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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod
Autoren: Elizabeth Peters
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um alles in der Welt würde ich etwas tun, das …«
    »Dann verschwindet«, sagte Evelyn. »Ab in die Bibliothek mit euch beiden. Vergrabt euch in eure toten Sprachen und eure staubigen Bücher. Das ist doch alles, was euch Männer interessiert!«
    »Komm schon, Walter.« Emerson stand auf. »Wir sind in Ungnade gefallen und sparen uns besser die Mühe, uns zu verteidigen. Eine Frau gegen ihren Willen zu überzeugen …«
    Ich warf ein Stück Gebäck nach ihm. Er fing es geschickt im Flug auf, grinste und ging, unwillig gefolgt von Walter, davon.
    »Entschuldige, Amelia«, sagte Evelyn. »Es tut mir leid, wenn ich Radcliffe die Laune verdorben habe …«
    »Unsinn, deine Kritik war viel freundlicher als das, was er normalerweise von mir zu hören kriegt. Und was die schlechte Laune anbelangt: Hast du ihn jemals selbstzufriedener gesehen? Dermaßen in ekelhafter Selbstgerechtigkeit versunken und so widerwärtig gutgelaunt?«
    »Die meisten Frauen würden sich nicht darüber beklagen«, meinte Evelyn lächelnd.
    »Das ist nicht der Emerson, den ich kenne. Wenn ich es dir sage, Evelyn, seit wir aus Ägypten zurück sind, hat er nicht mehr geflucht – nicht ein einziges ›Verdammt!‹.« Evelyn lachte; ich sprach mit steigender Entrüstung weiter. »Die Wahrheit ist, daß er sich einfach weigert zuzugeben, vor was für einem ernsthaften Problem wir stehen.«
    »Du meinst wohl das dort drüben unter der Eiche?« Evelyns Lächeln schwand, während sie die anmutige Gestalt des Mädchens betrachtete. Das Kätzchen hatte sich davongetrollt, und Nefret saß reglos, die Hände im Schoß, da und blickte über den Rasen. Sonnenlicht drang durch das Laub und ließ kleine Funken in ihrem Haar aufsprühen, so daß sie aussah wie in einen goldenen Glanz gehüllt.
    »Sie ist so entrückt und schön wie eine junge Göttin«, sagte Evelyn, womit sie meine eigenen Gedanken wiedergab. »Was soll aus einem solchen Mädchen werden?«
    »Sie ist willig und intelligent und wird sich anpassen«, sagte ich mit Nachdruck. »Und sie scheint glücklich zu sein. Sie beklagt sich nicht.«
    »Was Durchhaltevermögen anbelangt, ist sie, wie ich mir vorstellen kann, durch eine harte Schule gegangen. Aber, meine liebe Amelia, bis jetzt hat sie auch wenig Grund zum Klagen gehabt. Du hast sie – meiner Ansicht nach völlig berechtigt – von der Außenwelt abgeschirmt. Wir alle akzeptieren und lieben sie, wie sie ist. Früher oder später jedoch wird sie ihren rechtmäßigen Platz in einer Welt einnehmen müssen, auf die sie von Geburt her einen Anspruch hat. Und diese Welt kennt keine Gnade gegenüber Menschen, die anders sind als die anderen.«
    »Glaubst du, daß ich das nicht weiß?« fragte ich und fügte lachend hinzu: »Es gibt sogar gewisse Menschen, die selbst mich für exzentrisch halten. Natürlich kümmere ich mich nicht um diese Leute, aber … nun, ich gebe zu, daß ich mich gefragt habe, ob ich der geeignete Mensch bin, um Nefret zu erziehen.«
    »Sie könnte nichts Besseres tun, als dich zum Vorbild zu nehmen«, sagte Evelyn liebevoll. »Und du weißt, du kannst auf mich zählen. Ich helfe dir, so gut es mir möglich ist.«
    »Wir müßten es eigentlich schaffen«, meinte ich. Mein angeborener Optimismus erwachte wieder zum Leben. »Schließlich habe ich zehn Jahre mit Ramses überstanden. Mit deiner Hilfe und mit der Walters … Vielleicht warst du ein bißchen streng mit ihm, liebste Evelyn. Die Entzifferung antiker, unbekannter Sprachen ist nicht nur sein Beruf, sondern das, was ihm am meisten am Herzen liegt. Von dir natürlich abgesehen – und den Kindern …«
    »Das frage ich mich.« Evelyn sah mit ihrem goldenen Haar, dem zarten Gesicht und dem Baby im Arm wie eine raphaelitische Madonna aus. In ihrer Stimme aber lag ein Ton, den ich noch nie zuvor bei ihr gehört hatte. »Welch merkwürdige Veränderungen im Laufe der Jahre mit uns vorgehen, Amelia … letzte Nacht habe ich von Amarna geträumt.«
    Damit hätte ich am allerwenigsten gerechnet, und es hatte eine sehr eigenartige Wirkung auf mich. Ein Bild blitzte vor meinem geistigen Auge auf, so lebendig, daß es die Wirklichkeit verdrängte: sengend heißer Wüstensand und schroffe Klippen, so leblos wie eine Mondlandschaft. Fast konnte ich die trockene Luft auf meiner Haut spüren; mir war, als hörte ich die gespenstischen, stöhnenden Schreie der Erscheinung, die unser Leben bedroht und uns beinahe um den Verstand gebracht hatte …
    Mühsam vertrieb ich dieses
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