Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
sie sich.
    Emerson zuckte zusammen, als er meinen ägyptischen Beinamen hörte. »Frau Doktor.« Er hält nicht viel von meinen medizinischen Fertigkeiten. Ich wäre bestimmt die Erste, die zugeben würde, dass sie an Nefrets nicht heranreichten – sie war ausgebildete Chirurgin, keine Kleinigkeit für eine Frau in jener Zeit –, aber während meiner ersten Jahre in Ägypten, als die Fellachen kaum Zugang zu Ärzten oder Krankenhäusern hatten, wurden meine Kenntnisse überaus geschätzt und – wenn ich das sagen darf – nicht zu Unrecht.
    »Ja, danke«, erwiderte ich. »Bitte, stell das Tablett dort ab.«
    Fatima verharrte für eine Weile, ihr rundes, gutmütiges Gesicht voller Zuneigung, während sie die Kinder beobachtete, die sich über die Gebäckschale hermachten. Mehr Freundin als Bedienstete zählte auch sie zu denjenigen, die ich als unsere ägyptische Familie bezeichne. Sie waren alle eng verwandt mit unserem verstorbenen Rais Abdullah und durch die Heirat seines Enkels David mit unserer Nichte Lia inzwischen auch mit uns.
    Bald darauf gesellten sich weitere Mitbewohner zu uns: Sennia, unsere Schutzbefohlene, nebst Gefolge – ihr Kater Horus und ihr selbst ernannter Leibwächter Gargery. Streng genommen war Gargery unser Butler, aber er hatte zusätzliche Aufgaben übernommen, die er (nicht ich) als notwendig erachtete. Diese umfassten Lauschangriffe, das Erteilen ungebetener Ratschläge und Kabbeleien mit Horus.
    Ich muss gegenüber Gargery fair bleiben: Horus kam mit niemandem zurecht, außer mit Nefret und Sennia. Er folgte dem Kind auf Schritt und Tritt, selbst in die heikle Nähe der Zwillinge. Unvermittelt verschwand er unter dem Sofa und versteckte sich hinter meinen Röcken.
    Die inzwischen neunjährige Sennia hielten immer noch einige boshafte Gemüter für Ramses’ illegitime Tochter, was nicht der Fall war. Sie war der beste Beweis dafür, dass ein gutes Umfeld jedes Erbe auszumerzen vermag, denn ihres hätte kaum schlimmer sein können: ihre Mutter war eine ägyptische Prostituierte, ihr Vater mein prinzipienloser Neffe, der glücklicherweise das Zeitliche gesegnet hatte. Ihre Hautfarbe war ägyptisch, ihre Umgangsformen die eines wohlerzogenen, englischen kleinen Mädchens, ihr Naturell so sonnig wie das jedes glücklichen Kindes. Sie liebte Ramses abgöttisch, der sie vor einem Leben in Armut und Schande bewahrt hatte, und ich war ein wenig besorgt gewesen, wie sie auf die Geburt der Zwillinge reagieren würde. Wenn sie eifersüchtig war, so verbarg sie dies geschickt; und wenn sie die Kleinen gelegentlich herumkommandierte, war das nur normal.
    Nachdem ich das göttliche Getränk serviert hatte, lehnte ich mich in meinem Sessel zurück und betrachtete selbstgefällig lächelnd die fröhlich lärmende Gruppe. Ich glaube, man darf mir die Anmaßung verzeihen. Wir hatten bewegte Zeiten hinter uns; auch vor dem Krieg war Ramses in etliche heikle Geheimmissionen verwickelt gewesen; wir hatten eine Vielzahl von Dieben, Mördern, Fälschern, Entführern und sogar einen Meisterverbrecher konfrontiert. Ich konnte mich kaum erinnern, dass wir schon jemals eine Saison ohne irgendwelche drohenden Gefahren erlebt hätten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hingen keine dunklen Wolken über uns, drohte kein früherer Widersacher mit Vergeltung.
    Ich möchte keineswegs behaupten, dass ich einige dieser Begegnungen nicht genossen hätte. Sich mit gewieften Ganoven oder Zeitgenossen zu messen, die einem mit Macht an den Kragen wollen, verleiht dem Dasein eine gewisse Würze. Allerdings ist es etwas völlig anderes, selbst mit Gefahren konfrontiert zu sein als einen geliebten Menschen in Bedrängnis zu wissen. Etliche meiner grauen Haare (regelmäßig überdeckt mit einem ganz harmlosen Färbemittel) verdankte ich Ramses. In seiner Kindheit war er von einer Katastrophe in die nächste geschlittert. Das Erwachsenwerden hatte ihn nicht geläutert, und nachdem Nefret und David zur Familie gestoßen waren, steckten für gewöhnlich alle drei bis zum Hals in Schwierigkeiten.
    Doch das war jetzt anders geworden, sagte ich mir. Ramses und Nefret hatten inzwischen selbst Kinder, und wegen dieser prachtvollen kleinen Geschöpfe (die soeben versuchten, den Sofarücken zu erklettern, um an die Große Katze des Re heranzukommen) würden sie gewiss nicht mehr so leichtfertig sein.
Aus Manuskript H
    »Heute ist etwas ziemlich Merkwürdiges passiert«, hob Ramses an.
    Er und Nefret zogen sich gerade für das Nachtessen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher