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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht
Autoren: Agatha Christie
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herausbekommen. Siehst du, was ich aufgeschrieben habe? Erkennst du es? Wenn man sie der Reihe nach liest, ergibt es einen Sinn: M-a-r-y. Diese Buchstaben waren unterstrichen.«
    »Und was soll das heißen?«
    »Einfach: Mary.«
    »Na schön, es heißt also Mary. Ein Kind mit Fantasie, vermutlich. Sie wollte zeigen, dass es ihr Buch war. Die Menschen schreiben nun mal ihre Namen in Bücher.«
    »Jawohl, Mary«, sagte Tuppence. »Und die nächsten unterstrichenen Buchstaben ergeben J-o-r-d-a-n.«
    »Na, bitte: Mary Jordan. Absolut natürlich. Jetzt kennst du ihren Namen. Sie hieß Mary Jordan.«
    »Aber das Buch hat ihr gar nicht gehört. Vorn steht in einer krakeligen Kinderschrift: Alexander. Alexander Parkinson, glaube ich.«
    »Hm. Spielt das wirklich eine Rolle?«, fragte Tommy.
    »Natürlich spielt es eine Rolle.«
    »Ach, komm schon! Ich habe Hunger.«
    »Beherrsch dich!«, sagte Tuppence. »Ich lese dir nur noch den Rest vor, bis das Unterstrichene aufhört – oder vielmehr nach vier fortlaufenden Seiten aufhört. Die Buchstaben sind wahllos herausgenommen, mit dem Text kann es nichts zu tun haben. Es geht allein um die Buchstaben. Warte mal. Wir hatten M-a-r-y J-o-r-d-a-n. Stimmt. Und jetzt rate, wie es weitergeht? I-s-t k-e-i-n-e-s n-a-t-ü-r-1-i-c-h-e-n T-o-d-e-s g-e-s-t-o-r-b-e-n. Was sagst du nun? ›Mary Jordan ist keines natürlichen Todes gestorben.‹ Aber pass auf, es kommt noch besser: ›Es war einer von uns. Ich glaube, ich weiß, wer.‹ Das ist alles. Mehr kann ich nicht finden. Was sagst du nun? Ist das nicht aufregend?«
    »Hör mal, Tuppence«, erwiderte Tommy, »du wirst hoffentlich keine große Sache daraus machen?«
    »Was soll das heißen – keine große Sache?«
    »Na, dass du ein Geheimnis witterst.«
    »Selbstverständlich ist es ein Geheimnis!«, sagte Tuppence.
    »›Mary Jordan ist keines natürlichen Todes gestorben. Es war einer von uns. Ich glaube, ich weiß, wer.‹ Ach, Tommy, gib zu, dass es unerhört geheimnisvoll klingt.«

3
     
    » T uppence!«, rief Tommy, als er ins Haus kam.
    Keine Antwort. Ein wenig ärgerlich rannte er die Treppe hinauf und durch den Flur im ersten Stock. Um ein Haar wäre er dabei in ein Loch im Fußboden getreten. Er begann prompt zu fluchen.
    »Schon wieder einer dieser verdammten leichtsinnigen Elektriker!«
    Vor ein paar Tagen war es ihm schon einmal passiert. Die Elektriker, guter Dinge und voll Zuversicht, hatten mit der Arbeit begonnen. »Jetzt klappt es großartig, wir sind bald fertig«, hatten sie behauptet. »Wir kommen heute Nachmittag wieder.« Aber sie waren am Nachmittag nicht wiedergekommen. Tommy war nicht gerade erstaunt darüber. Er hatte sich inzwischen an die Art, wie die Maurer, Elektriker, die Männer vom Gaswerk und andere Handwerker arbeiteten, gewöhnt. Sie kamen, sie wirkten tüchtig, sie stellten optimistische Prognosen, sie gingen weg, um etwas zu holen – und kehrten nicht zurück. Man telefonierte, schien aber immer die falsche Nummer zu haben. Wenn die Nummer stimmte, war der betreffende Mann nicht bei der Firma beschäftigt. Es gab nur eins: Man musste aufpassen, sich nicht den Knöchel zu brechen, nicht in ein Loch zu fallen oder sich in irgendeiner Weise zu verletzen. Er hatte auch viel mehr Angst um Tuppence als um sich selbst. Er passte besser auf. Wo war sie eigentlich? Er rief wieder. »Tuppence! Tuppence!«
    Er machte sich Sorgen. Tuppence gehörte zu den Menschen, um die man sich immer Sorgen machen musste. Ehe man das Haus verließ, sprach man letzte weise Worte zu ihr, und sie beteuerte, sich so zu verhalten, wie man es ihr geraten hatte. Nein, sie würde nicht weggehen, höchstens, um ein halbes Pfund Butter zu kaufen, und das war schließlich nicht gefährlich.
    »Es könnte gefährlich werden, wenn du es bist, die ein halbes Pfund Butter kaufen will«, hatte Tommy gesagt.
    »Ach, sei nicht blöd!«
    »Ich bin nicht blöd. Ich bin nur ein liebevoller Ehemann, der sich um eins seiner kostbarsten Besitztümer sorgt. Ich weiß zwar nicht, warum…«
    »Weil ich«, hatte Tuppence geantwortet, »so charmant bin, so hübsch, eine gute Ehefrau und mich so rührend um dich kümmere.«
    »Ja, das vielleicht auch, aber ich könnte dir noch eine ganz andere Liste zusammenstellen.«
    »Die würde ich sicher nicht gern hören. Ich vermute, es hat sich zu viel Ärger in dir angestaut. Beruhige dich. Es wird schon nichts passieren. Du brauchst nur zu rufen, wenn du zur Haustür reinkommst.«
    So, und wo war Tuppence
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