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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung
Autoren: R Ludlum
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klopfen?«
    »N’Abend, Clay.« Der ADDI starrte Whitfield und Palmer an, die Hände in die Hüften gestemmt. Auf seinem Gesicht zeigte sich Erkennen, aber keine Überraschung. »Fragst du dich, wie ich dir auf die Schliche gekommen bin?«, fragte er den Buchprüfer.
    »Eigentlich frage ich mich nur, auf welcher Seite du stehst, Cal«, erwiderte Caston tonlos.
    Norris nickte ernst. »Das wirst du gleich merken.«
     
    Zeit und Raum, Hier und Jetzt hatten sich für Ambler vollkommen verwandelt. Die Kongresshalle erschien ihm so luftleer und kalt wie der Weltraum, und die Zeit verstrich in langsam tickenden Sekunden im Rhythmus seines dumpf schlagenden Herzens.
    Harrison Ambler. Er hatte so viel auf sich genommen, um seinen Namen zurückzugewinnen – einen Namen, der schon bald nur noch ein Synonym für Schande sein würde. Er fühlte sich krank; Übelkeit und Selbstekel wühlten in seinen Eingeweiden. Aber er würde nicht aufgeben.
    Laurel musste das erkannt haben, denn obwohl sie sich immer noch unverwandt in die Augen sahen, entdeckte er – er wusste nicht, ob er es sah oder spürte – eine winzige Bewegung, eine Muskelkontraktion, die bedeutete, dass sie den Abzug betätigen wollte. Vielleicht wusste er es auch, ohne es gesehen oder gespürt zu haben, denn in diesem Sekundenbruchteil war sie er und er war sie. Sie teilten einen Augenblick vollkommener Klarheit, der sie zu einer Person vereinte.
Einer Verbindung, die nicht länger von Liebe, sondern von Abscheu gespeist wurde und ...
    Ambler warf sich auf sie, bevor ihm bewusst wurde, was er da tat. Er warf sich in dem Moment auf sie, als sie den Abzug betätigte.
    Der laute Knall der Waffe holte ihn wieder zu sich selbst zurück. Eine Millisekunde später explodierte etwas über seinem Kopf – er hörte ein Bersten, sah winzige Glassplitter herabregnen und registrierte, wie das Licht im Saal ein klein wenig schwächer wurde. Die Kugel hatte ihr Ziel verfehlt und einen der Leuchtstrahler an der Decke getroffen. Noch bevor er wirklich begriff, was das bedeutete, spürte er einen brennenden Schmerz in seinem Abdomen, er fühlte den Schmerz, noch bevor er die aufblitzende Bewegung und die glänzende Stahlklinge in ihrer Hand sah. Ein Teil seines Geistes reagierte verblüfft: Das ergab überhaupt keinen Sinn. Erst einen weiteren Augenblick später realisierte er, dass sie gerade zum zweiten Mal zustach, dass er das erste Zustechen nicht gesehen hatte, und dass sie ihn mit wilder Raserei aufschlitzte, das Messer in ihn hineintrieb, ihn aufspießte.
    Blut spritzte aus seinem Körper wie Wein aus einem prall gefüllten Weinschlauch, doch er achtete nicht darauf, denn er musste sie aufhalten, sonst würde er alles verlieren – seinen Namen, seine Seele, sein ganzes Wesen. Mit all seiner verbliebenen Kraft stürzte er sich auf sie, auch wenn sich die lange Klinge erneut tief in seine Eingeweide bohrte. Er krümmte die Hände zu Klauen, drückte ihr die Arme nach oben und hielt sie mit seinem Gewicht am Boden fest. Die schrillen Schreie und panischen Hilferufe der Umstehenden erfüllten den Saal. Er konzentrierte sich nur auf sie, die Frau, die er geliebt hatte. Die Killerin, die er überhaupt nicht gekannt hatte, und die sich jetzt unter ihm hin und her warf und sich in
der grotesken Parodie eines Liebesakts aufbäumte, der von Hass geschürt wurde. In ihrem Gesicht, das nur Zentimeter von seinem entfernt war, sah er nichts als Wut und die reine, bösartige Entschlossenheit eines wilden Raubtiers. Durch den Blutverlust wurde ihm schwindlig, aber als ihm die Kräfte schwanden, setzte er sein Gewicht ein, um sie am Boden festzuhalten.
    Aus dem weißen Rauschen in seinen Ohren schälte sich eine ferne Stimme, als empfange er in einem Weltempfänger ein Signal von der anderen Seite der Erde. Wisst ihr, woran mich das erinnert? An den Mann, der vor langer Zeit in einem Dorfein Geschäft eröffnete. Dort verkaufte er einen Speer, von dem er behauptete, nichts könne ihn aufhalten. Gleichzeitig verkaufte er einen Schild, von dem er behauptete, nichts könne ihn durchdringen.
    Der Speer. Der Schild.
    Ein Mann, der alle durchschaute. Eine Frau, die niemand durchschaute.
    Der Speer. Der Schild.
    Fragmentarische Erinnerungen huschten trübe durch seinen Geist, als sei sein Gehirn ein kaputter Diaprojektor. Die leisen Worte der Ermutigung in Parrish Island. Sie hatte ihn überhaupt erst auf den Gedanken zur Flucht gebracht und das Datum bereits genau geplant. Das war ihm
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