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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin
Autoren: Maxime Chattam
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um die rot glimmende Feuerstelle herum und sehnten den Schlaf herbei. Plusch streckte sich grummelnd und rollte sich dann im Gras zusammen.
    Wie in jeder Nacht, seit sie aufgebrochen waren, wurden sie lange von Zweifeln und Sorgen geplagt, bis sie endlich in einen unruhigen Schlaf fielen.
     
    Zwei Tage später waren ihre Vorräte endgültig aufgebraucht.
    Auf ihrem Weg kamen sie immer wieder an Büschen vorbei, an denen riesige braune und orangefarbene Beeren wuchsen, doch Ambre hinderte ihre Freunde jedes Mal daran, der Versuchung zu erliegen. Sie wies hartnäckig darauf hin, dass sie nicht sicher sein konnten, welche Früchte essbar und welche giftig waren.
    »Wir sind keine Weitwanderer«, sagte sie und dachte wehmütig an die Pans, die von Gemeinschaft zu Gemeinschaft zogen, um Nachrichten zu überbringen. »Ohne die nötigen Kenntnisse können wir dieses Risiko nicht eingehen.«
    »Ach ja?«, erwiderte Tobias verärgert. »Und was sollen wir heute bitte essen?«
    »Nur Geduld, wir werden schon was finden.«
    »Wann? Morgen? In drei Tagen? Wenn wir verhungert sind?«
    Vor Erschöpfung lagen ihre Nerven blank. Matt hob beschwichtigend die Hände.
    »Wir werden auf die Jagd gehen, etwas anderes bleibt uns wohl nicht übrig. Toby, glaubst du, dass du bis heute Mittag ein Tier fangen kannst?«
    »Ich werd’s versuchen.«
    Während seine beiden Freunde ein notdürftiges Lager aufschlugen, kroch Tobias durch das Unterholz und legte Schlingen aus, mit denen er ein kleines Reh oder einen Hasen zu fangen hoffte. Er prägte sich gut ein, wo er die Fallen aufgestellt hatte, und ging dann zum Lager zurück.
    Ambre und Matt diskutierten gerade über die Alteration, als er zu ihnen stieß.
    Die Alteration. Die zunächst fast unmerkliche, aber doch stetige Veränderung, die manche Pans an sich bemerkt hatten und die mit der Zeit das Ausmaß übernatürlicher Kräfte annahm.
    »Glaubst du, dass die Alteration auch bei den anderen Gemeinschaften aufgetreten ist?«, fragte Matt.
    »Was bei uns passiert ist, hat sich bestimmt auch an anderen Orten ereignet. Vielleicht hat es hie und da etwas länger gedauert, aber ich bin sicher, dass viele Pans inzwischen in der Lage sind, ihre neuen Fähigkeiten zu beherrschen.«
    »Ich habe fünf Schlingen ausgelegt, jetzt heißt es abwarten und Daumen drücken«, verkündete Tobias.
    Während sie plauderten, streckten sie ihre müden Beine aus. Der Halt kam zum richtigen Zeitpunkt: Sie konnten einfach nicht mehr. Alles tat ihnen weh, die Füße, die Waden, die Oberschenkel. Matt versuchte, seine Unruhe vor den anderen zu verbergen. Jede Minute, in der sie nicht vorwärtskamen, war verlorene Zeit. Er fürchtete den Torvaderon.
    Seit ihrem Aufbruch war keine Nacht vergangen, in der er nicht von ihm träumte. Er sah seine unförmige Gestalt über eine Lichtung wogen, bis sich wieder der schreckliche Totenkopf zeigte, der ihm mit eisiger Stimme zuflüsterte: »Komm zu mir, Matt. Ich bin hier. Komm. Komm
in
mich.«
    Trotzdem wusste Matt, dass sie die Pause bitter nötig hatten. Sie konnten nicht ewig in diesem Tempo weitermarschieren. Und das Schlimmste stand ihnen ja noch bevor: die Durchquerung des Blinden Waldes.
    Plötzlich bemerkte Matt, dass seine Hündin nicht da war.
    »Habt ihr Plusch gesehen? Sie ist schon seit einer ganzen Weile verschwunden«, sagte er besorgt.
    »Hm, stimmt. Ich hab sie ganz vergessen«, gestand Tobias.
    Ambre, die gerade ihre Alteration trainierte – sie hatte die Fähigkeit entwickelt, nur durch Gedankenkraft Gegenstände zu bewegen –, hob den Kopf.
    »Du kennst sie doch, sie kommt sehr gut allein zurecht. Entspann dich. Sie sucht bestimmt etwas zu fressen.«
    Einige Minuten später raschelte es im Farn, und der struppige Kopf der Hündin kam zum Vorschein. Sie trug einen Hasen im Maul, den sie vor Matts Füßen ablegte.
    »Du bist wirklich eine außergewöhnliche Hündin, weißt du das? Danke, Plusch!«
    Plusch schüttelte sich und trottete davon, um sich im Schatten eines Baumes von den Strapazen der Reise auszuruhen.
    Tobias’ Augen glänzten vor Aufregung. Endlich wieder frisches Fleisch!
    »Wie gehen wir vor? Das Fell brät man ja nicht mit, oder?«
    »Zuerst muss man ihn vorbereiten«, erklärte Ambre mit vielsagendem Blick.
    »Du meinst: ihm die Haut abziehen, ihn ausnehmen und enthaupten?«, fragte Tobias.
    »Genau.« Sie seufzte, als die beiden Jungen angewidert das Gesicht verzogen. »Na schön, hab schon verstanden. Ich übernehme das, Tobias,
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