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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest
Autoren: Marcus Imbsweiler
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sagte ich. »Es gibt da noch einige Unterlagen, die Beatrice über ihren Vater gesammelt hat. Ich habe sie dir kopiert. Zu einem Roman taugen sie auch nicht, aber als Erinnerung.«
    »Ich bin gespannt.«
    »Gut«, sagte Fischer und warf seinen Zigarillostummel auf die Bahngleise. »Beziehungsweise schlecht. Wir sollten jetzt aufbrechen und Pupserchen erlösen. Beim Kollegen Greiner weiß man nie. Der steht auf diese Leopardenweiber.« Er drehte sich um und schritt zur Treppe.
    »Herr Fischer!«, rief ich. »Würde es Ihre Laune und Ihren Gesundheitszustand bessern, wenn Sie den Namen des eigentlichen Anschlagsziels wüssten?«
    »Keine Sorge«, gab er über die Schulter zurück. »Ich werde einen Aufruf in die Neckar-Nachrichten setzen: Wer sich für das wahre Opfer hält, bitte melden.«
    »Es gibt einen besseren Weg.«
    Er war schon auf halber Höhe. »Und der wäre?«
    »Fragen Sie Max Koller.«
    Der Kommissar blieb stehen. Eine Hand am Geländer, blickte er nach oben, kratzte sich am Kinn, blickte zu uns herunter. Dann drehte er sich um und kam die Treppe herab.
    »Gut«, brummte er. »Ich frage Sie: Wer wars?«
    Usedom sah mich gespannt an.
    »Der da«, sagte ich und hielt beiden die Zeitschrift unter die Nase. Auf dem Titel posierte ein gut aussehender junger Mann in Sakko und Jeans, eine Weltkugel lässig in der Hand.
    »Der da«, nickte Fischer. »Natürlich, wer sonst. Wenn Sie sich den Kicker geschnappt hätten, wäre Michael Ballack das Opfer. Jetzt ist es also ein gewisser Adrian Manteuffel.«
    »Krieg der Manager«, las Usedom. »Bei solchen Aufmachern könnte ich kotzen.«
    »Vielleicht stimmt er in diesem Fall«, meinte ich. »Sagt dir der Name Manteuffel nichts?«
    »Doch. Über den stand gestern etwas in der Zeitung. Ein Aktienspekulant, der Großunternehmen frontal angreift.«
    »Angreift ist das richtige Wort. Passend zur Überschrift. Im Zuge der Finanzkrise hat er sich eine ganze Reihe von Firmen unter den Nagel gerissen, hält die Aktienmehrheit bei Skoda, kontrolliert die Deutsche Börse AG über seine Hedgefonds. Und jetzt plant er aktuell die Übernahme einer der größten deutschen Banken. Ein Spekulationsgenie, sagen die einen. Ein brutaler Finanzhai, die anderen.«
    »Und?«, mischte sich der Kommissar ungeduldig ein. »Was hat der mit unserem Fall zu tun?«
    »Er besitzt ein Penthouse in der Weststadt. Und er war vor einer Woche auf dem Uniplatz.«
    Beide starrten mich verblüfft an. »Woher weißt du das?«, fragte Usedom.
    »Ich weiß es nicht. Es ist aber sehr wahrscheinlich.« Ich blätterte in dem Heft herum. »Herr Fischer, erwähnten Sie nicht zuletzt eine Zeugin namens Forsberg? Eine Schwedin, Sängerin dieser Odenwaldband.«
    Er nickte.
    »Auch in Marc Covets Artikel fiel ihr Name. Hier sind die beiden.« Ich zeigte auf ein Foto, das Manteuffel und die Frontfrau der Fidelen Odenthäler an Bord einer Motorjacht zeigte.
    »Sie meinen, er hat das Konzert seiner Freundin besucht?«
    »Ich würde darauf wetten. Laut Manager Magazin lässt sich unser Jungspund zwischen zwei Börsencrashs gerne in der Disco blicken. Wahrscheinlich wollte er seiner Liebsten eben einen Strauß Rosen auf die Bühne werfen, als die Ballerei losging.« Ich wies auf Pupserchens Blumen, die geknickt auf dem Bahnsteig lagen.
    »Das müsste von Kant gewusst haben.«
    »Halten Sie das für ausgeschlossen? Ich nicht.«
    »Aber warum kommt der Junge dann nicht zu uns? Er muss doch gemerkt haben, dass der Anschlag ihm galt.«
    »Muss er? Da bin ich anderer Meinung. Stellen Sie sich vor, Sie stehen irgendwo im Publikum, als plötzlich ein Irrer auf die Bühne stürmt und blindlings um sich schießt. Kämen Sie da auf den Gedanken, der Anschlag sei missglückt und Sie das eigentliche Opfer?«
    »Wenn ich ein millionenschwerer junger Hüpfer wäre, ja.«
    »Das bezweifle ich. Vergessen Sie nicht, was es für eine Anmaßung bedeutet, der Öffentlichkeit mitzuteilen: Fort mit den vier Toten, in Wirklichkeit ging es um mich. Nur um mich! So egozentrisch muss man erst einmal sein.«
    »Für einen wie Petazzi kein Problem«, warf Usedom ein.
    »Genau. Und das ist der Unterschied. Petazzi leidet längst unter Verfolgungswahn. Der wird jedes zweite Attentat weltweit auf sich beziehen. Manteuffel hat sich bestimmt auch seine Gedanken gemacht. Aber plötzlich spricht jeder von den Neonazis, es gibt ein Bekennerschreiben, die Polizei konzentriert sich auf diese eine Spur – da erledigt sich die Vorstellung, man selbst könnte
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