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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod
Autoren: Elizabeth Peters
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Katzen gewesen, vielleicht erklärte das nicht nur ihre Zuneigung zu diesen Tieren, sondern auch ihre fast unheimliche Fähigkeit, mit ihnen zu sprechen. Eine Katze behandelt man am besten wie ein gleichberechtigtes Wesen – oder besser noch wie ein überlegenes, was sie ihres Wissens nach auch ist.
    Nur Emersons jüngerer Bruder und seine Frau, meine liebe Freundin Evelyn, kannten Nefrets wahre Geschichte. Es wäre unmöglich gewesen, sie ihnen zu verheimlichen, auch wenn wir kein Vertrauen in ihre Diskretion gehabt hätten. Und außerdem hoffte ich, Evelyn würde mich in der angemessenen Erziehung einer jungen Dame richtig beraten. Schließlich hatte sie als Mutter von sechs Kindern – darunter drei Mädchen – genug Erfahrung und dazu noch das gütigste Herz der Welt.
    Ich erinnere mich an einen schönen Junitag, als wir vier Erwachsene auf der Terrasse des Amarna House saßen und zusahen, wie die Kinder auf dem Rasen spielten. Die idyllische Landschaft wirkte, als habe die Hand des großen Constable sie auf die Leinwand gebannt – der blaue Himmel mit weißen Schäfchenwolken, das sattgrüne Gras und die stattlichen Bäume. Jedoch hätte es der Talente eines Malers ganz anderer Stilrichtung bedurft, um die lachenden Kinder zu Papier zu bringen, die die Szenerie wie bewegliche Blumen belebten. Das Sonnenlicht tauchte ihre wehenden Locken in einen goldenen Schein und liebkoste ihre rosigen und vor Gesundheit strotzenden Glieder. Mein Patenkind, die kleine Amelia, folgte den noch unsicheren Schritten ihres jüngeren Bruders so fürsorglich wie eine Mutter; Raddie, der älteste von Evelyns Kinderschar, dessen Knabengesicht bereits Ähnlichkeit mit den sanften Zügen seines Vaters aufwies, versuchte, die ausgelassenen tobenden Zwillinge zu bändigen, die einen Ball hin und her warfen. Der Anblick dieser unschuldigen Kinder, denen das Schicksal Gesundheit, Wohlstand und die zärtliche Liebe ihrer Eltern beschert hatte, wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben.
    Allerdings waren, wie ich vermutete, meine Augen die einzigen, die auf meinen hübschen Nichten und Neffen ruhten. Selbst ihre Mutter blickte, das jüngste Kind schlafend an der Brust, woanders hin.
    Nefret saß abseits unter einer der hohen Eichen. Sie hatte die Beine überkreuzt, und ihre bloßen Füße lugten unter dem Saum ihres Kleides hervor – eines der nubischen Gewänder, die ich ihr während unserer Ausgrabungsarbeiten in Napata besorgt hatte, weil nichts Besseres aufzutreiben gewesen war. Das Kleid bestand aus leuchtend papageiengrünem Stoff und war mit großen bunten Flecken bedruckt – scharlachrot, senfgelb, türkis. Ein rotgoldener Zopf lag über ihrer Schulter, und sie neckte mit dessen Ende das Kätzchen auf ihrem Schoß. Ramses, ihr ständiger Schatten, kauerte daneben. Von Zeit zu Zeit blickte Nefret auf und sah lächelnd den Kindern beim Spielen zu. Aber Ramses dunkle Augen wandten sich nie von ihr ab.
    Walter stellte seine Tasse ab und griff nach dem Notizbuch, auf das er sich selbst bei diesem gemütlichen Beisammensein zu verzichten geweigert hatte. Während er darin blätterte, meinte er: »Ich glaube, jetzt weiß ich, wie sich die Funktion des Infinitivs entwickelt hat. Am besten frage ich Nefret …«
    »Laß das Kind in Ruhe.« Evelyn hatte ihren Mann unterbrochen, und das in einem so scharfen Ton, daß ich sie erstaunt ansah. Evelyn schlug niemals einen scharfen Ton an, besonders nicht gegenüber ihrem Gatten, den sie (meiner Meinung nach) kritiklos vergötterte.
    Walter warf ihr einen überraschten und gekränkten Blick zu. »Liebling, ich wollte doch nur …«
    »Wir wissen, was du willst«, sagte Emerson lachend, »nämlich als der Mann zu Ruhm und Ehren gelangen, der das alte Meroitisch entziffert hat. Eine Begegnung mit einem lebenden Menschen, der diese Sprache spricht, kann bei einem Wissenschaftler schon dazu führen, daß ihm die Pferde durchgehen.«
    »Sie ist der Stein von Rosetta in Menschengestalt«, murmelte Walter. »Bestimmt hat sich die Sprache im Laufe eines Jahrtausends bis zur Unkenntlichkeit verändert, aber dennoch kann Nefret einem Fachmann wichtige Hinweise …«
    »Sie ist kein Stein«, sagte Evelyn, »sondern ein junges Mädchen.«
    Noch eine Unterbrechung! So etwas war noch nie vorgekommen. Emerson starrte Evelyn verblüfft, doch auch bewundernd an. Er hatte sie immer für erbärmlich sanftmütig gehalten. Walter schnappte nach Luft und meinte reumütig: »Du hast ja ganz recht, liebe Evelyn. Nicht
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