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Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord
Autoren: Theodor Muegge
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aus der Pension von Trondhjem stammten, und dazu paßte das rötliche helle Kleid von modernem Schnitt und das schwarze Seidenschürzchen, in dessen Taschen sie ihre Hände steckte.
»Das Jahr ist also heiter und gut bis jetzt vergangen«, sagte der Missionar, »und hat Ihr Herz froh gemacht, liebe Mary.«
»Ich bin zufrieden, Herr Propst«, erwiderte sie. »Mein guter Vater tut alles, was ich wünschen kann, und dieser Sommer ist so schön und warm – ich habe viele Freuden gehabt.«
»Zufriedenheit, mein Kind, ist das wahre Glück des Lebens«, fiel Stockfleth ein, »es ist mir recht von Herzen lieb, dies von dir zu hören.«
»Sie bleiben doch bei uns?« fragte Mary.
»Einige Tage, wenn es der Vater erlaubt«, antwortete er.
»Dann sollen Sie jeden Morgen einen frischen Blumenstrauß haben«, fuhr sie lebhaft fort. »Ole hat mein Gärtchen angelegt, und ich habe es gepflegt. Jetzt blühen Goldlack, Nelken und Reseda darin.«
»Herrlich!« rief der Missionar. »Aber wie geht es dem Gärtner, dem guten freundlichen Olaf?«
»Da steht er ja«, lachte das hübsche Mädchen, indem sie nach der Tür deutete, wo ihr Begleiter bescheiden noch immer im tiefen Schatten stand.
»Ei, Olaf Holmböe«, rief der Propst, »bist du da, mein Sohn? Sei gegrüßt und gesegnet! Ich bringe manchen Gruß mit von Freunden und Verwandten aus den Bergen.«
Er umarmte den jungen Mann, der nun hereingetreten war, und hielt ihn bei den Händen fest, indem er ihn beim Schein der Lampe betrachtete. Dann strich er das dunkle Haar von Olafs Stirn, klopfte ihm väterlich auf die Schulter und sagte einige Worte in den tiefen Gutturallauten der lappischen Sprache, welche niemand verstand. Die kurze Antwort, welche Olaf gab, hatte ein paar weitere Worte zur Folge, dann wandte sich Stockfleth zu dem Kaufmann.
»Ich sagte ihm soeben, daß ich ihn nicht sehr wohlaussehend finde. Er antwortete mir, daß er gesund und froh sei.«
»Was soll ihm auch fehlen?« rief Hvaland. »Er ist ein feiner Herr, der nichts zu tun hat, als dann und wann Küsterdienste zu verrichten und zur Winterzeit den Kindern der Böelappen, Finner und Quäner etwas Lesen und Schreiben beizubringen. Dafür hat die Regierung ihm Haus und Feldstück gegeben und zahlt ihm obenein zweihundert Spezies jährlich. Es ist freilich kein Geld, um viel zu vertun, aber Olaf mag zu mir kommen, wann er will, er findet seinen Platz am Tische. Rechts und links gibt es auch noch manche Nachbarn, die ihn gelegentlich für ihre Kinder brauchen könnten, wenn er wollte; so ist es denn zum Durchkommen und selbst zum Sparen. Ist es nicht so, Olaf Holmböe? Sage die Wahrheit, wo dein eiserner Topf vergraben ist!«
Hvaland spielte damit auf die Gewohnheit der Lappen an, alle ersparten Speziestaler in eisernen Töpfen irgendwo in der Wüste zu verbergen, wodurch jährlich bedeutende Summen verlorengehen, denn selbst auf dem Totenbett können sie sich selten entschließen, Frau und Kindern den Ort anzuvertrauen, wo der Schatz liegt.
Der Kaufmann lachte über seinen Witz, und Stureson stimmte ein, während ein rötlicher Schimmer Olafs gelblich bleiches Gesicht überflog, das mit düsterem Ausdruck sich niedersenkte. Die schmächtige Gestalt des jungen Mannes schien einige Augenblicke von einem leisen Zittern bewegt zu werden, er konnte keine Antwort finden als ein unmerkliches Schütteln des Kopfes, das ein neues Gelächter des Kaufmanns zur Folge hatte.
»Nicht?« rief Hvaland, »sparst nichts? Aber was zum Henker fängt er mit dem Gelde an? Ich glaube beinahe, die Spitzbuben aus den Bergen nehmen es ihm ab, wenn sie dann und wann zum Besuch kommen. Oder er trägt es ihnen hinauf, wenn er, wie kürzlich erst, von der Sehnsucht nach Rentier und Gamme ergriffen wird, von der ich Ihnen vorhin erzählte, Sorenskriver Stureson.«
»Wenn das der Fall wäre«, sagte Stureson spottend, »so müßte man darauf antragen, das hohe Gehalt des Schulmeisters herunterzusetzen.«
Mit einem festen Blick, dessen Unbeweglichkeit den Landrichter reizte, sah ihm Olaf ins Gesicht, ohne etwas zu erwidern. Stureson hatte große Lust, ihm seine Überlegenheit zu beweisen, aber er verachtete das armselige Geschöpf fast noch mehr, wie er ein Gefühl des Widerwillens empfand und unterdrückte. Der Schulmeister war seines Vorgängers Schützling und Pflegesohn, schon deswegen mochte er ihn nicht, aber es lag auch etwas in seinem Wesen und seinem Aussehen, was er nicht leiden konnte. Wäre dieser Lappe gewesen, wie sonst Lappen sind,
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