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Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone

Titel: Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone
Autoren: Elizabeth Peters
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mich am nächstliegenden«, fuhr Ramses unbeirrt fort. »Mutter und Vater haben dort in den 1880er Jahren gegraben, genau wie viele andere Archäologen und nicht zuletzt die Einheimischen. Das Gebiet ist riesig. Diese Statue könnte von einem Schrein in einem vornehmen Haus stammen oder aus der Werkstatt eines Künstlers. Die Deutschen haben doch vor dem Krieg eine entdeckt, nicht wahr, Vater?«
    Emerson schüttelte den Kopf. »Unwahrscheinlich, mein Junge. Borchardt hat mehr oder minder bedeutungslose Gipsmodelle gefunden. Alles, was von Wert war, wurde nach der Aufgabe Amarnas mitgenommen. Eine massivgoldene Statue hätten Echnatons Nachfahren bestimmt nicht dagelassen.«
    »Davon kann man nicht unbedingt ausgehen«, wandte Cyrus ein. »Vielleicht hatte der Besitzer sie aus Gründen der Sicherheit vergraben und starb dann zwischenzeitlich.«
    »Möglich ist alles«, knurrte Emerson. »Versteifen Sie sich nicht so auf Amarna, Vandergelt. Wie Sie wissen, kehrten Echnatons Nachfolger nach Theben zurück. Einer von ihnen liegt in KV 55 bestattet, dem Grab, das Theodore Davis 1907 auseinandergenommen hat.«
    »Es sei denn, die Mumie in dem besagten Grab war Echnaton«, beharrte Cyrus. »Weigall geht davon aus –«
    »Weigall irrt«, entgegnete Emerson tonlos. »Die sterblichen Überreste müssen von Semenchkare stammen, dem Schwiegersohn Echnatons. Das steht außer Zweifel. Diese Statue könnte eine von vielen Grabbeigaben gewesen sein. Und wie Sie sich sicher erinnern, war das nach Davis’ Vandalismus ein ziemliches Sammelsurium von unterschiedlichen Königen. Seine Arbeiter haben geklaut wie die Raben. Da kenne ich allerdings noch jemanden, was, Amelia?«
    Sämtliche Blicke waren auf mich gerichtet. Bertie fragte verdutzt: »Sie meinen doch nicht etwa Ihre Gattin, Professor?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Er meint seinen Bruder.«
    Ich brauchte nicht näher zu erläutern, wen ich damit meinte. Walter, Emersons jüngerer Bruder, war ein renommierter Wissenschaftler und eine integre Persönlichkeit. Seth hingegen, ihr illegitimer Halbbruder, war alles andere als das. Sethos (um bei seinem Kriminellen-Pseudonym zu bleiben) hatte in Ägypten einen florierenden Handel mit illegalen Antiquitäten betrieben. Überdurchschnittlich intelligent und charismatisch, war er mit seinem schauspielerischen Talent und seinen ständig wechselnden Tarnungen der Schrecken der gesamten Antikenverwaltung und für uns ein fortwährendes Ärgernis. Aber das war Vergangenheit, denn ich hatte ihn letztlich auf den Pfad der Tugend zurückgeführt. Im Krieg hatte Sethos seinem Land treu gedient, und er hatte mir hoch und heilig versprochen, seine Verbrecherkarriere an den Nagel zu hängen.
    »Grundgütiger«, entfuhr es Cyrus. »Aber Sethos ist doch inzwischen geläutert und unser Freund. Wir brauchen ihn doch bloß zu fragen –«
    »Ob er die Statue an sich genommen hat«, vollendete Nefret aufgeregt den Satz. »Vielleicht ist er völlig unschuldig!«
    Sie hatte immer schon eine Schwäche für Sethos gehabt. Wie viele Frauen. Ramses schüttelte verständnislos den Kopf. Wie die meisten Männer hegte er kein besonderes Faible für seinen zwielichtigen Onkel.
    »Auf seine Vergangenheit trifft eher das Gegenteil zu. Er hat sich doch offen dazu bekannt, daß er einige Stücke aus KV 55 entwendet und außer Landes gebracht hat. Wo steckt er denn überhaupt?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Vermutlich ist er immer noch als Spion für das Kriegsministerium tätig.«
    »Ist doch auch egal«, erklärte Nefret. »Mr. Petherick war der rechtmäßige Besitzer.«
    »So einfach ist das nicht«, gab Ramses zu bedenken. »Sollte Sethos abstreiten, dieses Objekt aus KV 55 entfernt zu haben – und wir glauben ihm das –, dann tappen wir hinsichtlich der Herkunft der Statue weiterhin im dunkeln.«
    »Hmmpf.« Emerson warf seine Serviette auf den Tisch und stand auf. »An die Arbeit.«
    Mir war klar, was er vorhatte, und ich verstand seine Motive, dennoch sah ich mich zu mildem Protest genötigt. »Emerson, es ist bereits spät, und wir haben Gäste.«
    »Wir sind keine Gäste.« Cyrus erhob sich ebenfalls. »Schätze, wir haben die gleiche Idee, Emerson. Schade, daß David nicht hier ist. Er ist der fähigste Künstler in der Familie.«
    »Gut möglich, daß wir die Statuette noch behalten können, bis er nächste Woche eintrifft«, erwog Emerson. »Wenn nicht, dann haben wir wenigstens etwas in der Hand – Fotos, Zeichnungen und vielleicht einen
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