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ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)

ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)

Titel: ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
Autoren: Maxime Chattam
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ihn zukam. Dann fuhr er herum und floh im Zickzack durch die hohen Regale, bis er endlich die Tür erreichte, die sich gerade hinter Tobias schloss. Das Tageslicht, das durch den Spalt hereinfiel, wirkte fern, beinahe unwirklich. Mit einem Satz stürzte Matt zum Ausgang, zog am Griff und drehte sich auf dem Absatz noch einmal um, ohne zu wissen, warum.
    Der Alte stand am anderen Ende des Ganges zwischen seinem Gerümpel im Halbdunkel und musterte ihn. Als die Tür sich sachte schloss, grinste er selbstzufrieden. Und im letzten Augenblick sah Matt klar und deutlich eine gespaltene Zunge zwischen Balthazars Lippen hervorschießen, eine züngelnde Schlangenzunge.

2. Magie
    V or dem Sturm beobachtete Matt noch ein zweites und letztes übernatürliches Phänomen.
    Die Begegnung mit Balthazar hatte ihn zutiefst aufgewühlt, und als er nach einer kurzen Diskussion mit Tobias verstand, dass er der Einzige gewesen war, der das alles gesehen hatte, erzählte er nichts davon. Lag es an der Scheidung seiner Eltern? War er vielleicht so verletzt, dass er Visionen bekam? Unmöglich, das konnte er sich doch nicht eingebildet haben! Balthazar trug wirklich eine Schlange um den Arm und hatte einen riesigen Schlangenschwanz im Rücken! Und er hatte ihm die Zunge herausgestreckt, eine gespaltene Zunge! Das war nur das Halbdunkel, die Angst , versuchte er sich halbherzig einzureden.
    Am Freitagabend läutete die Schulglocke die Ferien ein. Matt ging direkt nach Hause, ihm war nicht danach, etwas mit seinen Freunden zu unternehmen. Er wohnte im 23. Stock eines Hochhauses in der Lexington Avenue. Die Wände seines Zimmers waren mit Filmpostern zutapeziert, vor allem aus Der Herr der Ringe . Auf ein paar Regalbrettern stand seine dazugehörige Figurensammlung: Aragorn, Gandalf und die ganze Gemeinschaft der Ringsucher thronten gegenüber seinem Bett.
    Matt schaltete seine Stereoanlage ein, und sofort donnerten die aggressiven Riffs von System of a Down durchs Zimmer. Er warf sich auf sein Bett und sah sich in seinem Reich um. Das alles war neu für ihn, jene Mischung aus dem Matt, der gern von Fantasy-Welten träumte, und dem in der Wirklichkeit angekommenen Matt, der in den letzten Sommerferien auf einmal aufgetaucht war, als er mit seinem zwei Jahre älteren Cousin Ted in Vermont war. Diese ungewohnte Facette seiner Persönlichkeit hatte sich entwickelt, nachdem er Patty und Connie, zwei sechzehnjährige Mädchen, kennengelernt hatte. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er darauf geachtet, wie er aussah, was er sagte und was die anderen von ihm dachten. Er hatte die Aufmerksamkeit der beiden Mädchen auf sich lenken, sich wichtig machen wollen. Ted war ihm mit Rat und Tat zur Seite gestanden, hatte ihm Metal-CDs vorgespielt und ihm Tipps gegeben, wie er Mädchen anmachen konnte. Bei Schulanfang kehrte ein vollkommen verwandelter Matt in seine Klasse zurück. Auch äußerlich hatte er sich verändert: Verschwunden war der Babyspeck, seine Züge waren ausgeprägter und feiner geworden. Sein Lieblingsoutfit bestand nun aus Sportschuhen, blauen Jeans, dunklen Pullovern oder T-Shirts und einem knielangen schwarzen Mantel mit Kapuze, den er gern im Wind flattern ließ. Außerdem hatte er seine Haare wachsen lassen, so dass sie sich hinter den Ohren und im Nacken wie viele kleine Fragezeichen zu kräuseln begannen.
    In letzter Zeit prallten diese beiden Welten immer wieder aufeinander: die Welt der Spiele und der Figuren, die er so mochte, und die des jungen Mannes, der allmählich erwachsen wurde. Er fragte sich, wie er damit umgehen sollte: War es ein Zeichen von Reife, all das aufzugeben, was ihn bisher begeistert hatte? So war es gerade bei Newton. Tobias hingegen steckte noch in seiner Traumwelt, Klamotten waren ihm völlig egal, und er lebte nur für die Pfadfinder und die Spiele.
    Der Sänger von System of a Down brüllte seine monotonen Songs, und Matt glitt langsam in einen unruhigen Schlaf, in dem er zunächst von seinen sich wie immer zankenden Eltern heimgesucht wurde, dann von Pattys und Connies aufregenden Kurven und schließlich von einem Mann mit den Augen und der Zunge einer Schlange …

    Weihnachten kam schneller, als Matt befürchtet hatte; die Tage vergingen im Rhythmus seiner Rollenspielpartien mit Newton und Tobias. Sein Freund war zu Hause geblieben, da die Wettervorhersage seine Pfadfindergruppe veranlasst hatte, ihren Ausflug in die Wälder abzublasen. Zu Ferienbeginn verreisten Matts Eltern beruflich für drei
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