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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern
Autoren: Jack Womack
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Jensen. Susan hatte kein Interesse an irgendwelchen Fakten, sie hat bis heute keines. Tatsachen sind für ihre Überzeugungen unerheblich.«
    »Würden Sie mir nun bitte diesen Plan erläutern?« Er nickte und trank seinen restlichen Kaffee.
    »Eine Verkehrsverbindung war bereits vorhanden. Jensen kannte sich mit lateinamerikanischen Geschäften aus. Es war nur noch eine Umstellung erforderlich. Und wo gehobelt wird, fallen ja Späne. Gleichzeitig ist eine bestimmte Partei als Sündenbock ausgesucht worden, der im Fall, daß versehentlich Informationen an die Allgemeinheit durchsickern, die Verantwortung zugeschoben werden sollte …«
    »Und das war Otsuka?«
    »Damals hatten wir bezüglich seiner wahren Bedeutung in seinem Heimatland lediglich unzureichende Kenntnisse. Ist unsere eigene Schuld. Man haut mit der Fliegenpatsche an Fliegen weg, was man erwischen kann.«
    »Aber in Wahrheit hat er damit nichts zu schaffen gehabt?«
    »Natürlich nicht«, sagte Bernard, kaute so gierig an seinem Fingernagel, daß ich ernsthaft daran dachte, ihm ein Frühstück zu bestellen. »Anfangs gab's überhaupt keine Probleme. Dann wird er plötzlich die Schlüsselperson zur Beilegung unserer Schwierigkeiten – oder ich müßte wohl sagen, Thatchers Schwierigkeiten – mit Japan. Auf einmal geht alles aus den Fugen …«
    »Was betraf die Umstellung, Bernard?«
    »Die Fracht«, sagte er. »Die Verbindung diente weiter zum Transport von Fracht auf bewährten Routen aus dem Süden in den Norden. Wir haben nur eine andere Fracht expediert.«
    »Was denn?«
    »Thatchers Fremdenfeindlichkeit ist einfach etwas Gräßliches«, schmollte Bernard, stützte das Kinn in die Hand, indem er die Ellbogen auf den Tisch stemmte. »Diese Einwanderungsquoten, auf denen er für unabsehbare Zukunft besteht … Können Sie sich das menschliche Potential vorstellen, das vergeudet wird, weil er es zwingt, gewissermaßen in der Wildnis zu vergammeln? Ob es hier nun mal schlechter, mal besser läuft, Joanna, in Amerika sind die Verhältnisse noch immer vorteilhafter als im Großteil der übrigen Länder. Noch heute zöge die halbe Welt zu uns, wenn sie's könnte. Gewiß, das sagt mehr über die Welt als über Amerika aus. Auf jeden Fall, ich war der Ansicht, es müßte eine Möglichkeit geben, um Susans Willen zu erfüllen und gleichzeitig wenigstens ein paar Menschen ihre Chance zu gewähren …«
    »Sie schmuggeln Menschen ein?«
    Er nickte. »An Bord kleiner Schiffe. Sie haben Kompressormotoren und Tarnkappenprofil, um keinen Marinepatrouillen aufzufallen. Die Küstenwache guckt an unseren Frachtern vorbei, so ist es immer gewesen, um sie brauchen wir uns nicht zu scheren.«
    »Von Guayana nach Connecticut werden sie verschifft?«
    »Das ist eine Route«, sagte Bernard. »Jedes Schiff befördert zwischen siebzig und einhundertfünfundfünfzig Personen, je nach Anordnung der Decks. Allgemein ist es eine dreitägige Fahrt …«
    »Drei Tage Fahrt mit unterwegs fünfundzwanzig Prozent Ausfällen«, unterbrach ich ihn. Seine Fingerkuppe blutete, als zeichnete ihn irrtümlich ein Stigma aus. »Jensen war kürzlich in Mystic, vermute ich, oder in einem sonstigen Anlieferhafen. Während seiner Anwesenheit kam ein Transport an. Er ging sich die Fracht anschauen. War es so?« Bernard wirkte angesichts dessen, daß ich mich ebenso lästig quertreiberisch wie Lester zeigte, mehr als entnervt. Mit laschen Fingern straffte er gemächlich seinen Schlips. »Und dann drohte er, sich an die Öffentlichkeit zu wenden?«
    »Er hatte selbst Schuld«, erwiderte Bernard. »Man muß Verantwortlichkeiten delegieren können, das ist nun einmal ganz einfach so. Aber ähnlich wie du hat er von allem, was er zu hören bekam, nicht immer den vernünftigsten Rat befolgt.«
    »Wen wollte er denn einweihen?« fragte ich. »Wen könnten Sie nicht bestechen? Wer hätte daran genug Interesse gehabt?« Bernard schwieg. »Thatcher? Er weiß nichts …?«
    »Susan sagte, er wäre dagegen«, antwortete Bernard. »Sie meinte, daß er nichts erfährt, sei genauso wichtig wie das Bleiben des Militärs. So etwas ist leicht hinzubiegen, solange jeder sich verhält, wie er sich verhalten soll. Als Jensen nachträglich eine Aversion gegen das Projekt entwickelte, hat er mir mitgeteilt, wie er dazu stand. Vielleicht habe ich mir seine Meinung nicht mit dem Respekt angehört, den er nach seiner Überzeugung verdient gehabt hätte. Ehe er nach Chicago flog, hat er mir seine Einstellung in einer
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