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Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord
Autoren: Theodor Muegge
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Tronthjem erzählte, einzelne Personen kannte, die sie gekannt hatte, mit ihr scherzte und lachte und von seinen reichen und angesehenen Verwandten sprach, welche überall im Lande wohnten, alten Familien angehörten und hohe Ämter bekleideten. Dazwischen erzählte er auch manches von sich selbst, von Unglück und Leid, das ihn getroffen, von Kränkungen, die er erfahren, und berührte nebenher, daß er allein und frei in der Welt stehe, nachdem der Tod ihm genommen, was er besessen. Er sprach gelassen und offen davon, aber sein stolzes, hartes Gesicht blieb nicht ohne Empfindung; das schmerzliche Lächeln, das darüber hinflog, erweckte Teilnahme. Marys Augen hingen tröstend an dem großen, kräftigen Mann, der so mild und traurig von seinem Schicksal sprechen konnte.
»Nun aber ist es überwunden«, rief Stureson dann, und seine Blicke glänzten wieder feurig und froh, »ich stehe hier auf meinen Beinen, habe ein Leben vor mir, das Freude verspricht und Wohlsein, und denke, ein Mann muß den Kopf aufheben und mutig erwerben, was ihm fehlt!«
»Recht gedacht«, sagte Hvaland, »und hier, Herr Stureson, liebt man Männer, die kühn und gewaltig sind. Habt es hinter Euch, was Sorgen macht, laßt uns an das denken, was Sonnenschein in Euer Haus bringt.«
Dann durchwanderte er mit seinem Gast die weitläufigen Vorratsräume, Packhäuser und Warenhäuser, welche den Wohlstand ihres Eigentümers bezeigten. Fünf große Bergenfahrer hatten die Masse des Stock- und Salzfisches fortgeschafft, aus deren fetten Lebern die mächtigen Trantonnen gefüllt waren, welche jetzt oben nach dem Handelsplatz geschafft werden sollten. Aus allem, was Christie Hvaland sagte, leuchtete hervor, daß er zu den Reichsten im Lande gehörte, und als er endlich mit dem Landrichter und Mary den Felsengürtel hinaufstieg, in dessen Schutze das Haus lag, ergab sein Gespräch, daß ihm der größte Teil des umliegenden Landes, die Fischerhäuser an der weiten Bucht, die bebauten Striche und der Wald in den Schluchten gehörte, welcher tief ins Gebirge, bis an die Berdoelf hinlief.
Der Tag war so schön wie der vergangene. Die Sonne funkelte vom fleckenlosen Himmel über das glänzende Meer. Über die Halbinsel von Lenvig hinaus konnte man den breiten Malanger Fjord erkennen, und unter dem Birkengebüsch, mitten im Wiesengrün des schönen Grundes lag das Haus des Kaufmanns, als sei es auf den saftigen Matten eines englischen Parks erbaut.
Während Hvaland die Namen ferner und naher Berge, Inseln, Kaufstellen und Plätze nannte und Mary ihm einhalf, dachte Stureson noch ernsthafter über das nach, was ihm gestern abend eingefallen war und womit er am Morgen aufwachte. Er fand, daß es gar nicht übel sei, der Schwiegersohn dieses filzigen Tranhändlers zu werden, der so viel Waren, Land und Geld und nur die eine Erbin besaß. Als klug rechnender Mann hielt er es freilich vor allen Dingen nötig, zuvörderst genauere Nachrichten einzuziehen und zuzusehen, ob nicht etwa noch eine bessere Partie zu machen sei als diese. Wenn aber der Schein nicht trog, so war er seiner Sache gewiß. Er war mit der Absicht gekommen, sich hier eine Frau zu nehmen; verständige und erfahrene Leute hatten ihm gesagt, daß ohne Frau und Häuslichkeit in diesen Einöden das Leben nicht zu ertragen sei, und hatten ihm den Rat erteilt, aus der reichen Aristokratie der Kaufleute sich ein Mädchen zu wählen, das mit ihrem Geld ihm zugleich die ganze angesehene Verwandtschaft mitbrächte.
Dieser Rat war auf fruchtbaren Boden gefallen. Im Süden hätte Stureson lange suchen müssen, ehe eine nach seinen Wünschen ihm die Hand gereicht hätte. Sein Ruf war schlecht, seine leichtsinnigen Handlungen, sein Leben und Charakter genugsam bekannt. Hier hatte nun der Zufall ihn sogleich mit Mary zusammengeführt, was er als einen Wink des Schicksals betrachtete und keinen Augenblick zweifelte, daß dies einfältige Ding leicht von ihm gewonnen werden könnte. Eines Stockfischhändlers und Krämers Tochter, und wäre sie noch so dicht mit silbernen Spezies behangen, mußte aber jedenfalls gern den Landrichter Stureson nehmen, der wohl einmal sogar Amtmann werden konnte. Mit diesen Gedanken betrachtete er das Mädchen, das obenein einigen Anstand besaß und ein leidliches Gesicht hatte.
Nach kurzer Zeit stieg Hvaland wieder hinunter, denn die Geschäfte in den Packhäusern erforderten seine Gegenwart. Er hatte jedoch seine Tochter aufgefordert, den Gast bis in die tiefste Spitze der
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