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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht
Autoren: Agatha Christie
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beim Sortieren Schätze.«
    »Möglich«, sagte Tommy.
    »Ich bin überzeugt. Vielleicht ist so ein Buch viel Geld wert.«
    »Und was machen wir dann? Verkaufen wir es?«
    »Das sollten wir wohl. Wir könnten es natürlich auch behalten und herumzeigen. Weißt du, nicht zum Angeben, aber wir könnten erzählen, dass wir eine Entdeckung gemacht haben. Übrigens glaube ich im Ernst, dass wir was Interessantes finden werden.«
    »Was denn – ein altes Lieblingsbuch, das du vergessen hast?«
    »Nein, so hab ich es nicht gemeint. Ich dachte an etwas Aufregendes, Überraschendes. An etwas, das unser Leben verändert.«
    »Ach, Tuppence«, sagte Tommy, »was für eine blühende Fantasie du hast! Ich halte es für viel wahrscheinlicher, dass wir was Unangenehmes finden.«
    »Unsinn, Tommy! Man darf nie die Hoffnung aufgeben. Sie ist das Wichtigste im Leben: Hoffnung. Vergiss nicht, ich bin immer voller Hoffnung.«
    »Das weiß ich.« Tommy seufzte. »Ich habe es schon oft bedauert.«

2
     
    M rs Beresford stellte Die Kuckucksuhr wieder ins Bücherregal; sie wählte einen freien Platz im drittuntersten Fach. Alle Molesworth-Bücher standen dort. Sie zog Das Gob e linzimmer heraus und hielt es nachdenklich in der Hand. Oder sollte sie lieber Die Farm zu den vier Winden lesen? Daran konnte sie sich weniger gut erinnern als an Die Kuckucksuhr und Das Gobeli n zimmer. Ihre Finger wanderten die Reihe entlang…
    Sie kam voran. Ja, sie kam sogar sehr gut voran. Wenn sie nur nicht immer wieder bei ihren alten Lieblingen hängen bliebe und läse. Das war sehr reizvoll, aber sie vertrödelte so viel Zeit.
    Und wenn Tommy abends beim Nachhausekommen fragte, wie es ihr ergangen war, brauchte sie viel Takt und Geschick, ihn daran zu hindern, nach oben zu gehen und nachzusehen, wie die Bücherregale in Wirklichkeit aussahen. Es dauerte eben alles seine Zeit. Der Einzug in ein Haus dauerte immer lange, viel länger, als man glaubte. Und die vielen störenden Leute, wie zum Beispiel die Elektriker, die offenbar nie mit dem zufrieden waren, was sie beim letzten Mal gemacht hatten, die größere Fußbodenflächen aufrissen und mit fröhlichem Gesicht neue Fallgruben für die nichts ahnende Hausfrau legten, wenn sie durchs Zimmer ging, einen Fuß falsch setzte und gerade noch rechtzeitig von dem unsichtbaren Elektriker gerettet wurde, der unter dem Fußboden herumkroch.
    »Manchmal«, sagte Tuppence laut, »wünschte ich mir, wir wären nie aus Bartons Acre ausgezogen.«
    »Erinnere dich an die Esszimmerdecke«, hatte Tommy gesagt, »und denk an den Dachboden und was mit der Garage los war. Beinahe wäre das Auto draufgegangen, weißt du noch?«
    »Ach, die hätten wir sicherlich zusammenflicken lassen können.«
    »Nein«, erwiderte Tommy. »Wir hätten das ganze verkommene Haus renovieren oder eben ausziehen müssen. Und eines Tages wird dieses hier sehr schön sein, davon bin ich überzeugt. Auf jeden Fall haben wir genug Platz und können tun, was wir wollen.«
    »Du willst also damit sagen, dass wir alles unterbringen und behalten können?«
    »Ja, ich weiß«, hatte Tommy geantwortet, »man hebt immer viel zu viel auf. Ich bin ganz deiner Meinung.«
    Und nun, im Augenblick, dachte Tuppence darüber nach, ob sie wohl jemals mit diesem Haus viel anfangen könnten, abgesehen von der Tatsache des Einziehens. Anfangs hatte alles so einfach ausgesehen, aber es war immer schwieriger geworden – vor allem wegen der vielen Bücher.
    »Wenn ich ein nettes, normales Kind von heute wäre«, sagte Tuppence laut, »hätte ich nicht schon so früh Lesen gelernt. Die Kinder, die jetzt fünf oder sechs sind, scheinen nicht lesen zu können; viele können es nicht mal mit zehn oder elf. Ich weiß gar nicht, warum es uns so leicht fiel. Wir konnten alle lesen. Ich und Martin von nebenan und Jennifer unten an der Straße und Cyril und Winifred. Ich will nicht behaupten, dass wir gut buchstabieren konnten, aber wir konnten lesen, was wir wollten. Ich weiß nicht, wie wir es gelernt haben. Wahrscheinlich haben wir immer gefragt. Was auf den Plakaten stand und auf der Reklame für Carters kleine Leberpillen. Das haben wir immer gelesen, wenn der Zug in London einfuhr. Es war so aufregend. Mein Gott, ich muss weitermachen!«
    Sie stellte einige Bücher um. Dann verstrich eine Dreiviertelstunde, während sie sich in Alice hinter den Spi e geln vertiefte und später in Charlotte Yonges Unbekan n tes aus der Geschichte. Ihre Hände glitten über den dicken,
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