Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord
Autoren: Theodor Muegge
Vom Netzwerk:
Brüdern wandern.«
Hier wurden sie unterbrochen, denn Sturesön erschien und wurde von dem Kaufmann mit Freude empfangen. Der Landrichter sah heute weit stattlicher aus, als es gestern der Fall war. Meer, Sonne und Luft hatten ihm auf der langen Reise hart zugesetzt, nun aber kam er erfrischt durch Schlaf und Ruhe, gewaschen und gekämmt, rasiert und rein vom Wirbel bis zur Zehe. Er hatte seine Koffer geöffnet, feine Wäsche und frische Kleider angelegt und bemerkte recht gut, daß er dadurch in Hvalands ehrerbietigem Wohlwollen stieg und auch Marys Augen neugierig auf ihn blickten.
Der Kaufmann äußerte seine Wünsche, den Gast wenigstens heute noch hier zu behalten, aber er fand Bedenken bei Stureson, der sich nicht halten lassen wollte. Lächelnd zählte der Landrichter alle Gründe auf, die ihn bestimmten, rasch an den Malanger Fjord in sein Haus und an die Arbeit zu gelangen.
»Ein Tag tut es freilich nicht«, entgegnete er auf die erneuten Bitten, »aber das ganze Leben besteht aus Tagen, und ein kluger Mann schätzt nichts höher als die Zeit. Nun habe ich überdies viele Geräte und Möbel vorausgeschickt, andere kommen nach, ich will sehen, wie ich wohne, und muß fürchten, kein so stattliches Haus vorzufinden, wie Sie es besitzen, mein werter Freund.«
»Es ist ein gutes, warmes Haus«, erwiderte Hvaland, »und obwohl es nicht allzu groß ist, hat Holmböe doch für manches gesorgt. Hat einen Gatten angelegt, seltene Pflanzen gezogen und den Boden rund umher mit großer Mühe und vielen Kosten fruchtbar gemacht. Ist die schönste Besitzung geworden, die man sehen kann.«
»Das soll uns zustatten kommen«, lachte Stureson. »So müht sich der eine um den anderen und weiß nicht, für wen er arbeitet. Das Haus aber will ich nach meinem Geschmack schon ausbauen und einrichten; ich liebe es, bequem und behaglich zu wohnen, und denke, meine Freunde und Nachbarn sollen mit mir zufrieden sein, wenn sie mich besuchen.«
»Macht denn mit der Zufriedenheit gleich den Anfang, Sorenskriver, und bleibt heut bei uns«, sagte Hvaland dringend. »Schickt das Boot zurück, morgen soll mein eigenes Kirchenboot Euch nach Hause bringen.«
»Wenn ich auch wirklich darauf einginge«, erwiderte Stureson, »habt Ihr nur Last und Beschwerden daran, und darf ich glauben, daß Jungfer Mary, die kein Wort gesagt hat, mich auch gern bleiben sieht?«
Er neigte sich dabei zu Mary hin, die verwirrt errötete, während ihr Vater mit einer kräftigen Beteuerung behauptete, daß seine Tochter es ebenso sehnlich wünsche wie er selbst.
»Ja, wenn ich das hoffen darf!« rief der Landrichter.
»O gewiß, glauben Sie es, Herr Stureson«, antwortete Mary, »des Vaters Wunsch ist auch der meine. Wir können nichts Lieberes wünschen, als einem so werten Gast recht lange zu gefallen.«
»Dann muß ich bleiben, weil Sie es befehlen«, fiel Stureson ein, indem er sich höflich verbeugte, und fügte, ihr die Hand reichend, schmeichelnd hinzu: »Ich hoffe, Jungfer Mary, daß der heutige Tag mir ein froher und erinnerungsreicher Tag sein werde, indem ich Ihnen beweisen kann, wie gern ich ihn in Ihrer Gesellschaft verlebe.«
»Wenn wir einem verwöhnten Herrn aus dem Süden nur mehr zu bieten hätten«, antwortete Mary freundlich, aber zurückhaltend. »Doch was wir haben, ist gar wenig.«
»Ich nehme alles an«, fiel der Landrichter erneut ein, »und werde sehr damit zufrieden sein.«
»So wollen wir Ihnen zeigen, wie schön es hier ist. Oben auf den Felsen kann man weit hinaus über viele Fjorde und auf die Schneegipfel und Inseln schauen. Wenn wir zurückkehren, scheint die Sonne in mein Gärtchen, und wenn Sie Musik lieben oder selbst treiben, so haben wir hier ein Instrument.«
Stureson griff ein paar Oktaven, um zu zeigen, daß er etwas davon verstehe, dann sagte er: »Meine Kunst ist gering, ich habe nie Zeit und Ausdauer genug gehabt, aber ich liebe Musik über alle Maßen und bringe einen schönen Flügel aus Wien mit, der Ihnen besser gefallen soll als dies Klavier. – Was Sie aber auch tun wollen, Jungfer Mary, ich will gern folgen, sehen und genießen!«
Der Kaufmann mischte sich ein; er hatte gern gehört, was Stureson sagte, und ebenso gern seine Blicke, Mienen und sein ganzes Benehmen betrachtet, was er heimlich berechnete und ein Fazit herausbrachte, das der Rechnung des Landrichters ziemlich nahe kam. Während des Frühstücks dachte er weiter darüber nach und beobachtete Stureson, der sich fortgesetzt mit Mary unterhielt, ihr von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher