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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag
Autoren: Elizabeth Peters
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einer Ratte. Mit ihren langen, widerlich nackten Schwänzen und ihren scharfen Nagezähnen gehören Ratten nicht unbedingt zu den schönsten Lebewesen; trotzdem sind sie ein Teil von Gottes Schöpfung. Die Verstümmelungen an besagtem Nager konnten lediglich aufgrund von Gewaltanwendung entstanden sein, allerdings nicht von den Krallen einer Katze oder dem Fang eines Hundes, sondern durch ein scharfes, von menschlicher Hand geführtes Messer. Das Schlimmste daran war, daß das unmerkliche Zucken des geschorenen Körpers darauf hindeutete, daß das eklige Vieh noch lebte, obwohl es gnädigerweise keine Schmerzen mehr empfand.
    Emerson eilte mir zur Seite, wie stets, wenn Gefahren oder Schwierigkeiten drohten. Er schaffte das Bündel weg; ich sah ihm nicht dabei zu, und einen Augenblick später sagte er ruhig: »Es ist tot, Peabody.«
    »Ich danke dir, mein geliebter Emerson.«
    Ich blickte zu den beiden Jungen. Percy nagte an seiner Unterlippe, und in seinen Augen standen Tränen, die er mühsam zu unterdrücken versuchte. »Ramses« Walter Peabody Emerson trug wie üblich seinen maskenhaft unergründlichen Gesichtsausdruck zur Schau; doch mein scharfsichtiger Blick als Mutter bemerkte ein gefühlvolles Flackern in seinen dunklen Augen. Mitgefühl, dachte ich.
    »Wer war das?« fragte ich.
    Keine Antwort. Ich hatte auch keine erwartet. Ich musterte Percy. Er wurde starr. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, hielt er mit zusammengekniffenen Lippen meinem Blick stand. »Hast du das getan, Percy?« bohrte ich.
    »Nein, Tante Amelia.«
    »Also, wenn du es nicht warst, muß Ramses der Schuldige sein. War es Ramses, Percy?«
    Percy hätte Porträt für einen jungen englischen Helden stehen können, der dem Feind entgegensieht. Er schob sein Kinn vor und straffte die Schultern. »Das kann ich dir nicht beantworten, Tante Amelia. Ich schulde dir die Liebe und Pflichterfüllung eines Sohnes, aber manchmal gibt es Dinge, die einem englischen Gentleman wichtiger sind.«
    »Verstehe. Nun gut, Percy. Du bist entschuldigt. Bitte, geh in dein Zimmer, und bleibe dort, bis ich komme.«
    »Ja, Tante Amelia.« Er marschierte hinaus.
    Im Gegensatz zu seinem Cousin gab Ramses eine schlechte Figur ab. Seine schmalen Schultern waren eingezogen, als erwartete er einen Schlag, und sein Blick wich mir standhaft aus.
    Ich breitete meine Arme aus.
    »Ramses, ich muß mich bei dir entschuldigen. Komm zu mir.«
    Meine Emotionen überwältigen mich, wenn ich an diesen Augenblick zurückdenke, und legen einen zarten Schleier über die sich daran anschließende, liebevolle Szene. Emerson schniefte unüberhörbar und rieb sich die Augen mit seinem Ärmel (er trägt nie ein Taschentuch bei sich). Ramses saß zwischen uns auf dem Bett; vom Arm seines Vaters umschlungen, redete er – natürlich – ununterbrochen. Ich schnitt ihm das Wort ab.
    »Du mußt nichts erklären, Ramses, mittlerweile verstehe ich alles. Ist es nicht faszinierend zu beobachten, Emerson, daß Vorfälle, die oberflächlich betrachtet recht einleuchtend wirken, nach einer leichten Korrektur der eigenen Sichtweise eine völlig andere Bedeutung gewinnen? Aber wer hätte vermutet, daß ein Junge in Percys Alter so hinterhältig sein kann?«
    »Das«, erwiderte Emerson, »liegt an dem üblen Einfluß der Schulen. Die armen kleinen Kerle müssen solche Tricks erlernen, um überleben zu können. Wie bereits einmal von mir gesagt –«
    »Du hast es schon Hunderte Male gesagt«, bekräftigte ich. »Allerdings ist Percy mit seiner letzten Anschuldigung übers Ziel hinausgeschossen. Die Liste von Ramses’ Verfehlungen ist recht umfassend; es gibt kaum etwas, wozu ich ihn nicht für fähig hielte. Aber ein Tier absichtlich zu quälen und zu verstümmeln … Eher würde ich glauben, daß die Sonne im Westen aufgeht oder daß du, mein geliebter Emerson, mich betrügst.«
    »Äh-hmmm«, sagte Emerson.
    »Ich danke dir, Mama«, erwiderte Ramses. »Mir fehlen die Worte, wenn ich versuche –«
    Da ich wußte, daß das keineswegs der Fall war, unterbrach ich ihn erneut. »Mein Mißtrauen gegenüber Percy und seiner Schwester keimte erst vor kurzem auf und bestätigte sich aufgrund früherer Vorfälle. Von Anfang an – da war der Zwischenfall mit dem Kricketball – ja, Ramses, ich weiß, daß du mir zu erklären versuchtest, daß ein geschickter Spieler wie Percy den Ball sehr wohl in die gewünschte Richtung hätte manövrieren können … Unglücklicherweise war ich mit Dingen
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