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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Schlachterei.« Dann wendet er sich an die Polizistin: »Frau Kommissarin, unsere Produktion wird fast ausschließlich von Subunternehmen ausgeführt. Die Kooperation mit anderen Unternehmen ist in der Fleischbranche notwendig, um zum Beispiel saisonale Spitzen abzudecken. Alle Dienstleister, mit denen Osterhannes zusammenarbeitet, sind entsprechend geschult und werden verpflichtet, sämtliche Tierschutzvorgaben einzuhalten. Darüber hinaus sorgt ein mehrstufiges Kontrollsystem dafür, dass die hohen Ansprüche in Sachen Qualität, Sicherheit und Tierschutz auch umgesetzt werden. Trotz engmaschiger Kontrolle kann ein Fehlverhalten Einzelner nie mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden. Wann immer die Osterhannes-Ansprüche in Sachen Qualität, Sicherheit und Tierschutz in der Vergangenheit von Vertragspartnern nicht erfüllt wurden, habe ich sofort entsprechende Konsequenzen gezogen. Wenn dieser Mann nicht vertragsgemäß bezahlt wurde, werde ich selbst unverzüglich dafür sorgen, dass …«
    Diesmal nimmt Ginter ab. Sie hört dem Anrufer eine Weile zu. Dann steckt sie ihr Handy zurück. Mit einer schnellen Bewegung zieht sie ihre Dienstwaffe hervor und richtet sie auf Osterhannes.
    »Hände hoch, Osterhannes. Ein Kollege hat eben kontrolliert, was Sie in den schwarzen Kombi laden ließen.« Sie entsichert die Waffe. »Hände hoch. Oder ich schieße. Und glauben Sie mir, ich tu’s gerne.«
    Osterhannes nimmt die Hände hoch.
    »Ich verhafte Sie wegen …«
    »Halt«, schreit Jakob und stellt die Videokamera auf. »Wir haben eine Vereinbarung mit der Polizei.«
    Ginter lässt Osterhannes nicht aus den Augen.
    »Gut, stellt ihm eure Fragen.«
    Laura, Jakob und Cem reden gleichzeitig. »Warum quälen Sie die Tiere? Wie viel Antibiotika verfüttern Sie? Warum bezahlen Sie die rumänischen Arbeiter so schlecht? Wie konnten Sie ein solches Monster werden?«
    Kamera läuft.
    Osterhannes blickt genau in die Kamera und lächelt verächtlich. Dann sagt er: »Niemand sagt es mir direkt oder gar offen ins Gesicht, aber ich weiß, dass ich Hühnerbaron genannt werde. Das ist natürlich grober Unsinn. Ich bin kein Baron. Ich bin auch kein König. Ich bin der Kaiser.«
    Er redet lange. Als er geendet und Jakob die Kamera ausgeschaltet hat, sagt er noch: »Wären Sie drei, vielleicht vier Minuten später gekommen, sähe alles anders aus. Es ist nur ein Zufall. Und ich will Ihnen eines sagen: Sie können mich verhaften. Sie können vielleicht sogar die Marke Osterhannes vom Markt nehmen. Aber Sie können die deutsche Fleischwirtschaft nicht zerstören. Meine Markanteile übernehmen andere. Es wird weitergehen. Viele denken, wir Schlachter seien primitive Kerle. Die Fleischindustrie sei rückständig. Das Gegenteil ist wahr. Wir sind die Zukunft. Haben Sie nicht neulich den Film im Fernsehen gesehen? Er wurde direkt nach der Tagesschau gesendet, ›Hungerlohn am Fließband‹. Die Daimler AG kopiert unser Konzept der Werkverträge. Im Herzen der Industrie, an den Bändern in Untertürkheim. Und wir, wir werden weitergehen.
    Wir arbeiten mit den allermodernsten Unternehmen zusammen. Stellen Sie sich vor, Sie besuchen vegetarische Websites, erkundigen sich auf Facebook nach veganen Rezepten, fragen, ob fleischloses Essen gesundheitsgefährdend ist. Facebook, oder welches Programm auch immer, erkennt, dass Sie vor einer wichtigen Entscheidung stehen. Und dass diese Entscheidung negativ für die Fleischbranche ausfallen könnte. Nun wird in Zukunft folgendes geschehen: Sie sind in einem Supermarkt, und ihr Smartphone zeigt Ihnen plötzlich an, dass Sie, und nur Sie, heute an der Fleischtheke einen Rabatt von 25 Prozent bekommen. Oder: Sie parken irgendwo. Und schon wieder meldet sich ihr Smartphone: Das Steakhaus um die Ecke lädt Sie zu einem Ribeye zum Sonderpreis ein. Wie lange wird diese Person ihre Position zum fleischlosen Essen wohl aufrechterhalten? Zwei Wochen? Drei? Wir werden eine Vegetarierdatei aufbauen, eine Veganerdatei. Wir werden diese blutleeren Gestalten überschwemmen mit Angeboten, die sie nicht ablehnen können.
    Wir machen sie fertig! Wir werden riesige Mastanlagen bauen. In zehn Jahren werden wir in Hochhäusern mitten in Hamburg, in Berlin, in München brüten, mästen und schlachten. Wir werden Ställe mit hunderttausend Puten bauen. Wir werden geruchsfreie Schlachtereien in Wohnvierteln haben. Hohe Stückzahlen verringern die Kosten pro Stück – das ist das Credo, gegen das diese Kinder ohne
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