderttausende von Pfund. Ich könnte zehn Jahre sparen oder zweihundert und mir nie eine leisten.
    Ich habe noch den Fahrstuhl vor Augen, einen altmodischen Metallkäfig, der zwischen den Etagen rumpelt und klappert, und die Treppe, die sich um den Fahrstuhlschacht windet. Auf diesen Stufen hat Mickey gespielt und nach der Schule improvisierte Konzerte gegeben, weil die Akustik so gut ist. Sie hat beim Singen gelispelt, wegen der Lücken zwischen ihren Vorderzähnen.
    Seither sind drei Jahre vergangen. Die Welt hat sich von ihrer Geschichte abgewandt, weil andere Verbrechen für den gruseligen Nervenkitzel gesorgt haben – tote Schönheitsköniginnen,
der Krieg gegen den Terror, Sportler, die sich danebenbenehmen … Mickey ist nicht verschwunden. Sie ist immer noch hier, das Gespenst, das mir bei jedem Festmahl gegenübersitzt, die Stimme in meinem Kopf, wenn ich einschlafe. Ich weiß, dass sie
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