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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman
Autoren: Isabel Ashdown
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Sorry, Schätzchen, kommt nicht infrage. Er versucht sie abzuwimmeln. Da läuft ein Fußballspiel, die wollen nicht gestört werden.
    Malcolm lacht. Er weiß nicht, dass es meine Mum ist. Ich versuche, mich normal zu benehmen, schneide eine Grimasse und wühle in der Bonbontüte.
    »Ja, verfluchte Scheiße«, sage ich. Mir dröhnt der Schädel. »Malc, Alter – ich muss pinkeln. Geh schon mal rein und sag Dad, ich komme gleich.« Ich tue so, als wollte ich um den Pub herum zum Klo.
    Malcolm nickt, stopft sich noch mehr Süßigkeiten in den Mund und mustert die betrunkene Frau von oben bis unten, als er an ihr vorbei durch die Tür geht. Eric, der Wirt, sieht mich und schüttelt den Kopf, als wollte er sagen: Keine Sorge, Jakey. Einen Moment lang stehe ich wie angewurzelt da und starre auf ihren Hinterkopf. Sie ist eine Gorgone, und ich bin zu Stein geworden.
    Leise gehe ich hinüber, schiebe meine Hand in ihre und führe sie vom Pub weg.
    »Ich mach dir einen schönen Tee, Mum. Ich glaube, wir haben hinten noch Holz. Es ist kalt genug, um den Kamin anzuzünden, meinst du nicht auch?«
    Mum schlurft neben mir her und zittert wortlos, bis wir zu Hause sind. Wir gehen rein, und sie schlingt die Arme um mich und schluchzt an meiner Schulter.
    »Du weißt, ich hab dich lieb, Jakey. Das darfst du niemals, niemals vergessen, mein Schatz. Ich hab dich lieb.«

 
    Mary,
    Mai 1957
    Oben auf Devil’s Dyke ist der Himmel hell und klar. Ich stehe ein bisschen abseits und sehe zu, wie Mummy eine frische weiße Tischdecke ausschüttelt. Der Wind versucht sie ihr aus den Händen zu reißen. Sie breitet sie auf der Picknickwolldecke aus und greift nach ihrem Korb, aber wieder zerrt den Wind an dem Tischtuch. Rachel sitzt neben mir im Gras, mürrisch und gelangweilt. Sie sagt, sie ist zu alt für Tea-Partys zum Geburtstag.
    Mummy macht schmale Augen in der Sonne. »Du bist erst zwölf, Himmel noch mal, Rachel! Komm her und hilf mir, dieses verflixte Tuch festzuhalten.«
    Daddy kommt den Berg heraufgestapft. Er war spazieren. Sein sonst so ordentlich gekämmtes Haar flattert im Wind, und mir gefällt die beschwingte Art, wie er in seinem Tweed-Anzug auf uns zumarschiert kommt. Er sieht, dass ich ihn beobachte, und hebt die Hand.
    Rachels Laune bessert sich, weil sie eine Aufgabe hat. Sie holt die Marmeladentörtchen heraus, die sie heute Morgen gemacht hat, legt sie auf den Teller, eins nach dem andern, ein klares Muster. Mummy lässt Rachel immer die Küche machen. »Du bringst nur alles durcheinander«, sagt sie zu mir. Rachel ist von Natur aus gut darin, und deshalb ist das wohl wirklich die Wahrheit.
    »Wollen wir ihr jetzt ein kleines Geschenk geben?«, fragt Daddy und sieht Mummy an, als er atemlos vor uns steht. Er hat die Hände in den Hüften, den Bauch vorgestreckt. In letzter Zeit scheinen seine Westen um die Taille herum enger zu werden. Wenn Mummy es erwähnt, klopft er sich mit beiden Händen auf den Bauch und sagt etwas vom »guten Leben«.
    »Wie du willst.« Mummy wendet den Blick nicht von ihren Lunch-Vorbereitungen. Sie packt eine verkorkte Flasche mit selbst gemachter Limonade und vier Porzellantassen aus.
    Daddy hockt sich hin und wühlt in dem Korb. »Bist du sicher, dass du alles eingepackt hast?«, ruft er über die Schulter.
    »Na, wenn du es dahin getan hast, wo ich es dir gesagt habe, dann habe ich auch alles eingepackt.« Mit ernstem Blick mustert Mummy das ausgebreitete Picknick. Sie greift in ihre Handtasche und bindet sich mit energischen Bewegungen ein Kopftuch um, damit der Wind ihre Frisur nicht ruiniert. Sie trägt kein Make-up außer einem perfekt aufgetragenen, tomatenroten Lippenstift. Aus dieser Entfernung sieht man keine Gesichtszüge, nur ihre Lippen. Ich kann mich nicht erinnern, sie je ohne ihre Lippen gesehen zu haben.
    »Aha!«, sagt Daddy. Er dreht sich um und reicht mir ein langes, flaches Päckchen in braunem Papier und mit einer Schleife. »Ist leider nicht besonders gut verpackt. Das liegt an mir, fürchte ich. Happy birthday, Zehnjährige!«
    Er sucht immer selbst etwas aus, meistens etwas Lustiges, an das Mummy nie gedacht hätte. Ich knie mich auf den Rand der Wolldecke und fange an, die Schleife aufzubinden, und Rachel und Mummy schauen mir über die Schulter. Daddy hockt vor mir und sieht mir erwartungsvoll ins Gesicht. Als ich das braune Papier zurückschlage, blitzt mir etwas leuchtend Rotes und Gelbes entgegen, umwickelt mit einer weißen Schnur.
    »Ein Drachen?«, fragte
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